KAIRO. (hpd) Erneut ist in einem Land mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit ein Internetnutzer inhaftiert worden, weil er sich durch das Posten von Links bei Facebook der Blasphemie schuldig gemacht haben soll. Diesmal traf es den 27-Jährigen Alber Saber Ayyad, weil er auf einer Seite unter anderem einen Link zum umstrittenen Film „Innonence of Muslims“ gepostet hatte.
Als seine Mutter wegen der Bedrohung durch aufgebrachte Gläubige die Polizei zu Hilfe rief, wurde er von den Beamten ins Gefängnis gebracht.
Alber, der in den Medien teilweise auch als koptischer Christ bezeichnet wird, hatte vor knapp zwei Wochen Links zu verschiedenen Inhalten in der mittlerweile gelöschten Facebook-Gruppe „Egyptians.Atheists“ gepostet, die sich kritisch mit Religionen und insbesondere der islamischen Religion befassten. Darunter auch zum 14-minütigen Ausschnitt des Films „Innocence of Muslims“, der heftige Kontroversen und gewalttätige Proteste in mehreren Ländern mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit ausgelöst hatte.
Als bekannt wurde, dass Alber Saber Ayyad hinter den religionskritischen Einträgen in der Gruppe atheistischer Ägypter steckte, versammelten sich am 13. September 2012 über 100 aufgebrachte muslimische Gläubige vor seiner Wohnung in der Hauptstadt des Landes. Das berichtete unter anderem das Onlinemagazin Examiner.com in Übereinstimmung mit einer Meldung der Nachrichtenagentur Reuters, in der er als koptischer Christ bezeichnet wurde.
Als seine Mutter, Kariman Ghali, wegen der wütenden Rufe der Gläubigen nach seinem Tod die Polizei zu Hilfe rief, vertrieben die Vertreter der Sicherheitsbehörden aber nicht die versammelte Gruppe fanatischer Muslime. Er selbst wurde unter Berufung auf Strafgesetze über die Beleidigung von Religionen inhaftiert und dem Vorwurf, den Propheten Mohammed beleidigt zu haben, in eine mit anderen Inhaftierten überfüllte Gefängniszelle geworfen und die Wohnung zwangsgeräumt. Ein YouTube-Clip zeigt die Proteste des Mobs während seiner Inhaftnahme. Nun soll ihm heute wegen seiner „blasphemischen“ Aktivitäten der Prozess gemacht werden.
Vertreter von Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen wie dem Cairo Institute for Human Rights Studies und der Association for Freedom of Thought and Expression zeigten sich über das Vorgehen der Kairoer Polizei empört und drückten ihre Befürchtung aus, dass unter dem seit 2011 regierenden Präsidenten Mohammed Mursi die Meinungsfreiheit im Land weiter eingeschränkt wird.
Kritisiert wurde außerdem, dass der studierte Informatiker ohne offizielle Anklage inhaftiert worden ist und in der Haft misshandelt wurde. In den Berichten heißt es, dass er durch Mitgefangene geschlagen wurde und auch mit Rasierklingen verletzt worden sein soll, nachdem unter diesen der Grund seiner Verhaftung bekannt geworden war. Salbers Mutter beteuerte indes, ihr Sohn habe nichts Verwerfliches getan.
Wie schon in vergleichbaren Fällen zuvor haben Aktivisten bei Facebook nun eine Seite eröffnet, mit der sie sich für die Freilassung Alber Sabers einsetzen wollen. Rebecca Watson, prominente Bloggerin und feministische Vertreterin der Skeptiker-Bewegung, initiierte eine Petition auf der Plattform Change.org und rief zur Unterzeichnung auf.
In ihrem Aufruf erklärt Watson: „Heute mehr als jemals zuvor ist es entscheidend, dass die Regierung von Ägypten klarmacht, die freie und friedliche Meinungsäußerung aller Bürger des Landes ohne Ansehen ihren religiösen Glaubens oder dem Fehlen eines solchen zu unterstützen.“ Staatsoberhaupt Mursi solle nun beweisen, dass er der Präsident aller Ägypter sein will und die Behörden zur Freilassung und dem Schutz Alber Sabers veranlassen.
Bereits in den vergangenen Monaten ist es in verschiedenen Ländern, in denen muslimische Gläubige eine Bevölkerungsmehrheit stellen, zu vergleichbaren Prozessen gekommen. Aber auch in Europa kommt es zu solchen Vorfällen. Erst am Montag war in Griechenland ein 27-Jähriger Mann festgenommen worden, weil er eine religionskritische Seite bei Facebook in Anlehnung an den populären Pastafari-Glauben betrieben hatte. Das berichtete gestern das Onlinemagazin Telepolis.
In Indonesien wurde Mitte Juli der 31-Jährige Alexander Aan zu zweieinhalb Jahren Gefängnisstrafe verurteilt, weil er Inhalte bei Facebook geteilt hatte, die sich kritisch mit religiösen Phänomenen auseinandersetzten. Appelle von Menschenrechtsorganisationen an die Regierung und den UN-Sonderberichterstatter Heiner Bielefeldt, Aan freizulassen, verhallten wirkungslos.
Arik Platzek