ASCHAFFENBURG. (hpd/miz) Während in der Politik vordergründig noch immer heftig debattiert wird, ob der Islam zu Deutschland gehöre oder eben nicht, werden derweil bereits Fakten geschaffen. Ob nun zugehörig oder nicht, in jedem Fall sollen muslimische Gruppen jetzt wie die Kirchen privilegiert werden. So wird derzeit in mehreren Ländern der Islamunterricht etabliert und die staatliche Ausbildung von islamischen Religionslehrern forciert.
In Deutschland leben derzeit etwa vier Millionen Muslime. Die überwiegende Mehrheit dieser Muslime ist Studien zufolge nicht besonders religiös und lässt Allah einen guten Mann sein. Dennoch ist nicht zu übersehen, dass gerade die junge Generation von Muslimen sich wieder stärker traditionellen Vorstellungen zuwendet. Zudem radikalisieren sich immer mehr Jugendliche und schließen sich salafistischen Predigern wie Pierre Vogel an oder lassen sich sogar für den bewaffneten Kampf in Syrien oder im Irak gewinnen. Parteienübergreifend ist man vor diesem Hintergrund nun der Meinung, die Lösung dieses Problems läge darin, ausgerechnet den konservativen Islamverbänden den Zugang zu den Futtertrögen des Staates zu ermöglichen. In der religionspropagandistischen Sprache des Bundesministeriums für Bildung und Forschung klingt das dann wie folgt: “Religionsunterricht an Schulen bietet eine wichtige kulturelle und theologische Orientierungshilfe. Er vermittelt Ethik und Moral und fördert die Identitätsfindung von Kindern und Jugendlichen.”
Islamunterricht in den Ländern
Der Islamunterricht an deutschen Schulen ist bereits jetzt Realität. Als erstes Land hat Hessen 2013 einen regulären bekenntnisorientierten Religionsunterricht für Muslime eingerichtet. Dieser basiert auf Artikel 7 Absatz 3 des Grundgesetzes: “Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt…” Damit hat sich Hessen also verpflichtet, die dort gelehrten Inhalte in Einklang mit den Vorstellungen der religiösen Kooperationspartner zu bringen. Zudem müssen Religionslehrer den Segen der muslimischen Partner bekommen. In Hessen sind dies die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) und die Ahmadiyya-Gemeinde. Beide Gruppen kann man guten Gewissens aus säkularer Sicht als konservativ einstufen. Aber konservativ heißt natürlich nicht, dass man sich in Glaubensfragen einig ist und so gibt es in Hessen nun zwei verschiedene Lehrpläne.
Neben Hessen gibt es bereits seit 2012 in Nordrhein Westfalen und in Niedersachsen seit 2013 den bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht. Dieser basiert allerdings auf einer Hilfskonstruktion und es ist nicht klar, inwieweit die dort gewählte Variante, einen Beirat aus muslimischen Verbänden und staatlichen Vertretern zu bilden, verfassungskonform ist. Zudem ist auch hier zu bemängeln, dass in den Beiräten viele konservative Gruppen vertreten sind. Sehr aufschlussreich ist diesbezüglich ein Blick in die entsprechende Ordnung des Beirats für den islamischen Religionsunterricht in Niedersachsen. Hier haben die muslimischen Vertreter ganze Arbeit geleistet und sich weitgehende Mitspracherechte gesichert. So steht bereits in der Präambel, dass Islamlehrer eine besondere Bevollmächtigung einer Religionsgemeinschaft brauchen. Damit man diese erhält, muss der angehende Lehrkörper u.a. eine aktive Teilnahme am religiösen Leben in einer muslimischen Gemeinschaft nachweisen. Hierzu ist ein Empfehlungsschreiben eines Imams erforderlich. Es bedarf hier nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, dass dies dazu führen wird, dass liberale junge Muslime, die z.B. auf das Tragen eines Kopftuchs verzichten, auf Schwierigkeiten stoßen werden.
