Der Freedom of Thought Report 2024

Blasphemie: Wenn "Gotteslästerung" mit dem Tod bestraft wird

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Grafische Zusammenfassung des Freedom of Thought Report (Seite 9)
Grafische Zusammenfassung des Freedom of Thought Report

Über die Hälfte der Weltbevölkerung lebt in Ländern, die Blasphemie oder "Gotteslästerung" per Gesetz verbieten. In einigen Ländern droht Betroffenen die Todesstrafe oder mehrere Jahre Gefängnis. Der jetzt erschienene "Freedom of Thought Report 2024" der Organisation Humanists International wirft ein Schlaglicht auf diese gravierende Verletzung der Menschenrechte von nicht-religiösen Menschen.

In mindestens 89 Staaten weltweit herrschen Gesetze gegen Blasphemie, sieben Staaten bestrafen die Gotteslästerung mit dem Tode. In 63 Staaten drohen mehrere Monate oder Jahre Haft. 19 Staaten ahnden Blasphemie mit Geldstrafen oder anderen Sanktionen. In einigen Regionen kann schon die Anklage Betroffene in Lebensgefahr bringen, wenn Hass zur Selbstjustiz führt. Insgesamt sind 57 Prozent der Weltbevölkerung betroffen.

Zu diesen Ergebnissen kommt der aktuelle Freedom of Thought Report 2024, veröffentlicht von Humanists International, der Dachorganisation von säkularen Organisationen weltweit. Der jährliche Bericht untersucht die Situation der Menschenrechte von nicht-religiösen Menschen in allen Ländern der Erde. Zudem listet er auf, in welchem Maß religiöse Gruppen in staatliche Funktionen, Entscheidungen und Gesetzgebung eingebunden sind.

Deckblatt des Reports
Deckblatt des Reports

Der Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe liegt auf dem Thema Blasphemie. Obgleich sich die Strafen je nach Ländern unterscheiden, haben sie dennoch den gleichen Effekt, nämlich "Dialog, Kritik und freie Meinungsäußerung zu ersticken", schreibt der Präsident von Humanists International, Andrew Copson.

Das Thema ist hochaktuell. Erst Ende Januar hat ein Gericht im Iran den Musiker Amir Tataloo wegen "Beleidigung des Propheten" zum Tode verurteilt. Im aktuellen Freedom of Thought Report kommt eine weitere Betroffene zu Wort, die Filmemacherin Leena Manimekalai, die wegen eines Filmplakats zur Zielscheibe von religiösem Hass wurde. In einem Filmprojekt der Toronto Metropolitan University schlüpfte sie in die Rolle der Hindugöttin Kali und ging mit einer Pride-Flagge durch die Straßen der Stadt. Mit der Kamera dokumentierte sie die Reaktionen von Passanten. Doch das Filmplakat mit einem Foto dieser Aktion rief einen orchestrierten Shitstorm von fundamentalistischen Hindu-Aktivisten in den Sozialen Medien hervor. Manimekali wurde mehrmals bei der Polizei angezeigt und ein religiöser Hindu-Führer rief sogar zu ihrer Ermordung auf – "all das wegen des 'Verbrechens' der künstlerischen Meinungsäußerung", schreibt die Filmemacherin in dem Bericht.

Um verfolgte Humanisten zu unterstützen, hat Humanists International vor vier Jahren das Programm Humanists at Risk ins Leben gerufen. Seitdem haben sich etwa 700 Hilfesuchende an die Organisation gewandt. 62 Prozent von ihnen nannten als größte Sorge den Vorwurf der Blasphemie.

Auch das deutsche Strafgesetzbuch kennt ein Verbot der Blasphemie. Nicht nur deshalb schneidet Deutschland im Freedom of Thought Report nur mittelmäßig ab. Der Bericht kritisiert außerdem die systematische Privilegierung von Religionen, insbesondere der katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland, die Kirchensteuer und staatliche Gelder für Kirchen sowie Religionsunterricht und das Festhalten an den historischen Staatsleistungen.

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