KUWAIT. (hpd) Letzte Woche Montag hat ein kuwaitisches Gericht einen Mann für einen Twitter-Kommentar über sunnitisch-schiitische Glaubensunterschiede zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Das Urteil gegen den Kuwaiti Musab Shamsah ist bereits die zweite Verurteilung in weniger als einem Monat, die von kuwaitischen Gerichten wegen einer vorgeblichen, auf Twitter veröffentlichten Beleidigung des Propheten Mohammed ausgesprochen wurde.
Das gegen Musab Samsah verhängte Urteil beruht auf Artikel 111 des kuwaitischen Strafgerichtbuchs, welcher die Verspottung von Religion verbietet und mit einer Höchststrafe von einem Jahr Gefängnis ahndet. Zusätzlich zu dieser Strafe verurteilte ihn das Gericht im Einklang mit dem 2012 erlassen "National Unity Law" für die Veröffentlichung von Inhalten, die religiöse Sekten oder Gruppierungen beleidigen könnten, sowie für den Missbrauchs seines Smartphones, um die anstößigen Kommentare zu verbreiten, zu weiteren vier Jahren.
Shamsahs Anwalt, Khalil Ghulam, hatte auf Unschuldig in allen Punkten plädiert. Gegenüber Mitgliedern der amerikanischen Menschenrechtsgruppe "Human Rights Watch" sagte er, dass die Ankläger den Tweet seines Mandanten missinterpretiert hätten. Dieser habe sich auf theologische Differenzen zwischen Sunniten und Schiiten bezogen und einen davon unabhängigen Verweis auf den Enkel des Propheten enthalten. Laut Ghulam soll sein Mandant den von der Anklage herangezogen Tweet bereits zehn Minuten nach dessen Veröffentlichung wieder gelöscht und durch zwei voneinander getrennte Tweets ersetzt haben, die deutlicher zeigten, was Shamsha eigentlich sagen wollte. Shamsas Anwalt wolle daher so bald wie möglich Berufung gegen das Urteil einlegen.
Laut Vertretern der "Human Rights Watch" sollen die kuwaitische Behörden seit einer politischen Krise im Juni 2012 verstärkt versuchen, die freie Rede im Land einzuschränken. Zu diesem Zweck sollen sie seither Dutzende Politiker, Online-Aktivisten und Journalisten mit Anklagen wegen der "Verspottung" von Kuwaits Staatsoberhäuptern, religiösen Führern oder der Beleidigung des Propheten überhäuft haben. Die Strafverfolger sollen sich dabei auf sehr vage gehaltene Klauseln im Strafgesetzbuch berufen können, wie z.B. den bereits besprochenen Artikel 111, der jedem, der "Gott und dessen Propheten oder die Ehre der Propheten und deren Frauen beleidigt" mit bis zu einem Jahr Gefängnis droht. Ähnlich weitläufig ist Artikel 25 gefasst, der bis zu fünf Jahre Haft für all diejenigen vorsieht, "die Rechte oder Behörden des Emirs beleidigen".
"Kuwaitische Staatsanwälte scheinen sich inzwischen als Theologieexperten zu verstehen, die auch bei über eintausend Jahre alten religiösen Fragen problemlos entscheiden können welche Meinungen beleidigend sind und welche nicht", fasste Sarah Lee Whitson, die Direktorin der "Human Rights Watch"-Abteilung, zuständig für den mittleren Osten, die bisherigen Entwicklungen in Kuwait zusammen. "Haben die kuwaitischen Polizisten, Anwälte und Richter keine dringenderen Angelegenheiten als Kuwaitis zu verfolgen, die sich an religiösen Debatten beteiligen?"
"Es ist eine Beleidigung aller Kuwaiter, dass die Regierung nur sich selbst die Autorität zuschreibt darüber zu entscheiden was als religiös beleidigend gilt… Lasst doch einfach jeden Kuwaiti selbst entscheiden, welche Äußerungen er sehen möchte und welche er als religiös verletzend empfindet. Dazu ist bei Twitter übrigens nicht mehr als ein einfacher Klick auf 'unfollow' von Nöten.", bemerkte Whitson weiter.
Dieser Artikel erschien bei Human Rights Watch.
Übersetzung: Andrej Swidsinski