Die Verankerung eines bekenntnisorientierten Islamunterrichts ist also in den drei Bundesländern bereits vollzogen. In vielen anderen Bundesländern wird dieser Unterricht gerade vorbereitet oder es laufen Schulversuche. Selbst in Bayern wird mit Hochdruck daran gearbeitet, den Islamunterricht an die Schulen zu bringen. Es ist letztlich also nur eine Frage der Zeit, bis ein bekenntnisorientierter Religionsunterricht flächendeckend in ganz Deutschland eingeführt werden wird. Klar ist zudem, dass mehrheitlich konservative Gruppen das Sagen haben werden. Klar ist auch, dass der Steuerzahler für diesen Unterricht tief in die Tasche wird greifen müssen. Letzteres wäre immerhin dann noch akzeptabel, wenn der Islamunterricht tatsächlich wie propagiert die Integration befördern würde.
Bei dieser These ist allerdings Skepsis angebracht. So berichtete die Vorreiterin des Islamunterrichts Lamya Kaddor unlängst in einem Interview mit Zenith online, dass ehemalige Schüler von ihr inzwischen in Syrien kämpfen. Hier hat also die propagierte Strategie, mithilfe eines “liberalen” Islamunterrichts Kinder vor dem Einfluss von Radikalen zu schützen, ganz offensichtlich versagt. Wie sollte auch ausgerechnet der Religionsunterricht, egal ob islamisch oder christlich, zu einem besseren Miteinander beitragen? Das Ziel eines solchen Unterrichts ist es letztlich immer, sich in den eigenen Glaubensinhalten zu bestärken. Da im Monotheismus nur eine Glaubensgemeinschaft auf dem richtigen Pfad sein kann, müssen folglich die anderen auf falschen Pfaden wandern. Eine monotheistische Religion ohne diesen intoleranten Kern ist letztlich nicht denkbar. Zudem genügt ein Blick in die Geschichtsbücher, um zu erkennen, dass ein Stärken religiöser Vorstellungen wohl kaum zu einem friedlicheren Miteinander führen dürfte.
Ausbildung der Islamlehrer an den Universitäten
Da der Staat sich offenbar entschieden hat, den Islamunterricht als Bekenntnisunterricht flächendeckend einzuführen, muss er im Sinne der Gleichberechtigung der Religionen nun für eine staatlich finanzierte universitäre Ausbildung sorgen. Den Anfang machte das Land Nordrhein-Westfalen. Hier wurde Sven Kalisch 2004 der erste Professor für die Ausbildung von islamischen Religionslehrern. Doch kaum hatte er seine Arbeit aufgenommen, da hatte man bereits den ersten “Fall Küng”. Der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland war mit Kalischs liberaler Lehre nicht einverstanden und so wurde Kalisch letztlich aus dem Amt gedrängt. Sein Nachfolger wurde Mouhanad Khorchide. Doch inzwischen ist auch dieser liberale Muslim wegen seiner Schrift Islam ist Barmherzigkeit in Ungnade gefallen und einige Islamverbände fordern nun auch seinen Kopf.
Islamlehrer werden jedoch nicht nur in Münster ausgebildet. So hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung rund 20 Millionen locker gemacht und fördert damit die Zentren für Islamische Theologie an den vier Standorten Münster/ Osnabrück, Tübingen, Frankfurt/ Gießen sowie Nürnberg-Erlangen. Laut BMBF will man damit eine zeitgemäße Integrationspolitik betreiben.
Doch eignen sich die dort vermittelten Inhalte tatsächlich dazu, für eine bessere Integration zu sorgen? Skepsis ist auch hier angebracht. Inhaltlich orientiert sich die islamische Theologie ganz am christlichen Pendant. Das Studium beinhaltet eine pädagogische Ausbildung, das Studium des Koran und der Scharia, die Geschichte des Islams, Theologie und Ethik sowie die religiöse Praxis. Hat man das dann alles hinter sich gebracht, ist man dazu in der Lage, Kindern zu erklären, dass man keine Gummibärchen essen darf, die Schweinegelatine enthalten, dass Eis essen tagsüber während des Ramadans tabu ist und dass Mohammed ganz entgegen der historischen Tatsachen ein Vorbild für die heutige Jugend sein soll.
