„Pro Reli“ gefährdet Ethikunterricht

BERLIN. (HU) Die kirchlich inspirierte Berliner Initiative für ein Volksbegehren „Pro Reli“ will letztlich

den kürzlich eingeführten, für alle Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 7 bis 10 verbindlichen Ethikunterricht wieder abschaffen. Sie verkauft dieses Ziel aber mit dem falschen Etikett „Mehr Wahlfreiheit“.

Für ein Volksbegehren zur Gleichstellung von Religions- und Ethikunterricht an Berliner Schulen sind mehr als 37 000 Unterschriften eingereicht worden. Der Verein Pro Reli übergab am Donnerstag mehr als 20 Kartons mit Unterschriften-Bögen beim Landeswahlleiter. Das sagte Michael Kube von der Innenverwaltung der dpa. Zur Beantragung des Volksbegehrens sind 20 000 gültige Stimmen nötig. Wenn die nun eingereichten Unterschriften von der Innenverwaltung geprüft sind, müssen sich im kommenden Jahr Senat und Abgeordnetenhaus mit dem Thema befassen. Das eigentliche Volksbegehren könnte im Juni 2008 beginnen.

 

Zu den heute eingereichten Unterschriften des Volksbegehrens „Pro-Reli“
erklärt Kirsten Wiese für den Berliner Landesvorstand der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union:

Unter der Parole „Mehr Wahlfreiheit!“ will der Verein „Pro Reli“ den derzeitigen Ethikunterricht an Berliner Schulen abschaffen und Religion als ordentliches Unterrichtsfach einführen. Die Folge wäre aber nicht mehr, sondern weniger Wahlfreiheit in Glaubensangelegenheiten.

Nach derzeitiger Rechtslage steht es in Berlin allen frei, sich für einen religiös oder weltanschaulich gebundenen Unterricht zu entscheiden oder eben dagegen. Nach dem Gesetzentwurf des Volksbegehrens wären Schülerinnen und Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen wollen, gezwungen, stattdessen Ethik zu belegen. Dieser Ethik-Unterricht wäre dann nicht mehr ein allgemeinbildendes Fach für alle, sondern eine Art moralischer Ersatzdienst für Religionsunterrichtsverweigerer. Aus unserer Sicht wird das bestehende Berliner Modell dem Grundrecht der Religionsfreiheit besser gerecht. Wie sehr auch immer Religions- und weltanschaulicher Lebenskundeunterricht wertgeschätzt werden mag – er sollte uneingeschränkt freiwillig bleiben.

Der Gesetzentwurf von „Pro Reli“ vermengt bekenntnisgebundenen Unterricht mit dem allgemeinbildenden staatlichen Unterricht, der religiös und weltanschaulich neutral sein muss. Die klare Trennung von Kirche und Staat ist gerade in einem so vielfältigen Bundesland wie Berlin unverzichtbar. Gleichzeitig ist es wichtig, dass alle Schülerinnen und Schüler etwas über die religiöse, weltanschauliche und kulturelle Vielfalt in unserer Stadt erfahren, sich über gemeinsame Regeln des Zusammenlebens verständigen und lernen, die Rechte der jeweils anderen zu respektieren. Dafür bietet das Fach Ethik für alle Schüler und Schülerinnen gute Voraussetzungen, die es zu erhalten und auszubauen gilt. Das von „Pro Reli“ vorgeschlagene Wahlpflichtfach Ethik/Religion ist nicht in gleicher Weise geeignet, zu Toleranz und Integration beizutragen. Die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union hält daher den Gesetzentwurf von „Pro Reli“ für den falschen Weg und lädt alle Berlinerinnen und Berliner ein, unsere Gegenargumente zu prüfen.

Eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Argumenten des
Volksbegehrens finden Sie auf der Homepage der Humanistischen Union.