USA: Die Christliche Rechte 2009

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US-flags / Foto: Andreas Church (morguefile)

USA. (hpd) Das Jahr 2009 begann mit einer Niederlage für die Christliche Rechte. Am 20. Januar wurde Barack Obama, gegen dessen Wahl die Evangelikalen angekämpft hatten, zum Präsidenten der USA vereidigt. Doch der Schock währte nur kurz. Nicht nur Obamas liberale Vorhaben riefen seine Kritiker auf den Plan. Auch sonst wurde die Christliche Rechte nicht müde, sich einzumischen.

Ein Jahresrückblick von Lukas Mihr

Im Jahr 2009 rief die American Family Association zum Boykott von Pepsi-Cola auf. Angeblich hätte das Unternehmen seine „Neutralität“ im „Kulturkampf“ aufgegeben und sich auf die Seite der Homolobby gestellt. Tatsächlich hatte Pepsi verschiedenen Homosexuellenorganisationen Geld gespendet. Im Jahr 2008 hatte die AFA zum Boykott der Fast-Food-Kette McDonald's aufgerufen, weil diese ihre Mitarbeiter dazu angewiesen hatte, homosexuelle Mitarbeiter nicht zu diskriminieren. Die AFA wird vom Methodistenpastor Don Wildmon geleitet und setzt sich für christliche Werte in Kindeserziehung und Familienleben ein. Sie betreibt einen eigenen Radiosender und hat über 2 Millionen Mitglieder.

Im Mai stellte der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen den Staatspräsidenten des Sudan Omar al-Baschir wegen Verbrechen in Darfur, denen über 300.000 Menschen zum Opfer fielen, aus. Die New York Times bat Franklin Graham und Bischof Desmond Tutu um ihre Meinung. Tutu, der für seinen Einsatz gegen die Apartheid mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete wurde, schrieb, dass die Anklage des Diktators ein wichtiges Symbol sei. Franklin Graham jedoch, der Sohn des berühmten Baptistenpredigers Billy Graham, der inzwischen die Geschäfte seines Vaters fortführt, sprach sich gegen einen Haftbefehl für al-Baschir aus. Die Inhaftierung des Staatspräsidenten könnte den gesamten Sudan destabilisieren und den Bürgerkrieg im Süden des Landes wieder aufflammen lassen. Im Jahr 2005 hatte al-Baschir mit dem christlichen Südsudan einen Friedensvertrag geschlossen und den langjährigen Bürgerkrieg beendet. 2007 hatte Graham den sudanesischen Staatspräsidenten besucht und ihm das Zugeständnis abgerungen, seine Hilfsorganisation in den Süden gelassen, die dort die im Bürgerkrieg zerstörten Kirchen wieder aufbaut. In den USA mehrten sich die Stimmen, die Graham vorwarfen, den Konflikt zu einseitig zu betrachten und seine Kritik als wenig glaubwürdig einstufen. Ihm sei an der guten Situation der Christen im Süden mehr gelegen, als an den Opfern in Darfur, die mehrheitlich islamisch sind.

Im April betete der ehemalige Kaplan der US-Navy Gordon Klingenschmitt, dass Gott Mikey Weinstein töten möge. Weinstein leitet die Military Religious Freedom Foundation, die sich dafür einsetzt, dass die Trennung von Staat und Kirche auch im Militär vollzogen wird. In den Jahren der Bush-Regierung hatten Evangelikale in der Armee an Einfluss gewonnen. Memoranden, die Verteidigungsminister Rusmfeld während des Irakkriegs an Bush sandte, waren mit Bibelpassagen versehen. Weinsteins Haus wurde in der Vergangenheit mit Fäkalien, Tierkadavern und Hakenkreuzen (Weinstein ist Jude) beschmutzt.

Ein Newsweek-Artikel aus dem Juni zeigt, wie wichtig dieses Vorhaben weiterhin ist. US-Militärs hatten im Krieg gegen den Terror christliche Missionierung betrieben. Der höchste Militärgeistliche in Afghanistan gab die Parole „Hunt People for Jesus“ aus. An den Missionierungen beteiligte sich auch Jim Ammerman, der die Chaplaincy of Full Gospel Churches leitet, die knapp 270 Kaplane, also ca. 7% aller Militärgeistlichen vertritt. Im Wahlkampf 2008 hatte Ammerman zur Ermordung demokratischer Politiker aufgerufen, in den 90ern vertrat er antisemitische Verschwörungstheorien.