Wer fühlt sich nun von einem solchen Studium angezogen? Hierzu scheinen derzeit leider noch keine wirklich aussagekräftigen Daten verfügbar zu sein. Bekannt ist aber, dass deutlich mehr Frauen als Männer den Islam studieren. Wertet man zudem die auf den Seiten der Universitäten veröffentlichten Bilder von Lehrpersonal und Studierenden aus, dann liegt der Schluss nahe, dass vor allem streng gläubige Muslime den Beruf des Islamlehrers ergreifen wollen. So ist das Tragen von Kopftüchern bei den Studentinnen die absolute Regel und bei den Dozentinnen keine Seltenheit. Auf einem Gruppenfoto ist sogar zu sehen, dass die Männer auf der einen und die Frauen auf der anderen Seite stehen. So ist dann auch zu erklären, dass derzeit eine der größten Sorgen der Befürworter des Islamunterrichts ist, dass wegen bestehender Kopftuchverbote für öffentliche Einrichtungen in einigen Ländern nicht genügend Lehrerinnen eingestellt werden könnten. Daher wird den Musliminnen erlaubt, das Kopftuch im Religionsunterricht zu tragen. Somit ist dann auch klar, dass dadurch der Druck auf Schülerinnen immer größer werden wird, es ihrer Lehrerin gleichzutun und sich ebenfalls “sittenstreng” zu kleiden. Ohnehin stellt sich die Frage, ob die Einführung des Islamunterrichts nicht generell dazu führt, dass die große Mehrheit der Muslime, die kaum gläubig sind, dazu genötigt werden, sich nun stärker zu ihrem Glauben zu bekennen. Die Gefahr ist zudem groß, dass zunehmender sozialer Druck Kulturmuslime und Ex-Muslime dazu zwingen wird, ihre Kinder in den islamischen Religionsunterricht zu schicken.
Fazit
Der Staat fördert durch diese Politik und die immer umfassendere Förderung konservativer muslimischer Gruppen letztlich nicht die Terrorbekämpfung, sondern die Renaissance konservativer Wertvorstellungen inklusive eines mittelalterlichen Frauenbildes. Zudem ist die Einführung eines weiteren Religionsunterrichts anstatt der Abschaffung jeglicher Märchenstunden aus säkularer Sicht eine schwere Niederlage. Der Islam gehört nicht ins Klassenzimmer, sondern er sollte genau wie sein christliches Pendant von der Schule verwiesen werden. Auch hier gilt: Religion ist kein Unterricht!
Der Artikel erschien zuerst in der MIZ 3/14.
10 Kommentare
Kommentare
Angela am Permanenter Link
Gerade der Einsatz der beiden deutschen Staatskirchen für den bekenntnisorientierten Islamunterricht hat sich in meinem Bekanntenkreis zum 1A Argument für einen Kirchenaustritt gemausert; getreu dem Motto: "Rette
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Danke Frank Welker für den deutlichen Beitrag. Ich frage mich manchmal ob Politiker in D nicht 1+1+1=3 zusammenzählen können. Früher gab es Religionskriege in eroberten oder rückeroberten Gebieten.
Judentums auch immer. Doch nicht alle sehen das so säkular. Vor allem eignet sich Bekenntnisunterricht vorzüglich, hier neue Gräben auszubuddeln und Ressentiments zu schüren. Doch was wird langfristig geschehen? Die einen lernen Jesus ist der Sohn Gottes, die anderen lernen, dass er dies auf keinen Fall sein kann. Und beide "falschen" Ansichten sind in den jeweils anderen Religion schwere Blasphemien. Was, wenn sich deswegen diese Gruppen - auf eine Schule gehend - in die Haare bekommen? Wegen lächerlicherer Unterschiede wurde der 30-jährige Kriege mit Millionen Toten gefochten. Das wird so extrem in Europa sicher nicht mehr kommen, aber reichen nicht ein paar Schlägereien, eventuell der eine oder andere Amoklauf? Philipp Möller ("Frau Müller") hat wunderbar in seinem "Isch geh Schulhof" derartige Szenen beschrieben, die zwar ohne Gewalt, aber nicht minder ideologisch aufgeheizt waren. Drei einander ausschließende Religionen mit dem jeweiligen Absolutheitsanspruch können auf Dauer nicht gut "ineinander" existieren. Politiker sollten endlich das 1+1+1=3 lernen...
Max Frisch am Permanenter Link
Die Schulen sind Orte der Bildung und nicht des Glaubens.
Christoph am Permanenter Link
Bildung und Glaube sind keine Gegensätze! Beispiele: "Ich glaube an den Urknall" setzt ein gewisses korrektes Wissen voraus.
