Islam und Rechtspopulismus

Demagogen gegen Asylflüchtlinge und Muslime

Die Studie von Zick und anderen zeigt Veränderungen und Bewegungen im Meinungsbild zu Fragen autoritärer Einstellungen an. Danach ist die Zustimmung zur vorurteilsgeleiteten Auffassung gegenüber asylsuchenden Menschen (mit 44 %), gegenüber Sinti und Roma (mit 27 %) sowie Muslimen (mit 18 %) stark verbreitet. Dabei erreicht die Abwertung langzeitarbeitsloser Menschen mit 47,8 % die Hälfte der Bevölkerung (im Osten sind es sogar 55,4 %); nahezu ebenso verbreitet ist die Abwertung asylsuchender Menschen mit 44,3 % (und im Osten Deutschland mit 52,8 %).

In vielen Diskussionen mit Zuhörern und Demonstranten stellen sich für mich durchaus unterschiedliche Formen der Ängste und der Kritik mit ganz unterschiedlichen persönlichen Gründen heraus. Beispiele aus einer Diskussion mit Zuhörern des wdr vom 9. Dezember:

Da erzählt jemand aus Dortmund, dass er etwas dagegen habe, dass Kinder fünfmal am Tag beten sollen, warum die Moscheen so groß seien und dass der Koran Gewalttaten verherrliche, um dann auf die ganze Zuwanderung zu kommen und den Terror des Islamischen Staats. Und er deswegen etwas gegen Muslime habe.

Da spricht eine Frau aus einem Vorort Aachens davon, dass wir die Muslime nicht brauchen, da sie ihre eigenen Länder haben und sie für das Grundgesetz eintrete; der Islam sei immer radikal so wie der Kommunismus und die NSDAP.

Ihr erwidert ein ebenfalls älterer, wie die Weimarer Republik durch eine zunächst kleine Gruppe zu Grunde gerichtet wurde, weil sie andere verächtlich gemacht hat. Heute würden Arbeitslose, die Muslime, die Juden oder türkische Mitbürger verächtlich gemacht, denen man im Sinne ihres Nationalismus unsensibel begegnet.

Ein weiterer beklagt sich darüber, dass mit der Zuwanderung die deutschen - die ethnischen Deutschen - in die Minderheit geraten würden: ein katholischer Familienvater spricht davon, dass nur die christliche Religion friedliebend sei und zur Nächstenliebe verpflichte, der Islam aber seit Jahrhunderten die Weltherrschaft wolle und alle Kriege in der Welt Kriege des Islam seien. Er spricht von den anderen als Ebenbild Gottes, aber als solchen, die nur als Christen ebenbürtig sind.

Ein weiterer erzählt, dass in einer Kleinstadt im Sauerland das Straßenbild von türkischen Muslimen geprägt sei, mit immer mehr Mädchen mit Kopftuch und schwarzem Schleier. Und immer stärker durch radikalislamische Bewegungen geprägt sei und deswegen müsse man sich gegen diese Islam und seine Ausweitung selbst behaupten; man habe ein Selbstbehauptungsrecht. Die Gastarbeiter habe man nie als Sesshafte gewollt. Und: sonst geht es uns wie den Indianern in Amerika, die heute in Reservaten leben.

Die Aufladung von Angst und Wut zum Ressentiment im Populismus der AfD und des bayerischen Innenministers Herrmann.

Seit dem Erfolg der 10.000 in Dresden beeilen sich die Sprecher der rechtspopulistischen Partei AfD sich an die Seite dieser Bewegung zu stellen und sie zu unterstützen: Innerhalb von Stunden haben sich die Sprecher der AfD mit der Kampfbewegung gegen die Islamisierung des Abendlands gemein gemacht: Nicht nur Lucke mit dem Statement, dass er das gut und richtig finde, nicht nur der rechte Flügelmann der AfD in Düsseldorf, Heumann, der zugleich gegen die multikulturelle Selbstauflösung der deutschen wettert, sondern auch der deutschnational orientierte Vorsitzende der brandenburgischen AfD, Alexander Gauland.

Die rechtspopulistische Spitze aber schoss der gegenwärtige bayerische Innenminister Herrmann in der Sendung von Maibrit Illner am 11. Dezember 2014 ab, als er nicht nur der rechten Flügelfrau der AfD in Sachsen, Frauke Petry wohlwollend zunickte, sondern selbst eine ungeheure, im Ergebnis demagogische Äußerung wie ein Mantra wiederholte, ohne dass dies in dieser Sendung zurechtgerückt worden wäre: Herrmann hat unterstellt, dass zwei Drittel der Asylbewerber de facto abgeschoben werden könnten.

Er hat die einschlägigen Zahlen des hier kompetenten Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, das in Nürnberg/Bayern ansässig ist, in seiner asylfeindlichen Haltung nicht zur Kenntnis genommen. Diese Zahlen und Trends sehen völlig anders aus. Danach sind z. B. zusammengefasst in den letzten drei Monaten (September bis November 2014) die Hälfte der ins Land gekommenen Asylflüchtlinge aus den Ländern der traumatisierenden Bürgerkriege in Syrien, im Irak, in Afghanistan und im Krisenbogen, der sich bis Nordafrika hinzieht. Jeder, der nur einen Rest an Empathie aufbringt, weiß um die verheerende Lage dieser Flüchtlinge und auch den Bedingungen ihrer Einreise. (Zwei Drittel der deutschen Bevölkerung teilen diese Empathie – trotz Hermann und AfD.) Der größere Anteil der übrigen in diesen drei Monaten Eingereisten sind Sinti und Roma aus Ex Jugoslawien und anderen Ländern. Sie sind - erst recht seit den verheerenden Nachfolgekriegen Jugoslawiens - das Hassobjekt der jeweiligen neuen Länder.