"Braucht das Land christliche Werte?"

FREIE HUMANISTEN einbezogen in kontroverse Debatte. Die Zeitschrift DIALOG der Landeskirche Hannover widmet in ihrer Sommerausgabe

2006 die Rubrik „Kontrovers" der Frage, ob Deutschland mehr christliche Werte benötigt. Jürgen Steinecke, langjähriger Mitarbeiter der FREIEN HUMANISTEN, ist einer derjenigen, die die Möglichkeit bekamen, sich dazu zu äußern. DIALOG stellt den eingeholten Stellungnahmen folgendes voraus: „Die Gewalt an Schulen nimmt zu, Ausländer können sich mancherorts nicht mehr sicher fühlen. Müssen in der Erziehung christliche Werte wieder stärker zur Geltung gebracht werden - so wie die Bundesfamilienministerin es will?" Nachstehend der vollständige Text der humanistischen Positionsbeschreibung. Dazu die Überschriften weiterer Antworten, die ein breites Meinungsspektrum abdecken.

- "Werte aus Christentum und Aufklärung prägen unsere Gesellschaft" (Bernd Busemann (CDU), Kultusminister in Niedersachsen)
- „Kirche hat Werte nicht erfunden" (Jürgen Steinecke, Humanistischer Verband in Niedersachsen)
- „Neue Form der Ausgrenzung" (Avni Altiner, muslimischer Verband „Schura Niedersachsen")
- „Politiker müssen Werte vorleben" (Helge Limburg, Sprecher der Grünen Jugend Niedersachsen)
- „Jugendliche wollen Werte prüfen" (Olaf Ideker-Harr, Berufsschulpastor in Lüneburg)
- „Kommerz zerstört die Werte" (Rolf Ebritsch, Verband Christlicher Pfadfinder in Niedersachsen)

Kirche hat Werte nicht erfunden

"Zunächst sei einmal die Frage gestattet, was denn als typisch christliche Werte verstanden wird? Mitmenschlichkeit, Toleranz, Solidarität, Nächstenliebe, Gerechtigkeit, Umweltschutz, den Frieden erhalten, couragiertes Einsetzen für andere in U-Bahn-Stationen? Gewiss sind das auch christliche Werte, aber die hat die Kirche weder erfunden noch steht ihr der moralische Alleinvertretungsanspruch dafür zu. Das sind allgemein anerkannte Werte. Für uns sind das ureigenste humanistische Werte. Und nun?

Wir können sicher alle noch eine große Portion dieser Werte verinnerlichen. Die Tatsache aber, dass die Kirchen der Auffassung sind, ein Mehr an diesen vermeintlich christlichen Werten wäre eben nur als guter Christ zu erreichen, ist nicht nur verblendet, sondern auch schlicht falsch. Es gibt in unserer pluralistischen Gesellschaft inzwischen eine so große Kulturen- und Ansichtenvielfalt, dass eine Religionsgemeinschaft allein nicht an der Lage und auch nicht berechtigt ist, Wertvorstellungen als allgemein gültig darzustellen. Hier wäre die eingeforderte Toleranz im Übrigen praktizierbar."

Jürgen Steinecke

Humanistischer Verband in Niedersachsen