ROM. (hpd) Vor drei Jahren, am 19. April des Jahres 2005 wurde der Deutsche Kardinal
Joseph Ratzinger (* 1927) zum 266. Papst der Geschichte der Katholischen Kirche gewählt.
Ob diese Zahl historisch zutreffend ist, darüber streiten sich Historiker bis heute, doch auf Wahrheit kommt es in dieser Institution nur in den seltensten Fällen an. Das Konklave wurde „natürlich" auch 2005 vom Heiligen Geist gelenkt, so hat dieser ominöse Unbekannte den nach Rom geeilten Handlangern Gottes eben diesen Deutschen angepriesen, in religiösen Kreisen nennt man das gewiss göttliche Offenbarung. Ratzinger erkor den Namen Benedikt XVI für sein Pontifikat.
Dieser Joseph Ratzinger, der als Sprössling eines Gendarmeriemeisters in Bayern heranwuchs, machte eine erstaunliche Karriere. Er landete schließlich im Kirchenstaat, in dem er vor seiner Wahl zum Oberhaupt der Katholiken das Amt des Präfekten der 1231 gegründeten Glaubenskongregation inne hatte. Vielen Menschen ist diese Dienststelle eher als die „Heilige Inquisition" bekannt, welche die Kirchengeschichte mit einem ganz speziellen Blutstrom „bereicherte". Aus dem Kind eines kleinen Gesetzeshüters wurde die Schildwache Gottes auf der Erde.
Nach der Erwählung zur wichtigste Person in der katholischen Kirche, Nachfolger des Petrus, Bischof von Rom, Stellvertreter Gottes auf Erden, avancierte Joseph Ratzinger von einem Tag auf den anderen auch zum Medienstar.
Fast alle Medien - vor allem die Deutschen -zeigten mehr oder weniger schwulstig ihr Entzücken über den zweiten Deutschen Papst seit 482 Jahren nach Hadrian VI. Dieser stammte zwar aus Utrecht in den Niederlanden, doch diese Stadt gehörte zu jener Zeit zum „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation".
Den Vogel schoss am Folgetag die „BILD" mit ihrem Aufmacher „WIR SIND PAPST" ab. Dieser Spruch wurde später von der „Gesellschaft für Deutsche Sprache" unter den Wörtern des Jahres 2005 auf den 2. Platz gesetzt.
„WIR SIND PAPST"
Das mutet alles übertreffend an und passt in die Neigung der Deutschen für das Gigantische, auch wenn die Nachwehen nicht selten im Desaster endeten. Die Geschichte ist voll von großen Königen, mächtigen Kaisern bis hin zum größenwahnsinnigen Führer. Nur einen echten (der letzte war ja doch irgendwie Holländer) deutschen Papst, den hatten wir bis dato nicht.
Inzwischen sind wir schon 3 Jahre Papst. An dieser Stelle sei mir gestatte, dass ich mich davon ausschließe, denn ich besitze nicht die Voraussetzungen, die für dieses Amt unumgänglich sind.
Da drängt sich die Frage auf, wer von uns, also der deutschen Bevölkerung, hätte diese Befähigung denn überhaupt - alle etwa, sämtliche Bürger deutscher Nationalität? Das waren ca. 75 Millionen im Jahre 2005.
Im Folgenden werde ich den Versuch wagen, zu entschlüsseln, wie viele Deutsche ohne Skrupel behaupten könnten:
„WIR SIND PAPST"
Voranstellen möchte ich, dass diese Auflistung keinen Anspruch auf exakte Zahlen erhebt, sie ist lediglich eine Schätzung, die sich grundlegende staatliche als auch kirchliche Statistiken stützt, die zur Untermauerung dienlich sind.
Im Jahr der Papstwahl - so die Angaben der Statistiker - lebten im Bundesgebiet 82,4 Mio. Menschen, davon waren 75,1 Mio. deutscher Staatsangehörigkeit. Nun könnte der oberflächliche Betrachter oder der Leser der Zeitung annehmen, dass alle diese Menschen Papst sind.
Doch von dieser Gesellschaft sind nur 31 % das sind ca. 23,3 Millionen Menschen katholisch. Da bislang alle Päpste der katholischen Fraktion des Christentums angehörten, bleiben nur die mit dem Sakrament der katholischen Taufe versehenen Deutschen übrig. Schon wird es eng für die Behauptung der „BILD".
Es kommt freilich noch schlimmer. Denn mehr als die Hälfte dieser Menschen sind weiblich, nämlich 56 %. Und mal unter uns - eine Frau auf dem Thron Petri....? Man erzählt sich in christlichen Kreisen immer mal wieder, dass Gott Eva aus einer Rippe Adams erschuf, er hat dies sicher nicht vollbracht, um später Frau als seine Stellvertreterin in Rom sitzen zu haben.
Übertragen wir den Anteil der Frauen in der Bevölkerung auf die katholische Gemeinde in Deutschland, dann könnten sich noch 10 Millionen Deutsche des Slogans „WIR SIND PAPST" anschließen.
Grau ist alle Theorie, heißt es so schön und das stimmt vor allem in diesem Zahlenspiel. Es gab 2005 in Deutschland 10 Millionen amtlich registrierte männliche Katholiken. Doch wie viele davon sind praktizierend oder gedenken jemals am kirchlichen Leben teilzunehmen? Eine Verankerung in der Kirche, die über das Zahlen der Steuer über hinausgeht, sollte man von einem wahren Gläubigen schon erwarten dürfen. Das Indiz dafür ist die Teilnahme am Gottesdienst, denn jeder gute Katholik fühlt sich durch den Katechismus (Can. 1247) zur Teilnahme verpflichtet. Doch diese Zahl lag 2005 bei gerade einmal 14.3 %, was ungefähr 1,4 Millionen Menschen entspricht.
Diese 1,4 Millionen Deutsche, das sind ganze ZWEI Prozent der Bevölkerung könnten sich dem anschließen.
Und auch diese Zahl ist nicht der Weisheit letzter Schluss, denn es wird angenommen, dass ca. 4 % der deutschen Männer homosexuell veranlagt sind. Man stelle sich folgendes vor: Ein Papst, der bei einer Audienz aufsteht und in die Masse ruft: „Ich bin schwul und das ist gut so!" Das überschreitet sicher das Vorstellungsvermögen der Allermeisten von uns.
„WIR SIND PAPST"
Diese drei Worte berühren also nur einen geringen Teil der Bürger in der Bundesrepublik Deutschland. Sie betreffen bestenfalls die Bundesbürger katholischen Glaubens, vor allem diejenigen, die diesen Glauben im Alltag auch leben. Diese Menschen sollen sich über die Wahl eines Deutschen zum Papst freuen dürfen.
Die Presse sollte aber nicht mit derartigen Aufmachern den Eindruck erwecken, Deutschland wäre ein sehr religiös geprägtes Land.
Und außerdem sind wir doch viel mehr als Papst!
„Wir sind Goethe, Schiller, Marx, Nietzsche, Heine, Mann, Brecht, Beethoven..."
Thomas Häntsch