WIESBADEN / MARBURG. Sechs Jahre nach den Vorwürfen wegen „schwarzer Kassen“ der CDU
sieht sich der hessische Ministerpräsident Koch erneut Vorwürfen wegen finanzieller Manipulationen gegenüber. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss des hessischen Landtages soll nun die Vorwürfe in der so genannten "Stimmenkauf-Affäre" klären. Mit seinem Beschluss von Dienstag (21. November) - mit den Stimmen von SPD und Grünen, bei Enthaltung der CDU - entspricht der Landtag auch einer Forderung der Humanistischen Union (HU).
Die HU Hessen hatte die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses bereits am Montag (6. November) unmittelbar nach Bekannt werden der Vorwürfe gefordert. In dem Untersuchungsausschuss sieht HU-Landessprecher Franz-Josef Hanke den besten Weg, die Vorwürfe des Landesvorsitzenden der Freien-Wählergemeinschaft, Udo Braun, gegen den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch und seinen Innenminister Volker Bouffier aufzuklären, sofern dies überhaupt möglich ist. So könne sich Schuld oder Unschuld der involvierten Politiker erweisen.
Zu klären hat der Ausschuss die Frage, ob die CDU-geführte Landesregierung Staatsgelder und ihre Möglichkeiten zu gesetzgeberischem Handeln eingesetzt hat, um von der Freien Wählergemeinschaft (FWG) Wohlverhalten gegenüber der Regierungspartei CDU zu erreichen. Die FWG hatte am 04.11.2006 auf dem Landesdelegiertentag der FWG behauptet, die CDU habe sie durch das Angebot einer nachträglichen Rückerstattung der Wahlkampf-Kosten der Kommunalwahl von einer Kandidatur bei der nächsten Landtagswahl 2008 abbringen wollen.
„Wir sind nach wie vor bereit, die von Anfang an gemachten glasklaren Aussagen zum Gesprächsverlauf auch unter Eid zu bestätigen“, hatte FWG-Landesvorsitzender Thomas Braun am Dienstag <noch bestätigt>.
"Dieser Vorwurf steht im Raum", begründete Hanke seine Zustimmung zu der Einsetzung des Ausschusses. "Diese ungeheuerliche Behauptung muss möglichst schnell auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft werden!"
Der Generalsekretär der hessischen CDU, Michael Boddenberg, hat die Darstellung der FWG als „Weg der Skandalisierung“ bezeichnet und als „ungeheuerliche Tatsachenverdehung“ <zurückgewiesen>.
Die Humanistische Union Hessen unterstützt auch die durch den SPD-Fraktionsvorsitzenden Jürgen Walter angekündigte Eile bei der Arbeit des parlamentarischen Gremiums. Hanke mahnte alle Beteiligten aber, aus dem Ausschuss keine Wahlkampf-Veranstaltung zu machen.
Herausfinden sollte das Gremium aber unbedingt, wer von dem geplanten Gesetz zur Finanzierung des Wahlkampfs der FWG gewusst hat und wann wo welche Gespräche darüber geführt worden sind. Auch stellte Hanke die Frage, warum der Gesetzentwurf vor seiner Ausarbeitung nicht öffentlich oder zumindest von anderen Landtagsparteien debattiert worden ist.
Schließlich müsse die hessische CDU der Humanistischen Union erklären, warum sie in ihrem Entwurf nur die FWG, nicht aber andere kommunale Wahl-Listen begünstigen wollte. "Eine nachträgliche Wahlkampfkosten-Rückerstattung stinkt schon zum Himmel", erklärte Hanke. "Noch mehr aber verwundert die Beschränkung dieser Freigebigkeit aus Steuergeldern auf die FWG angesichts des Verfassungsgrundsatzes der Gleichbehandlung!"
Hanke befürchtet, dass die Arbeit des Ausschusses im ermüdenden "Waschen schmutziger Wäsche" enden könnte. Dennoch hält er die Einrichtung dieses Gremiums für unvermeidlich: "Wenn eine so schwerwiegende Anschuldigung wie der jetzt erhobene Bestechungs-Vorwurf bekannt wird, muss sie in einer Demokratie unverzüglich öffentlich aufgeklärt werden!"
Der CDU und ihrem Ministerpräsidenten - der die Vorwürfe als „absurd“ zurückgewiesen hat -, kommt der Zeitpunkt auch deshalb ungelegen, da Roland Koch am kommenden Montag auf dem CDU-Bundesparteitag in Dresden für die Wahl zu einem der Vize-Parteivorsitzenden kandidiert.