Prognosenrückschau 2006

ROSSDORF. Der WM-Titel stand nur in den Sternen.

 

"Deutschland wird Fußball-Weltmeister"

: Während Fußballfans sich den Titel nur erhofften, waren sich einige Wahrsager und Astrologen vorab so sicher, dass sie den Klinsmann-Kickern den Titelgewinn voraussagten. Aber der Titelgewinn blieb aus, und auch die anderen Prognosen für das vergangene Jahr, die die Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) traditionell zum Jahresende ausgewertet hat, wurden durch die Wirklichkeit widerlegt.

Beim neuen Fußball-Weltmeister – Deutschland natürlich – waren sich mehrere Astrologen, Kartenleger oder andere Wahrsager zu Beginn des Jahres 2006 sicher. Die Sterndeuter Monika Transier, Edeltraud Lukas Möller, Albert Lehmann, Michael Allgeier und der Schweizer Hellseher Mike Shiva lagen mit dieser WM-Prognose aber ebenso daneben wie sein österreichischer Kollege Johannes Höber, die für ihre Fehlprognosen bekannte "Reiseastrologin" Patricia Bahrani oder ihre Kollegin Asmi Nardo, die den Kickern aus England, Brasilien bzw. Ghana den begehrten Titel vorausgesagt hatten.

Insgesamt über 150 Prognosen von knapp 50 vermeintlichen Zukunftskennern hat der Mathematiker Michael Kunkel ausgewertet und mit der Realität konfrontiert – sein Fazit ist eindeutig: "Die Zukunft lässt sich offensichtlich nicht aus den Sternen, Tarotkarten oder durch irgendwelche Hellseher voraussagen." Das gilt unabhängig vom Thema der Voraussagen: Naturkatastrophen, Prominente und politische Ereignisse dominieren neben gerade aktuel-len Themen wie derzeit Terroranschlägen üblicherweise die Vorhersagen – nennenswerte Treffer sind Fehlanzeige. Einige Vorhersagen scheinen vielmehr der Werbung zu dienen gemäß dem Motto: "Besser schlechte Werbung als überhaupt keine."

Spektakuläre Vorhersagen verschaffen ihren Urhebern zumindest für kurze Zeit Aufmerksamkeit; eine kritische Würdigung oder gar der ausbleibende Erfolg der Vorhersage wird weit weniger beachtet.

