Kolumne: Sitte & Anstand

00, der Du bist im Himmel

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Sollte man Gott mit Genderstern schreiben? Die "Katholische Studierende Jugend" regt das an, und viele Erzgläubige regen sich auf. Sogar Peter "Zigeunerschnitzel" Hahne meldet sich zu Wort! Also, soll man? "Gott*"? Wir wüssten da eine bessere Lösung.

Die Katholische Studierende Jugend (KSJ) hatte da jetzt eine Idee: Gott sei von nun an mit Gendersternchen zu schreiben: Gott*. Wir haben es mal ausprobiert, es tut nicht weh.

Gott.

Gott*, Gott*, Gott*, Gott*, Gott*.

Okay, man muss das Gendersternchen suchen, und man muss die Shift-Taste bemühen, aber Ehre sei nun mal eben ihm in der Höhe, der alle Sternchen gezählet hat, und so lässt man gern, ihn mit der Seele suchend, zwei Finger nach ganz rechts hüpfen auf der Tastatur. Und stellt hoch, oh so hoch.

Dem neutralen Beobachter erscheint es recht gleichgültig, wie ein höchstes Wesen bezeichnet wird, von dem auf der Welt nix zu merken ist. Er würde vielleicht eher eine Null als Endung vorschlagen: Gott0. Oder warum nicht gleich nur die Null nehmen? Oder zwei Nullen sehr nah beieinander, welche gemeinsam das Unendlichkeitszeichen simulieren, das auf der Tastatur nur unter äußersten Mühen auffindbar ist?

Oh Gottogott! Beziehungsweise: Oh 00!

Nun ja. Wer nix anzubieten und nix in der Hand hat, muss eben umso mehr rumdiskutieren, und so sind brav alle möglichen 00-Gläubigen aufgesprungen und haben medienwirksam in den Köder gebissen, den die KSJ da hingeworfen hat. Ihren Argumentationen zu folgen, führt schnell in jene geistige Benebelung, ohne die theologisches Denken schwer vorstellbar ist.

Dorothea Schmidt von der Initiative "Maria 1.0" etwa spricht in der Tagespost über 00: "Er steht über allem. Deshalb müssen wir mit dem Stern nichts markieren." Dass Sprache eben ein Kodierungssystem ist, mithin ein Instrument der Markierung von Bewusstseinsinhalten, und dass Frau Schmidt selber ein Geschlecht markiert, indem sie "Er" sagt, scheint ihr dabei nicht klar zu sein. Sonst müsste sie, da ihr Angebeteter über allem steht, sprachlich auf ein exzeptionelles Wort wie eben "00" zurückgreifen – schon um ihren Herrn nicht zu profanisieren.

Auch die Theologin Margit Eckholt will auf katholisch.de den Stern abschießen, und sie kommt gleich mal mit dem argumentativen Breitbandkiller: "Aus dogmatisch-theologischer Hinsicht ist es von Bedeutung, dass wir an dem Wort 'Gott' festhalten." "Aus dogmatisch-theologischer Sicht", das heißt genau was? Genau, eigentlich nichts. Die Theolog*innen haben über Jahrhunderte ein Schatzkästlein voller ausgedachter Regeln ohne jede empirische Grundlage zusammengesammelt, das hüten sie jetzt, um in Momenten wie diesem hineinzulugen und dann mit bedeutungsvoller Miene den Kopf zu schütteln: "Genderstern? M-m, geht nicht." Und warum nicht? "Na, aus dogmatisch-theologischer Sicht halt! Noch Fragen?"

Und so könnte man die Debatte in einer Wolke von Staub verschwinden sehen, sich wichtigeren Dingen zuwenden und 00 einen guten Mann sein lassen. Doch noch einer hat sein weises Haupt erhoben, der einschlägig bekannte Peter Hahne, Ex-Journalist und Autor von Büchern wie "Seid ihr noch ganz bei Trost?" oder "Rettet das Zigeuner-Schnitzel!" Auch er hat der besorgten Tagespost Rede und Antwort gestanden und ergänzt die Argumente, indem er das wirre Prosa-Konvolut Bibel zu einem Dokument der Verbindlichkeit ummünzt. Sie sei die "Grundurkunde unseres Glaubens".

Bekanntlich hat die den Vorteil, dass man alles Mögliche aus ihr herausklauben kann und dann bei Bedarf auch wieder das Gegenteil. Hahne hat nun etwas Schönes entdeckt, das uns schwedische Popmelodien summen lässt: "Wir sollten Gott statt Vater lieber Papa nennen", so Papst Franziskus. "Wie es Hebräisch sprechende Kinder tun und es Jesus tat: Abba."

Abba also?

Abba.

Abba, Abba, Abba, Abba, Abba.

Das ist gut. Da ist nichts dagegen zu sagen. Auch findet es sich sehr leicht auf der Tastatur. Bleibt also die Frage aller Fragen: Liebt 00 beziehungsweise Abba diejenigen, die ihn trotzdem "Gott*" schreiben mögen ebenso sehr, wie er alle anderen liebt?

Als neutrale Beobachtende sind wir fest überzeugt: Na klar! Denn wo nix ist, kann auch nix weggenommen werden. Kein unsichtbares Wesen, keine eingebildete Liebe. Ein neuer Tag. Kleiner Tipp für alle, die das hier lesen: Wer geliebt werden will, immerdar und überall, sollte vor allem erst mal selber lieben lernen, schwer genug, und sollte seine Mitmenschen und Mit-Tiere und seinen Planet*en gut behandeln, bitteschön, dankeschön. Und nun rein ins Wochenende, oder wie meine Oma zu sagen pflegte: Geh mit Gott, aber geh!

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