In Hamburg präsentierte sich die neue Partei "Frau in Führung" erstmals der Öffentlichkeit. Die Partei, die Frauen- und Menschenrechte in den Mittelpunkt eines "weiblichen, modernen und mutigen" Politikansatzes stellen möchte, tritt klar gegen patriarchale Strukturen sowie religiösen und rassistischen Extremismus auf. Die Parteiführung betonte zum Auftakt, dass echte Freiheit nur dort herrsche, wo Frauen frei sind.
Am vergangenen Freitag stellte sich in Hamburg mit "Frau in Führung" (FIF) unter dem Motto "Klartext, wo andere ausweichen. Handeln, wo andere wegschauen" eine neue Partei der Öffentlichkeit vor. Bereits am 25. April gegründet lud sie ein, ihr Programm und ihre Führungspersönlichkeiten kennenzulernen. Ihr Zwölf-Punkte-Programm verspricht "Menschen- und Frauenrechte als Fundament einer vernunftgeleiteten Politik" zu verfolgen und ein klares "Nein!" zu allen Formen von "religiösem sowie rassistischem Extremismus, patriarchalen Machtstrukturen, Unterdrückung und Gewalt".

Das Führungsteam, das aus verschiedenen Kulturräumen stammt, tritt an, Politik stärker aus einer Frauenperspektive heraus zu gestalten und alle Gesellschaftssysteme anzufechten, in denen Machtmissbrauch, Unterdrückung und Gewalt durch Männer möglich gemacht werden. Dabei soll es zu keinerlei Kulturrelativismus kommen, da man überzeugt sei, dass Gesellschaft nur da frei sei, wo Frauen frei sind. Als Partei wolle man entsprechend "weiblich, modern und mutig" auftreten, zum Gewinn für Frauen und Männer.
Die neue Partei steht Frauen und Männern offen, organisiert sich weltweit und möchte zunächst Ableger in allen Bundesländern bilden. Zudem versteht sie sich als "Polit-Franchise", das mit einer Partei nach deutschem Recht in Deutschland ein Fundament gelegt hat und mit der Gründung einer iranischen Exil-Partei den ersten Schritt bereits gegangen ist, westliche und nicht-westliche Frauenrechtlerinnen zu verbinden und voneinander lernen zu lassen. Die Gründung weiterer internationaler Ableger, sei es als Exil-Parteien oder vor Ort, ist bereits in Planung, unter anderem für eine afghanische und eine tunesische Partei. Viele weitere sollen folgen.
Die Veranstaltung wurde von der Bundesvorsitzenden Hourvash Pourkian eröffnet, die erläuterte, wie die Perspektiven liberaler und säkularer Muslime in den etablierten Parteien vor allem links der Mitte oft wenig Gehör fänden, zugunsten ideologischer Positionen, die dazu führten, dass westliche Freiheitsrechte vorwiegend den Männern aus bestimmten Kulturkreisen zugute kämen, nicht aber den Frauen und Mädchen. Man habe in Hamburg zu lange dafür demonstrieren müssen bis etwa das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) geschlossen oder die Plattform Muslim Interaktiv verboten wurden. Beide Unternehmungen bezeichnete Pourkian als "frauenfeindlich".
Die stellvertretende Bundesvorsitzende Ute Lefelmann betonte ebenfalls, dass es in einer Einwanderungsgesellschaft wichtig sei, Politik durch die Brille aller Frauen zu betreiben und Freiheitsrechte nicht nur Männern zugute kommen zu lassen. Eine neue internationale Frauenbewegung sei dazu der richtige Schritt. Auch die Schriftführerin Astrid Warburg-Manthey stellte klar, dass Frauenrechte nicht nur für autochthone Frauen gelten dürften. Man sei sich bewusst, dass es Bereiche des Lebens gebe, die persönlich und individuell gestaltet werden dürften, dürfe aber auch gesellschaftliche Realitäten und Zwänge nicht ausblenden.
Besonders das Thema religiöser Druck in der Schule, zu dem man mit der Schulbehörde bereits im Austausch stehe, bereitet den Frauen Sorgen, da es "unsere Mädchen" betreffe, wie es formuliert wurde. Ein informeller Druck von unten, zum Beispiel Kopftuch zu tragen, betreffe fast ausschließlich Mädchen mit Migrationshintergrund. Aus diesem Grund sei man auch für ein Neutralitätsgebot, das sich in einem Kopftuchverbot in offiziellen Positionen äußere, wie zum Beispiel bei Lehrerinnen, Richterinnen oder Erzieherinnen. Trüge eine Lehrerin Kopftuch in offizieller Funktion, so sende dies eine Botschaft nicht nur an muslimische Mädchen, sondern auch an die Jungs, die zu weiterem Konformitätsdruck führen würde. Eine Regelung, die Kopftücher in Schulen für Mädchen unter 14 Jahren grundsätzlich verbietet, wie sie etwa gerade in Österreich beschlossen wurde, würde man begrüßen.
Einwanderungsland Deutschland realistischer abbilden
Für die nachfolgend am Nachmittag stattfindende Pressekonferenz mit iranischen Medien, deren Ankündigung laut Pourkian auch im Iran wahrgenommen worden sei, waren bereits Exil-Iranerinnen angereist, welche den iranischen Ableger der Partei vertreten. Die Journalistinnen, die alle aus dem Iran flüchten mussten und Geschichten von Kopftuchzwang, Bedrohung, Inhaftierung und schlimmerem im Gepäck hatten, betonten, dass es wichtig sei, dass westliche und nicht-westliche Frauen voneinander lernen würden, da gerade Iranerinnen die religiöse Unterdrückung der Frau durch den Politischen Islam buchstäblich am eigenen Leib erfahren hätten. Den Umgang der Europäer mit dem Politischen Islam bezeichneten sie als "naiv".
Aber nicht nur gegen traditionell religiöse Formen der Frauenfeindlichkeit wolle man sich einsetzen. Für Frauenrechte sei es wichtig, die körperlichen Aspekte des Frauseins zu beachten, da patriarchale Strukturen Frauen als reproduktive Ressource betrachten würden und Sichtweisen, welche diese körperlichen Aspekte des Frauseins ignorieren würden, nicht in der Lage wären ausreichend für die Rechte von Frauen und Mädchen einzutreten. Dies sei jedoch nicht gegen Transmenschen gerichtet, deren Existenz man anerkenne. Der Einsatz für die Rechte von transgender Personen dürfe jedoch nicht zu Lasten von Frauen und Mädchen gehen. Dazu sei es notwendig, dass das biologische Geschlecht rechtsrelevant bleibe.
Zu den nächsten Zielen der Partei gehört es, in eineinhalb Jahren an den Europawahlen teilnehmen zu können, auch in Vorbereitung auf die Bundestagswahlen 2029. Bis dahin sei es wichtig, erfolgreiche Migrantinnen sichtbar zu machen und als Vorbilder zu gewinnen, dazu wolle man Workshops ausrichten und Kommunalpolitik stärken, um das Einwanderungsland Deutschland auf allen Ebenen realistischer abzubilden. Dazu wolle man insbesondere auch mehr muslimisch sozialisierte Frauen an seiner Seite haben.








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