HVD unterstützt No-NPD-Kampagne

BERLIN. (hpd) Vom 27. Januar 2009 bis zum 8. Mai 2010 will die No-NPD-Kampagne, initiiert von der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)e.V., 5.000 Gründe für ein Verbot der NPD auf einer Internetplattform zusammentragen und viele Menschen von Kap Arkona bis zum Bodensee anregen, sich mit persönlichen Meinungsäußerungen, Fotos, Zeichnungen oder mit anderen Formen daran zu beteiligen.

Ziel der Kampagne ist, wie schon im Dezember 2007, Bürgerinnen und Bürger zu ermutigen, ihrem Protest gegen die NPD auf vielfältige Weise Ausdruck zu verleihen und diesem Anliegen eine Stimme zu geben.

Mit zahlreichen Prominenten aus Kultur und Zivilgesellschaft wird die neue Kampagne mit einer Gala heute (29. Januar) um 20 Uhr in der WABE, Danziger Straße 101, Prenzlauer Berg, eröffnet: Daniel Dahn, Franziska Drohsel (Vorsitzende der Jusos in der SPD), Christina Emmrich (Bürgermeisterin Lichtenberg), Heinrich Fink (Vorsitzender der VVN-BdA), Gerlinde und Uli Kempendorff, Toni Krahl (City), Bruno Osuch (Vorsitzender des Humanistischen Verbandes Deutschland Berlin), Gina Pietsch, Petra Rosenberg (Vorsitzende des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg), Scarlett O‘ und Jürgen Ehle, Regina Scheer, Karsten Troyke, Frank Viehweg, Angelika Weiz, Hannes Zerbe mit dem Jazzorchester Prokopätz werden auftreten.

Im Humanistischen Verband Deutschlands wird diese Initiative unterstützt. Dr. Bruno Osuch, Landesvorsitzender des HVD Berlin, wendet sich deshalb mit einem Grußwort an die Veranstalter. In diesem führt er aus, dass der HVD eine ganz besondere Nähe zum Thema Antifaschismus und Antisemitismus hat. „Die Grundlage des HVD ist ein weltlicher und demokratischer Humanismus. Zentrale Bestandteile sind die Werte Selbstbestimmung und Verantwortung, Toleranz sowie freies und kritisches Denken.
Der Humanistische Verband versucht, diese Werte in seinen über 50 Projekten der Kultur- und Sozialarbeit in unserer Stadt auch praktisch umzusetzen. So sollen z.B. die ca. 50.000 Schülerinnen und Schüler im freiwilligen Humanistischen Lebenskundeunterricht, für den der HVD in Berlin verantwortlich ist, gerade auch diese Werte erlernen. Hier sollen sie erfahren, dass Andersartigkeit keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung ist. Das ist auf der psychologischen Ebene eine ganz zentrale Voraussetzung für den Aufbau einer stabilen antifaschistischen Orientierung bei jedem Einzelnen.
1933 wurde auch unsere Organisation, die damals noch ‚Freidenker-Verband‘ hieß, sowie eben dieser Lebenskundeunterricht von den Nazis verboten. Viele ehemalige Lebenskundeschüler gründeten Widerstandsgruppen, z.B. die berühmte sog. ‚Rütli-Gruppe‘ in Neukölln. Der Name Rütlischule wird heute leider eher mit den Bildungsproblemen in sozialen Brennpunkten assoziiert. Aber damals war dies eine von den Nazis hart bekämpfte und sehr bekannte weltliche Reformschule.
Viele jüdische Mitbürger wurden durch den Mut ehemaliger Lebenskundelehrer gerettet, darunter die gerade hier sicher bestens bekannte jüdische Schriftstellerin Inge Deutschkron. Ihre Biographie wurde durch das Grips-Theater-Stück ‚Ab heute heißt Du Sarah‘ in vielen Ländern der Welt populär. Und einer ihrer Retter, der ehemalige Lebenskundelehrer und Rektor einer weltlichen Schule im Wedding, Walter Riek, später SPD-Bürgermeister von Wilmersdorf, wurde in den 1960er Jahren in der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem mit dem höchsten jüdischen Orden ausgezeichnet.“

