FRANKFURT/M. (hpd) Vortrag von Mina Ahadi am 20. November 2009 im Saalbau Bornheim / Frankfurt am Main, im Rahmen der dritten Vortragsreihe der Säkularen Humanisten – Regionalgruppe Rhein-Main: „Warum ich für die Freiheit und gegen den Islam kämpfe“.
Bericht und Kommentar von Jochen Beck
Die dritte Vortragsreihe der Säkularen Humanisten Rhein-Main wurde am 20.11. im Saalbau Bornheim von der 53-jährigen iranischen Bürgerrechtlerin und Menschenrechtsaktivistin mit dem Thema: „Ich habe abgeschworen: Warum ich für die Freiheit und gegen den Islam kämpfe“ beschlossen. Die aktuellen Ereignisse im Iran sorgten diesmal für einen besonders starken Andrang von Besuchern iranischer Herkunft.
Die Referentin ist als Vorsitzende des 2007 gegründeten Deutschen Zentralrats der Ex-Muslime die Sprecherin der säkular orientierten, aus islamischen Ländern stammenden Immigrantenbevölkerung Deutschlands. Obendrein ist die im Oktober 2007 von der britischen National Secular Society mit dem Irwin Prize for Secularist of the Year ausgezeichnete Menschenrechtsaktivistin auch Vorsitzende des 2004 gegründeten International Committee Against Executions (I.C.A.E.) und Gründerin des Internationalen Komitees gegen Steinigung. Dieser schillernden Aufstellung entspricht auch ihr bewegtes Leben. Als linksorientierte Studentin nahm sie an der iranischen Revolution teil. Damals konnte sie sich, wie sie dem staunenden Publikum verriet, nicht vorstellen, dass diese Revolution durch islamische Fundamentalisten gekapert werden würde. Sie selbst fand zu ihrer säkularen Einstellung durch ihren Großvater, der sie über die Glaubwürdigkeitsdefizite der Offenbarungsreligionen aufklärte, aber auch durch das geistesfreie Klima der Universität Täbris. Schon bald nach der Etablierung der religiösen Diktatur musste sie in den Untergrund abtauchen. Jahrelang lebte sie in Kurdistan, wo sie auch - während des Ersten Golfkrieges (1980 – 1988) - einen chemischen Angriff Saddam Husseins erlebte. Seit 1990 lebt sie im Westen.
Kritik am Kulturrelativismus
Ihre Kritik richtet sich vor allem gegen das im Westen weitverbreitete Phänomen des Kulturrelativismus. Die Einstellung, man müsse die Steinigung von Ehebrecherinnen, Geschlechterapartheid und die Unterdrückung religiöser und säkularer Minderheiten als Elemente einer fremden Kultur tolerieren, ist für Ahadi mit Demokratie unvereinbar und verneint auch die Universalität der Menschenrechte. Islamische fundamentalistische Regierungen können deshalb keine Kooperationspartner für Demokratien sein. Bittere Worte fand sie für das Konzept des „kritischen Dialoges“ der beiden letzten deutschen Außenminister. Hierzu wurde aus dem Publikum die jüngst erfolgte Ernennung eines homosexuellen Amtsinhabers positiv aufgenommen. Jetzt nämlich müsse die iranische Regierung einen Staatsgast empfangen, dessen Genossen in ihrem Land mit der Todesstrafe verfolgt werden. Mina Ahadi verwies mit Humor auf Politikerinnen wie Claudia Roth und Hillary Clinton, die islamische Länder mit Kopftuch bereisen und befürchtete, Guido Westerwelle werde erst nach einem Widerruf seiner Homosexualität islamische Länder aufsuchen.
Aber auch im Inland stelle sich das Problem des Kulturrelativismus. Entschieden wandte sich die Referentin gegen jede Art von Entgegenkommen gegen frauendiskriminierende Verhaltensmuster im islamischen Milieu Deutschlands: Der Schleier werde oft eben nicht freiwillig getragen. Als eine Verletzung von Kinderrechten erklärte sie es, wenn Mädchen bereits im Kindesalter verschleiert werden. Ein dem widerstrebendes Mädchen werde häufig mit Liebesentzug diszipliniert. Islamische Gemeinschaften, die Frauen diskriminieren, sollten in Deutschland nicht von Staat und Kirche als Kooperationspartner, etwa beim Religionsunterricht oder bei dem Bau von Moscheen, akzeptiert werden. Hier kritisierte sie auch die Bereitschaft der Kirchen, solche islamischen Organisationen als Partner bei der Verfechtung gemeinsamer Interessen anzusehen. Weiterhin beklagte sie die Selbstverständlichkeit, mit der die westliche Presse Menschen orientalischer Herkunft generell als „Muslime“ bezeichnet. Sie selbst wurde bei Berichten über ihre Tätigkeit als säkulare Aktivistin als „muslimische Frau“ bezeichnet. Ihre Proteste blieben ungehört. Von einer Klage zur Richtigstellung musste sie damals aus ökonomischen Gründen absehen.
Zuletzt gab die Referentin der Zuversicht Ausdruck, dass die gegenwärtige Situation im Iran der Anfang vom Ende des fundamentalistischen Regimes und der Beginn von dessen Säkularisierung sein werde. Desweiteren sprach sie den Säkularen Humanisten Rhein-Main ihre Anerkennung für deren Mut aus, diese Einladung auszusprechen. Diese Einladung stand übrigens bei den Veranstaltern nie aus Sicherheitsgründen zur Disposition. Für die westliche Zivilgesellschaft kann es auf islamistische Gewalt nur eine Antwort geben: „Jetzt erst recht!“
Zuletzt fand man sich auch diesmal in geselliger Runde in einem nahegelegenen Restaurant ein.
Die Säkularen Humanisten Rhein-Main treffen sich wieder in Frankfurt am Main, am 27.11.2009 um 19:00 Uhr, im 2. Stock des wohlbekannten Club Voltaire, in der Kleinen Hochstraße Nr. 5. Siehe hierzu auch www.saekulare-humanisten.de.