Der Ossip-K.-Flechtheim-Preis in Höhe von 2.500 Euro wird geteilt und an die türkische Rechtsanwältin und Autorin Seyran Ates sowie die vier Schüler/innen
der 9. Klasse an der Fritz-Karsen-Schule in Berlin-Neukölln Wanda Lehmann, Marianne Hachtmann, Robin und Patrick Hering vergeben. Die vier jungen Leute haben sich aktiv für ihre Mitschülerin Tanja Ristic eingesetzt, die von der Polizei aus dem Unterricht geholt wurde und nach Bosnien abgeschoben werden sollte. Mit Mut, Zivilcourage und ohne Vorbehalte gegen die gültige Rechtslage haben sie spontan eine Schülerdemonstration und -initiative organisiert, Pressetermine wahrgenommen, Tanjas Familie unterstützt und mit ihrer Aktion nicht nur die LehrerInnen und SchülerInnen ihrer Schule zum Handeln aufgerufen. Das Grips-Theater inszenierte "Hiergeblieben!" und brach-te damit das Thema Bleiberecht für Kinder und Jugendliche sowie deren Familien auf die Bühne. Die Aktion von Wanda, Marianne, Robin und Patrick war erfolgreich: Tanja und ihre Mutter konnten bleiben, ihr Vater konnte vor wenigen Wochen wieder einreisen. Auch wenn die ganze Familie inzwischen wieder in Deutschland leben darf, hat sich die Praxis der Abschiebungen seither grundsätzlich nicht geändert hat. Von der Aktion der SchülerInnen aber geht Signalwirkung aus und ermutigt in jedem weiteren Einzelfall für ein Bleiberecht betroffener Flüchtlingskinder zu streiten.
Seyran Ates, in Istanbul geboren, lebt seit 30 Jahren in Deutschland und wird ausgezeichnet für ihr Engagement als Anwältin und Menschenrechtsaktivistin, die sich für türkische Einwanderinnen einsetzt, um sie vor Gewalt und so genannten "Ehrenmorden" zu schützen. Selbst bedroht und gefährdet artikuliert sie präzise die Lebensumstände der Frauen, betreut sie und steht ihnen juristisch zur Seite. Auch im Fall Sürücü hat Frau Ates sich sehr engagiert. Die Jurymitglieder hoben hervor, dass es nur wenige Menschen gibt, die sich zu einem so wichtigen Thema in dieser Weise exponieren, so produktiv und provozierend sind und im Interesse der Frauen ein genaues Hinsehen im Sinne der Differenzierung fordern.
Die Laudatorinnen sind: Prof. Christine Thürmer-Rohr und Lea Rosh
Preisverleihung: Sonntag, 22. Oktober, um 11:00 Uhr
Ort: Berlin-Saal der Zentral- und Landesbibliothek Berlin, Ribbeck-Haus, 2. Etage
Breite Str. 36, 10178 Berlin-Mitte.
Verkehrsverbindung: Bus 147 (via Hauptbahnhof).
Anmeldung bis zum 9.10.2006 unter Tel.: 613 904 10
oder per eMail: rmalskies.hvd-berlin@humanismus.de