Sollen alle Kinder nach den "gleichen Werten" geleitet werde? Werte wie: Abtreibung, Euthanasie, Gewalt, ... wie sie heute laut propagiert werden? Da ziehe ich es vor, dass eine Generation heranwächst, die vielleicht verschiedene Quellen hat, sich aber über Werte wie: Dialog, Miteinander, Integration, .. aneinander reifen und neue Perspektiven kreiieren.
Amanda am Permanenter Link
In welchem Jahrhundert befinden wir uns eigentlich?
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Religionsunterricht" ist uns nun mal (im 20 Jahrhundert!) als ordentliches Schulfach ins Grundgesetz geschrieben worden.
Pavlovic am Permanenter Link
Dr. Dr. Joachim Kahl hat sehr schön die säkulare Position zum Thema in einem Video erläutert: youtube.com/watch?v=MGByVczQQtw
"Kein islamischer Religionsunterricht an staatlichen Schulen in Deutschland", aus: Aufklärung und Kritik 1/2000 (S. 16 ff.)
Elmar Nobis am Permanenter Link
Ich habe mich bereits 1996 aus konkretem Grund von der katholischen Kirche verabschiedet.
Christl N. am Permanenter Link
Sehr geehrter Autor,
ich konnte mir nicht verkneifen, ihren Artikel als Satiere wahrzunehmen. Als Studentin der Islamischen Theologie und Religionslehre wundere ich mich sehr über Ihr propagiertes Bild und als Frau muslimischen Glaubens (und, oh Schreck: ohne Kopftuch!) frage ich mich, woher Sie Ihr Wissen beziehen. Mit der Realität hat es jedoch NICHTS zu tun. Unser Studium ist von Wissenschaftlichkeit geprägt - und ja, es ist auch bekenntnisorientiert. Dies bedeutet nicht, dass wir unterdrückte, konservativ-rückschrittliche Hinterwäldler ohne Reitätsbezug sind, immer den Kopf gesenkt und eine salafistische Auslegung unserer Religion fordernd und lebend. Wir sind unterschiedlich, wie man es nur sein kann, es wird viel gelacht - und ja, falls sich bei Ihnen die Frage aufwirft: Auch mit Andersgläubigen! Wieso auch nicht? Ich möchte Ihnen herzlichst einen Vorschlag machen: Kommen Sie zu uns nach Erlangen und lernen Sie uns kennen. Gerne stellen wir Ihnen unser Departement vor und gewähren Ihnen Einblicke - damit Sie nicht weiterhin Vorurteile und Klischees propagieren müssen und vielleicht sogar mit einem Lächeln im Gesicht nach Hause fahren. Beste Grüße
Johanna am Permanenter Link
Vielen Dank Christl. N für Ihren Beitrag, ich als Studentin der Islamwissenschaft und Erziehungswissenschaften in Köln (und übrigens auf dem Papier Christin), kann Ihren Beitrag nur unterschreiben.
Zudem spreche ich mich eindeutig FÜR den islamischen Religionsunterricht aus (mal abgesehen davon, dass die islamische Glaubensgemeinschaft laut Grundgesetz ein Recht darauf hat). Religionsunterricht im Allgemeinen ist meiner Ansicht nach, einer der wichtigsten Bestandteile der Identitätsbildung. Religion war und ist noch immer eine Möglichkeit der Sinngebung, die man Kindern nicht vorenthalten darf. Zudem sprechen der Religionsunterricht nicht nur die Glaubenslehre und deren Praktiken dar, sondern geht natürlich auch auf Religionskritik an.
Nichts desto trotz lassen sich in der Tat noch einige Mängel in der Umsetzung sehen. Es gibt zur Zeit eine Menge an islamischen Religionslehrern, die Quereinsteiger sind und ursprünglich kein Lehramtsstudium absolviert haben sondern oft Islamwissenschaften. Es gibt allgemein einen enormen Lehrkraftmangel und wenig Universitäten, die diese ausbilden. Hinzu kommen die islamischen verbände, die sich nicht einig werden können, die aber vor allem nur einen geringen Teil der muslimschen Menschen in Deutschland vertreten, da der Islam eigentlich keine Religionsführung oder Hierarchie wie im Christentum kennt.
Religionsunterricht soll ein Raum für Dialoge sein.