Erinnerung an Andrzej Olszewski

DANZIG. (hpd) Am 18. Juni 2009 starb im 64. Lebensjahr Andrzej Olszewski, langjähriger Freund Karlheinz Deschners und Leiter des polnischen URAEUS-Verlags (Gdynia). Unter schwierigsten Bedingungen gab er vor allem religions- und kirchenkritische Bücher zumeist deutschsprachiger Autoren heraus. 1999 wurde er in Zürich mit dem Robert Mächler-Preis für kritische Aufklärung ausgezeichnet.

Am 28. November 1999 wurde auf Vorschlag Karlheinz Deschners, des Initiators der 1996 gegründeten Robert Mächler-Stiftung (Sitz Zürich), der erste Robert Mächler-Preis für kritische Aufklärung an Andrzej Olszewski verliehen. In seiner Laudatio (im Anhang) begründete Professor Horst Herrmann diese Entscheidung. Vor dem Hintergrund des durch die Wahl des Bischofs Karol Wojtyla 1978 zum ersten polnischen Papst aktivierten christlichen Sendungsbewusstseins , das in Johannes Paul II. den „Retter der ganzen bedrohten menschlichen Familie“ sah, in Polen das „Bollwerk“ gegen deren Zerrissenheit, verdeutlicht Herrmann die hohe Bedeutung des URAEUS-Verlags, der, so dessen Credo, „eine schmerzliche Lücke auf dem polnischen Markt“ zu füllen hat: „Ein Verlag steht gegen Polens rot-schwarze Welt auf. Andrzej Olszewski, dieser chevalier seul, singt falsch beim Halleluja. Er verlegt die falschen Bücher – für die falschen Leute?“

Die Konsequenz: Schikanen zuhauf, die geringste noch: „Erscheint der Papst, soll URAEUS nicht zu sehen sein: Die Schlange im Verlagssignet erinnert an ein Fragezeichen. Ein Milieu, das, bedeutungsschwanger, nur Ausrufezeichen kennt, ist nicht ihr Biotop. Sie hat es schwer, die Schlange. Wir bleiben ihr treu. Dieser Verlag hat eine Aufgabe, die mir unverzichtbar erscheint. Er könnte, nur ein Beispiel, die jüngere (Kirchen-)Geschichte Polens mit aufarbeiten! Denn Polen ist ungleich mehr als das, was religiöse Masochismen suggerieren. Ich hoffe auf den aufrechten Gang einer Nation. URAEUS geht mit voran! ... Kreuzchen am Hals nehmen manchen Mädchen die Luft, Uraeus-Schlangen heben den Kopf in das Freie. Sie fühlen sich in dem gegenwärtigen experimentellen und transitorischen Milieu wohl. ... Andrzej Olszewski hilft, aus dem Pferch zu befreien, Zäune zu öffnen, alternative Kulturen zu erstreiten. Wir können stolz sein, dass der Robert-Mächler-Preis an einen Mann geht, der Grenzen niederlegt und an niedergeschlagene Wahrheit erinnert – an einen Tapferen.“

Doch den zahlreichen Widerständen und Anfeindungen in diesem katholisch-konservativen Land war der mutige Einzelkämpfer seit dem Tod seiner geliebten Frau Danka, einer klugen, warmherzigen und mutigen Kombattantin par excellence, allmählich nicht mehr gewachsen. Sein viel zu früher Tod – am 10. Jahrestag ihres Todes – bewegt Freunde Andrzej Olzewskis in Polen wie im deutschsprachigen Ausland. Doch er hat rechtzeitig dafür gesorgt, dass freie Kritik und offene Diskussion, von URAEUS maßgeblich vorangetrieben, mit neuer Kraft fortgesetzt werden können. Zahlreiche noch unbearbeitete Bestellungen seiner exzellent gestalteten religions- und kirchenkritischen Bücher, insbesondere der Kriminalgeschichte des Christentums seines Freundes Karlheinz Deschner, „Flaggschiff“ seines Verlags, wie er schrieb, geben zur begründeten Hoffnung Anlass, dass auch nach dem Tod dieses außergewöhnlich kreativen Gründers von URAEUS dessen kritische Impulse in Kürze wieder aufleben und mitwirken werden, der Aufklärung in Polen immer wieder neue Wege zu bahnen.

Auf der Homepage der polnischen „Racjonalista“ werden, in Kürze auch in angemessener deutscher Übersetzung, Leben und verlegerische Leistung Andrzej Olsewskis in einem Epitaph eindrucksvoll vorgestellt. (Dort findet sich auch eine Übersicht der zahlreichen von ihm edierten Bücher, u. a. Karlheinz Deschner, Eugen Drewermann, Adolf Holl, Horst Herrmann, Hubertus Mynarek, Uta Ranke-Heinemann.)

Gabriele Röwer
 

Im Anhang:

- Die Laudatio des Mächlerpreises 1999 von Prof. Horst Herrmann

- Epitaph für URAEUS, von Mariusz Agnosiewicz; Übersetzung des Textes (mit Zwischenüberschriften): Professor Dr. Hubertus Mynarek