Im Mai 2009 stellte sich der Televangelist Pat Robertson in seiner Sendung „The 700 Club“ den Fragen seiner Zuschauer. Eine christliche Frau wollte wissen, wie sie mit ihrem Verlobten, einem Atheisten besser zusammenleben könne. Robertson riet ihr jedoch, die Beziehung zu beenden, wenn ihr Mann sich nicht zum Christentum bekenne, da Atheisten Satan dienen.

Am 31. Mai wurde der Abtreibungsarzt George Tiller, dessen Klinik eine der wenigen in den USA war, die auch Spätabtreibungen vornahmen, erschossen. Der ehemalige Vizepräsident der Southern Baptist Convention Wiley Drake äußerte sich am 3. Juni zu dem Vorfall. Er sei sehr froh und danke Gott für den Tod Tillers. Er habe bereits seit einem Jahr für den Tod Tillers gebetet. Seine Haltung begründete Drake damit, dass man auch angesichts des Todes Hitlers erfreut sein konnte. Zum gleichen Anlass verkündete er, dass er auch für den Tod von Barack Obama bete, falls dieser sich nicht Gott zuwende.

Im Juni wurden Äußerungen Billy Grahams aus den 70ern bekannt, in denen er sich antisemitisch geäußert hatte. Ein Tonbandmitschnitt zwischen dem Prediger und US-Präsident Nixon enthüllt, wie Graham wirklich über die Juden dachte. Er sprach von der „Synagoge Satans“ aus der Bibel, deren Anhänger Pornographie produzierten und war von der Christenfeindlichkeit der Juden erschreckt. Unter anderem fürchtete er, dass Israel christliche Missionare ausweisen könnte. Graham, inzwischen 91 Jahre alt, kann sich angeblich nicht mehr an die Äußerungen erinnern.

Zu den ambitioniertesten Plänen des neuen US-Präsidenten Obamas zählt die Einführung einer allgemeinen Krankenversicherung für die gesamte Bevölkerung. Diese stellt bereits innerparteilich eine große Herausforderung dar, muss sich aber auf noch stärkeren Gegenwind vom rechten Rand gefasst machen. Zu den üblichen Behauptungen, Obamas Gesundheitspolitik sei sozialistisch, gesellten sich im Oktober die Äußerungen Richard Lands, des einflussreichen Vertreters der Southern Baptist Convention. Angeblich plane die Regierung Euthanasiemaßnahmen wie im Dritten Reich. Land schlug vor, dem (jüdischen) Gesundheitsberater des Weißen Hauses Ezekiel Emmanuel den „Josef-Mengele-Award“ zu verleihen. Die Southern Baptist Convention ist mit ca. 17 Mio Mitgliedern die größte protestantische Konfession in den USA.

Auch gegen die Sonstigen liberalen Ansichten der Demokratischen Partei hinsichtlich Abtreibung und Homoehe regte sich Protest. Am 20. November wurde daher die „Manhattan Declaration“ veröffentlicht. Sie wurde von über 200 religiösen Führern unterzeichnet, unter ihnen Evangelikale, Katholiken und Orthodoxe. Derzeit steuert die Petition auf 300.000 Unterzeichner zu.

Für Aufsehen sorgte im November das Vorhaben der Regierung von Uganda, Homosexualität künftig stärker zu bestrafenn. Homosexuelle könnten fortan mit mehreren Jahren Haft belegt werden, in Ausnahmefällen sieht das Gesetz sogar die Verhängung der Todesstrafe vor. Auch Personen, die Homosexuellen Wohnungen vermieten müssten mit Strafen rechnen. Der US-Journalist Jeff Sharlet behauptet, dass die evangelikale Organisation „The Family“ hinter dem Gesetz steht. Zwei Politiker, der Abgeordnete David Bahati und der Minister für Ethik und Integrität James Nsaba Buturo, die sich für die Strafverschärfung stark gemacht haben, gehören der Gruppe an. „The Family“ mit Sitz in im Raum Washingon D.C. wird vom ehemaligen Nixon-Berater Douglas Coe geleitet und übt seit vielen Jahren Einfluss auf die US-Politik aus.

Einen bedeutenden Erfolg konnte die Christliche Rechte gegen Ende des Jahres noch erreichen. Die republikanische Partei gewann die Gouverneurswahlen in Virginia und Maryland im November. Ein Vorgeschmack auf die anstehenden Kongresswahlen 2010, bei denen die Demokraten ihre komfortable Mehrheit einbüßen könnten.