Religion: Die neuesten Erkenntnisse (3)

Für mehr Vielfalt auf dem Religionsmarkt

 

Religion - Böse sein und sich gut dabei fühlen

 

Es mag angesichts der bisherigen Aussagen dieser Artikelreihe seltsam klingen, aber wir brauchen unbedingt mehr religiöse Vielfalt. Je stärker sich die Regierung nämlich in religiöse Belange einmischt, zum Beispiel durch die finanzielle Förderung der beiden christlichen Großkirchen, desto weniger zufrieden sind Gläubige mit ihrer Kirche – und desto höher ist die allgemeine Religiosität. Diesen Zusammenhang belegt eine neue Studie. Laut der in Teil 2 präsentierten Studie von Tom Rees sind die staatliche Regulierung der Religionsgemeinschaften und der geringere Pluralismus der religiöseren Länder für ganze 18% der Gesamtreligiosität verantwortlich.

Der absolute Wahrheitsanspruch lässt sich schließlich nur schwer aufrechterhalten, wenn man von Religionsgemeinschaften umgeben ist, die ebenso frei erfundene Dinge glauben, für die sie ebenso keine Belege vorweisen können. Der eigene Glaube kommt den Menschen eher seltsam vor, wenn nebenan die Pastafari ihr fliegendes Spaghettimonster verehren. Zudem kann durch freien Wettbewerb am Religionsmarkt garantiert werden, dass die Religionsgemeinschaften ihren sozialen Verpflichtungen nachkommen und das Geld auch wirklich für ihre Gemeinden ausgeben. Monopolisten verfahren da anders, wie wir es in Deutschland erleben dürfen.

Die Regulierung gesellschaftlicher, religiöser und politischer Freiheit durch die Regierung macht religiöse Menschen deutlich unglücklicher. Je freier eine Gesellschaft, desto zufriedener die Gläubigen, denn sie können sich genau die Gemeinde aussuchen, die ihre Bedürfnisse am ehesten befriedigt. Je mehr eine Regierung eine bestimmte Gruppierung bevorzugt, desto unzufriedener und unglücklicher werden die Gläubigen.

In Deutschland zahlen die Bürger, unabhhängig von ihrer Konfession, 98% der kirchlichen Sozialkonzerne (Caritas, Diakonie, etc.) von ihren Einkommenssteuern und Beiträgen, außerdem zahlen sie die Gehälter der katholischen Bischöfe. Von ihren Kirchensteuern bezahlen die Angestellten der Sozialkonzerne wiederum einen Teil ihrer eigenen Gehälter, der Rest wird von den Kirchensteuern allgemein finanziert. Diese Praxis widerspricht zwar der grundgesetzlich verankerten Trennung von Kirche und Staat, aber das kümmert Politiker nicht.

Vielleicht könnte sich das ändern, sobald Gläubige einsehen, dass die Trennung von Kirche und Staat eindeutig in ihrem Interesse liegt. Die einzigen Profiteure der aktuellen Regelung sind nicht die Durchschnittsgläubigen, sondern wenige Bischöfe und Chefs der Kirchen, die sich aus allgemeinen Steuermitteln ein schönes Leben machen. Die Trennung von Kirche und Staat ist somit ein gemeinsames Anliegen von Gläubigen und Atheisten.

Macht Religion glücklich?

 

Glücklichkeit Gläubige Atheisten

 

Ein weiteres Ergebnis dieser Studie lautet: Es macht glücklich, eine religiöse Identität zu haben, also ein selbsterklärter „religiöser Mensch” zu sein, im Gegensatz zu einem nichtreligiösen Menschen. Gleichsam hat sich herausgestellt, dass vor allem Agnostiker ein Problem haben. Überzeugte Atheisten sind nämlich, zieht man den Faktor der gesellschaftlichen Anerkennung ab (der je nach Gesellschaft unterschiedlich ausfällt), ebenso glücklich wie jene, die von Gottes Existenz überzeugt sind. Vor allem persönliche Überzeugung und soziale Anerkennung sind also die Faktoren, die emotionale Stabilität garantieren, nicht so sehr die Art der Überzeugung. Dass eine religiöse Identität glücklicher macht, liegt sehr wahrscheinlich an der höheren sozialen Anerkennung einer religiösen Identität im Vergleich zu der einer atheistischen.

Der Effekt ist sogar ziemlich stark: Eine religiöse Identität macht halb so glücklich, wie verheiratet zu sein (was im Umkehrschluss natürlich doppelt so glücklich macht). Laut einer weiteren neuen Studie reduziert Religiosität Depressionen, Anspannung und Selbstmordversuche. Die Reduktion von Depressionen und Selbstmordversuchen kann allerdings mit der Teilnahme an einer Gemeinschaft erklärt werden. Der Glaube an Gott spielt dabei wohl keine Rolle. Im Gegenteil sind Menschen, die Gott näherstehen, aber wenig am Gemeindeleben teilnehmen, unglücklicher als Nichtreligiöse. In einer Studie mit Mormonen waren die Nicht-Kirchgänger sogar doppelt so depressiv. Der Glaube an Gott verringert also die Anspannung und stabilisiert die persönliche Sicherheit, aber glücklicher oder weniger depressiv macht er nicht.