(hpd) Spätestens durch die Folgen der Anschläge vom 11. September 2001 ist allgemein klar geworden, dass die weltpolitischen Entwicklungen
nicht an nationalstaatlichen Grenzen halt machen und internationale Veränderungen verstärkter Aufmerksamkeit finden müssen. In diesem Zusammenhang rückt auch das Agieren der führenden Mächte wie der USA ins Licht kritischer Reflexionen, orientiert sich deren Handeln doch nicht primär an globalem Gemeinwohl und internationalem Recht. Angesichts der damit verbundenen Gefahren und Problemen stellt sich immer mehr die Frage, wie eine Alternative nachhaltiger Politik im weltpolitischen Geschehen aussehen könnte. Welche Bedingungsfaktoren, Mittel und Wege bedarf es dafür? Wie soll ein Konzept nachhaltigen Weltregierens aussehen? Antworten auf diese Fragen will der Frankfurter Politikwissenschaftler Harald Müller, Leiter der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung, in seinem Buch „Wie kann eine neue Weltordnung aussehen? Wege in eine nachhaltige Politik" formulieren.
Der Band gliedert sich in sieben größere Kapitel: Zunächst definiert der Autor „nachhaltiges Weltregieren" als verantwortungsvolle und zukunftsorientierte Ausrichtung von Politik mit tendenziell weltumspannendem Charakter. Sie müsse sich aktuell mit drei „Stolpersteinen" auseinandersetzen: dem Umgang mit Verschiedenheit, dem Streit um Gerechtigkeit und der Verbannung des Krieges.
Den damit zusammenhängenden Problemen widmet Müller dann große Aufmerksamkeit, könnten sie doch weder durch die Welthegemonie eines Staates oder den Friedensbund der Demokratien noch durch eine konföderale Weltrepublik oder die Global Governance gelöst werden. Eine nachhaltige Weltordnung, so seine Position, könne nur funktionieren, wenn sie sich auf das Recht stützt und das Recht die übrigen Steuerungsinstrumente Macht, Moral und Markt kontrolliert. Die entscheidenden Akteure auf dem Weg dahin blieben die Staaten in enger Anbindung an die Vereinigten Nationen, herausragende Bedeutung käme aber auch den Nichtregierungsorganisationen zu.
Müller liefert auch mit seinem neuesten Buch eine überaus informative und reflexionswürdige „Mixtur aus Realismus und Utopie" zu den Problemen bei der Gestaltung der internationalen Beziehungen. Dabei grenzt sich sein Konzept nachhaltigen Weltregierens trotz grundlegender Gemeinsamkeiten von dem Projekt kosmopolitischer Demokratie ab. Demgemäss setzt der Autor auch mehr auf die Dämpfung von Konflikten und die Einbeziehung von Staaten, womit Demokratisierung nicht zum zentralen Vehikel des Weltregierens werden könne. Das Eine muss das Andere aber nicht ausschließen.
Entgegen vielfach vertretener Auffassungen sind die Werte der Demokratie doch universell und nicht nur westlich geprägt. Müller plädiert in dieser Hinsicht für eine schrittweise Politik der Veränderung bei Anerkennung nichtliberaler Systeme. Auch hier muss es keinen zwingenden Gegensatz geben. Bei den Äußerungen zu den Nichtregierungsorganisationen neigt der Autor - trotz kursorischer Einschränkungen - darüber hinaus zu unrealistischen Idealisierungen und Überschätzungen.
Armin Pfahl-Traughber
Harald Müller, Wie kann eine neue Weltordnung aussehen? Wege in eine nachhaltige Politik (Reihe: Forum für Verantwortung), Frankfurt/M. 2008 (S. Fischer-Verlag), 320 S., 9,95 €