Offensichtlich und zum Glück daneben lagen wie in jedem Jahr die professionellen Schwarzseher, die das Ende der Welt durch einen "atomaren Holocaust" (Michael Drosnin in seinem Buch Bibelcode II) oder einen abstürzenden Riesenasteroiden (Eric Julien, Annie Stanton) vorhergesehen haben. Ein großes Erdbeben in Kalifornien fiel gar zwei Mal aus: Der Amerikaner James Kingsley hatte es für den 25. Januar angekündigt, während der Astrologe Martin Schmid bedeutungsschwanger fabulierte, im Juni 2006 könne die Gefahr bestehen, dass San Francisco durch eine Erdbebenkatastrophe "endgültig vernichtet wird". Rosalinde Haller aus Wien erwartete "Erdunruhen, Erdbeben, Vulkane, Muren, Hochwasser" für "Chile (und weitere Teile Südamerikas), Japan, Indonesien, Thailand, Kambodscha, Vietnam, Indien, Süd-Italien, Westl. Küste USA/Mittelamerika-Mexiko, Los Angeles/Bereich San Franzisko." Eine entsprechende Wetterprognose würde in etwa so lauten: "Irgendwo auf der Welt wird es innerhalb der nächsten 6 Wochen regnen."
Etwas weniger häufig als in den Vorjahren waren für 2006 die Terror- und Attentatsprognosen. Patricia Bahrani sagte Anschläge in Paris (August) und Madrid (September) voraus, Rosalinde Haller wollte Attentate auf George W. Bush, Wladimir Putin und sogar Angela Merkel nicht ausschließen. Andererseits sollte es bei unserer Bundeskanzlerin "in der Liebe prickeln" - das zumindest schrieb die RTL-Astrologin Antonia Langsdorf. Während eine Bestätigung für dieses Prickeln wohl nicht so leicht zu erhalten sein wird, kann eine andere Vorhersage von Frau Langsdorf leicht überprüft werden: Der 1. FC Köln, so sagte sie dem ehemaligen Trainer Uwe Rappolder, würde mit seiner Geißbock-Elf den Klassenerhalt schaffen - dieses Vorhersage hat sich definitiv nicht erfüllt. Daneben lag auch Kurt Allgeier, der bei Prinz Albert von Monaco im Oktober die Hochzeitsglocken läuten hören wollte und der bei Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann einen Rücktritt noch vor der WM nicht ausgeschlossen hatte.
Andere Astrologen wagen sich an die ganz große Politik: Angela Gassmann aus Heiligenthal prognostizierte für 2006 nicht weniger als die Vereinigung von Ost- und Westeuropa, während Martin Banger eher Unklares über Deutschland im Jahre 2006 raunte: "Überraschende Konfrontationen im Zusammenhang mit unseren militärischen Auslandseinsätzen sind denkbar, ebenso harte Spannungen in der Kommunikation und in Vertragsangelegenheiten mit Nachbarstaaten". Was "harte Spannungen in der Kommunikation" bedeuten könnte und um welche Vertragsangelegenheiten es gehen könnte, verschweigt der Autor der Prognose allerdings.
Das "Experiment" des Freiburger Astrologen Karsten Krönke kann ebenfalls nur als Flop bezeichnet werden: Er will für jeden Handelstag des folgenden Monats voraussehen, ob der DAX steigt oder fällt – zwischen Juni und Anfang Dezember lag seine Trefferquote dabei ziemlich genau bei 50%. "Mit dem Werfen einer Münze hätte man die gleiche Quote erhalten", so Kunkel.

Echte und eindeutige Prognosetreffer waren wie immer Mangelware. Jocindo Nobrega da Luz aus Brasilien hatte tatsächlich den WM-Gewinn der Italiener vorausgesehen, wahrscheinlich nicht als einziger. Die italienische Seherzunft dürfte ebenso wie ihre deutschen Kollegen nicht selten auf die eigene Mannschaft gesetzt haben. Andere Prognosetexte waren zumindest nicht ganz falsch. Der Astrologe Christian-Lestat Dietrich sagte korrekt zwei Treffer in der ersten Viertelstunde des Spiels Deutschland gegen Schweden voraus - allerdings nicht für wen, und der prognostizierte Treffer in der 2. Hälfte fehlte völlig. Dass Dietrich einen verschossenen Elfmeter "astrologisch" als Tor wertete, dürfte Fußballfans eher amüsieren als beeindrucken.

Immer wieder interessant ist es, wie die Auguren selbst ihre Fehlprognosen kommentieren. Monika Transier bewertete ihre Prognose "Deutschland wird Weltmeister" auf ihrer Webseite als eingetroffen (hat diesen Kommentar aber wieder entfernt) und Edeltraud Lukas Möller schiebt das Nichteintreffen ihrer ähnlichen WM-Prognose darauf, dass "Klinsmann eine Falle gestellt wurde" (Thorsten Frings wurde vor dem Halbfinale gesperrt). Warum sie dies nicht vorausgesehen hat, teilt sie nicht mit. Dafür war sie sich sicher, dass 2006 als "Jahr der Musik in die Geschichte eingehen wird". Laut der Vertreterin der "ägyptischen Originalastrologie" deuteten die Sterne auf einen neuen "Sound von großer Einfachheit", der "weltweit unsere Ohren erobern" sollte. Sie wollte sogar schon den Titel des Liedes kennen: "Der Zyklenvergleich macht auf das Lied ‚Alle meine Entchen' aufmerksam". Falls es einen Preis für die skurrilste Vorhersage gäbe, wäre diese sicherlich ein heißer Kandidat.

Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften e.V., <GWUP>

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