BERLIN. (hpd) Bündnis 90/Die Grünen wollen ab Februar 2014 in einer Kommission des Bundesvorstandes das Verhältnis von "Weltanschauungen, Religionsgemeinschaften und Staat" debattieren.
Es soll angesichts der drängenden Probleme und des Reformstaus auf diesem Gebiet ein umfassendes Reformkonzept erarbeitet werden, das in der gesamten Partei diskutiert werden soll. Eine Beschlussfassung auf einem Bundesparteitag 2015 soll dann den Diskussionsprozess abschließen.
Mit der Berufung der Kommission hat der grüne Bundesvorstand den Beschluss vom Parteitag im Oktober 2013 umgesetzt, der die umgehende Gründung der Kommission und die zügige Arbeitsaufnahme verlangt. Sowohl dieser Beschluss als auch der zugrundeliegende Beschluss des früheren Bundesvorstandes waren maßgeblich auf Initiative des Arbeitskreises Säkulare Grüne zustande gekommen.
"Die Frage ist, welcher Veränderungsbedarf im Verhältnis von Staat, Kirchen und Weltanschauungsgemeinschaften angesichts einer immer stärker säkularisierten Gesellschaft besteht", erklärte Bettina Jarasch, Mitglied im Bundesvorstand. Sie wird die Kommission gemeinsam mit der Bundesvorsitzenden der Grünen, Simone Peters. leiten. Jarasch verwies auf ein Alleinstellungsmerkmal der Grünen unter den Parteien: "Von Union und SPD sind hier keine Antworten zu erwarten, sie verharren in dieser Frage auf dem Status Quo".
Die Kommission, so heißt es im Beschluss des Bundesvorstandes, soll bis Herbst 2014 einen Zwischenbericht erarbeiten, der auf einem Kongress diskutiert werden soll. Auch Kooperationsveranstaltungen mit grünen Landesverbänden und der Heinrich-Böll-Stiftung sind vorgehen. Die Verabschiedung eines Abschlussberichts ist für das zweite Quartal 2015 vorgesehen.
Im Beschluss des Bundesvorstands wird erwähnt, dass es Ziel sei, Religionsgemeinschaften und Verbände, Parteimitglieder und die Öffentlichkeit in den Prozess einzubeziehen.
Auffällig ist die hochkarätige Besetzung der Kommission. Neben der Grünen-Vorsitzenden Peters und Bettina Jarasch aus dem Bundesvorstand sind u.a. die Vorsitzende der Bundestagsfraktion Katrin Göring-Eckardt, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz, die Bundestagsabgeordneten Gerhard Schick (Finanzpolitischer Sprecher) und Volker Beck (Sprecher für Religionspolitik), Sven Giegold (EU-Parlament), verschiedene Landesvorsitzende, die hessische Landtagsabgeordnete Mürvet Öztürk (Alevitin), ein Vertreter jüdischer Grüner und mit Hasret Karacuban und Canan Ulufer zwei grüne Musliminnen in der Kommission vertreten.
Die beiden Musliminnen werden innerparteilich der orthodox-konservativen Richtung des Islam zugeordnet. Dem Vernehmen nach gibt es aus Kreisen muslimischer und alevitischer Grüner Kritik an dieser Besetzung der Kommission.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Grüner Christen ist mit zwei Personen vertreten; es wird davon ausgegangen, dass die grünen Christen in Teilbereichen säkulare Positionen vertreten werden. Der erst im Januar 2013 gegründete Bundesweite Arbeitskreis Säkulare Grüne ist mit zwei seiner Sprecher vertreten: Mariana Pinzon-Becht und dem Berliner Juristen Walter Otte. Säkulare Positionen werden auch durch die Kölnerin Berivan Aymaz und den Berliner Jürgen Roth (beide Säkulare Landessprecher) vertreten.
Die Besetzung der Kommission zeigt: Die Grünen meinen es ernst mit diesem Thema, aber es werden deutlich unterschiedliche Standpunkte aufeinanderprallen.
Karl Albert