Dr. Osuch führt weiter aus, dass der HVD heute mit allen gutwilligen Menschen, egal welcher Religion oder Weltanschauung sie angehören, ein Bündnis gegen Rechts befördern will. Vor diesem Hintergrund könne der HVD die Initiative „NoNPD“ der VVN-BdA voll und ganz unterstützen.
Dr. Osuch erinnert auch daran, dass der HVD Berlin im Jahr 2001 gemeinsam mit vielen anderen im Rahmen der Berliner Kampagne „Europa ohne Rassismus” den geplanten Marsch der NPD zum Brandenburger Tor durch ein beherztes Eingreifen von Zehntausenden verhinderte. „Was aber für die Bürgerinnen und Bürger gilt, das muss für die staatlichen Behörden doch wohl erst recht gelten: Nazis und andere Rassisten kann man nur durch offensives Auftreten stoppen. Und dazu gehört auch das Mittel des Parteienverbots!“

Am Schluss seines Grußwort geht Dr. Osuch auf die aktuelle Kampagne „Pro Reli“ und „Pro Ethik“ ein, obwohl sicher viele meinen, dies hänge nicht mit dem Thema NoNPD zusammen. „Es geht um die sich in unserer Stadt zuspitzende Auseinandersetzung eines gemeinsamen Unterrichtsfaches Ethik. Dieses allgemeinverbindliche Schulfach, das vor drei Jahren eingeführt wurde, soll nach dem Willen der Initiative ‚Pro Reli‘ bzw. der Kirchen und der CDU, wieder abgeschafft werden. Stattdessen sollen die Schülerinnen und Schüler gezwungen werden sich entscheiden zu müssen – entweder katholischer, evangelischer, muslimischer oder jüdischer Religionsunterricht, humanistische Lebenskunde oder Ethik.
Derzeit ist Ethik für alle verbindlich und Religion bzw. Lebenskunde kann jeder ergänzend und freiwillig besuchen. Die gemeinsame Werteerziehung in Ethik wäre danach nicht mehr möglich. Warum erwähne ich dies hier?
Wie bereits angedeutet, basieren Rassismus und Fremdenfeindlichkeit psychologisch gesehen ganz wesentlich auf Ängsten, Unwissen und Vorurteilen. Genau darum aber geht es dem Ethikunterricht vorrangig. Hier sollen sich die Schüler in ihrer religiös-weltanschaulichen und kulturellen Vielfalt besser kennen und verstehen lernen – und zwar alle Schüler einer Schulklasse gemeinsam und nicht getrennt nach religiös-konfessionellen Gruppen und Grüppchen. Sie sollen damit mehr Respekt voreinander einüben und so den toleranten Umgang miteinander trainieren – und zwar auf der Basis der Menschenrechte und unserer Verfassung. Das könnte damit langfristig zugleich ein ganz entscheidender Beitrag auch gegen die Gefahr des Neonazismus sein. Im Übrigen gibt es auch eine ganze Reihe von Christen, die diesen integrativen Ethik-Unterricht unterstützen.“

Dr. Osuch erwähnt abschließend, dass parallel zur Veranstaltung das Berliner Abgeordnetenhaus genau über diese Frage diskutiere und insbesondere über den Termin der entsprechenden Volksabstimmung. „SPD, Linkspartei und Grüne haben bei der Terminfrage zwar unterschiedliche Einschätzungen. In der Sache aber sind sie sich alle drei einig: In einer Stadt wie Berlin, in der demnächst jeder zweite Heranwachsende einen Migrationshintergrund hat, ist ein gemeinsamer Werteunterricht unabdingbar. Ich werbe daher auch vor diesem Auditorium und bei unserer Thematik des Antifaschismus aus gegebenem Anlass vehement für den Erhalt dieses gemeinsamen Unterrichtsfaches Ethik bei der kommenden Volksabstimmung.“

 

Kontakt: Hans Coppi, Vorsitzender
Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (Berliner VVN-BdA) e. V.
Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin

Über Wortmeldungen, die Weiterverbreitung des Anliegens und auch eine solidarische Unterstützung würde sich das Organisationskomitee freuen.

Spenden:
Berliner VVN-BdA
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BLZ: 10010010
Stichwort: NoNPD