Zum Turiner Grabtuch

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li: Original, re. Negativ / www.heiligenlexikon.de

ROSSDORF. (gwup/hpd) Die Skeptiker der GWUP haben ihren Artikel  zu einer der großen katholischen Legenden überarbeitet und auf den neuesten Forschungsstand gebracht: Das „Turiner Grabtuch“ ist das Werk eines Künstlers.

Als Turiner Grabtuch wird ein Leinentuch bezeichnet, das heute im Turiner Dom aufbewahrt wird und angeblich den Leichnam Jesu von Nazareth umhüllte. Das Tuch hat eine Länge von 1,10 m x 4,36 m und trägt den doppelten Teilnegativ-Abdruck eines männlichen Körpers. Es soll sich dabei um ein Abbild Jesu handeln, das sich dem Leinen aufgeprägt hat. Für den Mechanismus gibt es eine Reihe unterschiedlicher Erklärungen, sowohl mit als auch ohne wissenschaftlichen Anspruch, die allerdings einer kritischen Prüfung nicht standhalten. Schon im Mittelalter gab es Zweifel an der These, es handele sich um das Grabtuch Jesu, so etwa von Bischof Pierre d' Arcis 1389. Seiner Aussage zufolge lag seinem Amtsvorgänger Henri de Poitiers das Geständnis eines Malers vor, der sich selbst als künstlerischer Urheber des Bildes bezeichnete.

Nach mehr als 600 Jahren kommen kritische, wissenschaftliche Bewertungen zu einem sehr ähnlichen Schluss: Bei dem Tuch handelt es sich höchstwahrscheinlich um das Werk eines Künstlers aus dem 13. oder 14. Jahrhundert, auch wenn die genaue Maltechnik unbekannt ist. Dafür sprechen neben den historischen Dokumenten eine Reihe weiterer Indizien. So entspricht das Bild stilistisch den künstlerischen Jesus-Darstellungen der fraglichen Zeit. Gegen die These vom Grabtuch spricht auch das Format des Leinens, das untypisch für die jüdischen Bestattungspraktiken der fraglichen Epoche ist.

Kritische Forschungsergebnisse

Eine Radiokarbon-Datierung ergab 1988, dass das Leinen zwischen 1260 und 1380 hergestellt wurde. Dieses Ergebnis korrespondiert mit der ersten verbürgten öffentlichen Ausstellung 1357. Im Nachhinein wurden gegen das Vorgehen bei der Datierung zahlreiche Einwände erhoben, obwohl die Methode zuvor zwischen Kritikern und Befürwortern abgestimmt worden war. Eine weitere Kritik kam 2005 von dem Chemiker Ray Rogers. Nach seiner Ansicht wurden die untersuchten Proben aus einer im Mittelalter geflickten Stelle genommen, wodurch das Ergebnis verfälscht worden sei. Mit Hilfe einer von ihm selbst entwickelten, neuartigen, allerdings in der Forschung unüblichen Datierungsmethode schätzte Rogers das Alter des Original-Tuches auf 1300 bis 3000 Jahre. Bisher liegt indes noch keine unabhängige Validierung der Rogers-Methode vor, weshalb Fachleute den Ergebnissen äußerst kritisch gegenüberstehen.

Der amerikanische Chemiker Walter McCrone wies auf dem Leinen Pigmente nach, wie sie von Malern im Mittelalter verwendet wurden. Dass ein solches Bild mit verschiedenen Techniken hergestellt  werden kann, steht heute fest. Der Ermittler Joe Nickell konnte zeigen, dass sich durch Aufspannen eines Leinentuchs auf ein Basrelief und Abreiben mit Eisenoxyd-Pigmenten ein Abbild erzeugen lässt, das dem des Turiner Tuches verblüffend ähnelt. Mit einer direkten Malmethode erzeugte der Maler Walter Sanford ebenfalls ein sehr ähnliches Abbild. Nicht plausibel ist hingegen, dass ein menschlicher Körper durch einen natürlichen Prozess auf den Turiner Tuch ein Bild hinterlassen hat. Es fehlen die Verzerrungen, wie sie bei der Übertragung von einer dreidimensionalen Vorlage auf ein Tuch zu erwarten wären.

Inge Hüsgen, Amardeo Sarma

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Literatur

  • Gove, H. E. (1996): Relic, Icon or Hoax? Carbon dating the Turin Shroud. Institute of Physics Publishing, Bristol, Philadelphia.
  • McCrone, W. (1999): Judgement Day for the Shroud of Turin. Prometheus Books.
  • Nickell, J. (1998): Inqust on the Shroud of Turin. Prometheus Books.
  • Sarma, A. (2000): Ein Tuch mit sieben Siegeln? Das Turiner Grabtuch als Forschungsgegenstand. Skeptiker 2/00.
  • Sarma, A. (2006): Grabtuch-Forscher auf der falschen Fährte. Skeptiker 1/06.

Stand: 21.9.2009