KÖLN. (hpd/ibka) Der dritte und letzte Tag der Convention begann mit einem Beitrag über die bayrische Feiertagsgesetzgebung, unter anderem gefolgt von Referaten zum Dschihad in Afrika sowie einem Vergleich der "gottlosen" Verfassung der USA mit der tatsächlichen Verquickung von Staat und Religion und der daraus resultierenden Tätigkeit der "Freedom From Religion Foundation" (FFRF).
Assunta Tammelleo
Auf die besondere Feiertagsgesetzgebung in deutschen Bundesländern und im Speziellen in Bayern machte Assunta Tammelleo vom "Bund für Geistesfreiheit" (bfg) München aufmerksam.
Zunächst stellte sie dar, dass an den sogenannten stillen Feiertagen, wie beispielsweise an Karfreitag, öffentliche Tanzveranstaltungen gesetzlich verboten seien, selbst wenn sie in geschlossenen Räumen stattfänden und alle üblichen Lärmauflagen einhielten. Um gegen diese den Anders- und Nichtgläubigen gegenüber intoleranten Vorschriften vorzugehen, habe sich der bfg 2007 entschlossen, an Karfreitag eine "Religionsfreie Zone" einzurichten, um ein Bußgeldverfahren zu provozieren. Dies sei die notwendige Voraussetzung, um als betroffene Organisation gegen die Feiertagsgesetzgebung zu klagen. Eine besondere Herausforderung sei gewesen, angesichts hunderter anderer illegaler Feiern auf sich aufmerksam zu machen. Dank der Empörung der katholischen Kirche (die Religionsfreie Zone käme einer "Aufforderung zum Rammeln" gleich) sei es gelungen, die Höchststrafe von 10.000 Euro bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften angedroht zu bekommen. Und tatsächlich folgte ein Bußgeldbescheid von 300 Euro. Damit habe sich der bfg durch die Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht geklagt, wo die Feststellungsklage bereits seit 2010 aus unerfindlichen Gründen ruhe.
Tammeleo gab abschließend zu bedenken, dass auch angesichts der zahlreichen übrigen Tage im Jahr, an denen kein Tanzverbot bestehe, solche religiös motivierten Vorschriften einen Weg für Forderungen anderer Religionsgemeinschaften vorzeichneten, ihrerseits eigene Feiertage gesetzlich schützen zu lassen. In Bayern gebe es sogar immer wieder Versuche, die restriktive Gesetzgebung noch weiter auszubauen.
Leo Igwe
Einen guten Anfang am frühen Morgen des letzten Konferenztages machte der sehr enthusiastisch sprechende Leo Igwe aus Nigeria. Sein Thema waren Gotteskrieger des Dschihad in Afrika. Doch zunächst appellierte er an das überwiegend europäische Publikum, den Kampf gegen die Meinungsfreiheit in Europa aufzuhalten. Das Motto der Tagung "Give Peace a Chance" sei immer an ein Gegenüber gerichtet; diese Forderung habe immer einen Adressaten. Betrachte man die Probleme in Afrika, gebe man immer viel zu schnell der westlichen Politik die Schuld, welche diese Probleme erst hervorgebracht habe. Doch müsse man die Aufmerksamkeit vor allem auf die religiöse Motivation der radikalen Gruppen in Afrika richten.
Igwe fragte, was die Islamisten eigentlich noch alles von den Menschen in Afrika wollten. Man habe bereits die arabische Kultur angenommen, habe arabische Namen, sei bereits Moslem und zwinge sogar seine Töchter, einen Hidschab zu tragen. Die Entwicklungshilfe aus Ländern wie Saudi Arabien sei immer an die Bedingung geknüpft, ihr Land weiter zu islamisieren. Nigeria sei in vielen Fällen gar nicht in der Lage, Entscheidungen zu fällen. Man warte immer auf die Befehle aus Saudi Arabien. Die Vorstellungen von Frieden, die dschihadistische Gruppen ebenfalls hätten, sei komplett verschieden von jenen, welche nichtmuslimische Menschen hätten. Frieden und Glück gebe es für jene nur im Paradies und die Eintrittskarte erhalte man durch den Märtyrertod im heiligen Krieg und durch Selbstmordattentate. Schlage nun die westliche Welt den Weg des Kampfes gegen diese Gruppen ein, gebe man ihnen eigentlich genau das, was sie wollten. Sterben für Mohammed sei das Größte für sie. Somit sei der Kampf nicht die richtige Entscheidung.
Wolle Europa Afrika im Kampf gegen diese Fundamentalisten helfen, solle man weiterhin zu seinen Idealen stehen und nicht aufgrund falsch verstandener Toleranz einfach alles hinnehmen. Menschen, die ihre Ideale aus Büchern zögen, welche in Höhlen geschrieben wurden, sollten nicht allzu ernst genommen werden. Dennoch sollte man diese Menschen nicht aggressiv beleidigen. Mit ihnen reden und ihnen deutlich machen, dass ihre Vorstellungen falsch und schlecht für die Menschen seien, sei der bessere Weg.
Igwe wünsche sich eine Kampagne, welche Abtrünnige unterstützte. Auch die Politiker Europas könnten eine große Hilfe sein. Diese müssten sich weigern weg zu schauen und endlich für wirkliche Meinungsfreiheit kämpfen.
Valentin Abgottspon
Valentin Abgottspon stellte die Arbeit der Freidenkervereinigung der Schweiz vor, die sich seit der Gründung 1908 für Laizität, Säkularisierung, Humanismus, Aufklärung sowie Wissenschaft einsetze und sich als Interessenvertretung der Konfessionsfreien verstehe.
Die Freidenker seien sehr aktiv bei der Organisation sowohl von Ritualen wie beispielsweise Hochzeits- und Abschiedsfeiern als auch in der Veranstaltung von freidenkerischen Ereignissen, darunter dem Denkfest, dem Welthumanistentag, dem Tag der Menschenrechte und einem “Camp Quest” genannten Sommerlager für neugierige Kinder. Damit machte er deutlich, dass sich die Vereinigung nicht als bloße Gruppierung von Menschen verstehe, die religiöse Glaubensvorstellungen ablehnten, sondern als eine Organisation, die proaktiv humanistische Werte präsentiere. "Aufs Maul schauen, statt aufs Maul hauen" – das sei das Motto, nach welchem Humanisten es niemandem durchgehen lassen sollten, von sogenannten christlichen Werten zu sprechen, wenn eigentlich von den allgemeinen Menschenrechten und der Demokratie die Rede sei, die der Aufklärung entspringen.
Ebenfalls berichtete Abgottspon von seinen Erfahrungen als Lehrer an einer öffentlichen Schule im Kanton Wallis und der fristlosen Kündigung, die ihm ausgesprochen worden war, nachdem er sich auf geltendes Recht berufen und das Kruzifix in seinem damaligen Klassenzimmer abgehängt hatte. Damit lieferte er auch ein Beispiel für sein Schlussplädoyer: Freidenker sollten nicht nur frei-denken, sondern auch frei-handeln.
Michael Nugent
Die Nachricht vom am Tag zuvor getroffenen Votum in Irland, die Ermöglichung der Homoehe, erreichte hier bei uns in Köln auch den Iren Michael Nugent (Atheist Ireland). Nugent begrüßte das Referendum und sagte, er habe es immer noch nicht realisiert. Dieses Ergebnis werde Irland in einer noch nicht absehbaren Weise verändern.
Anlässlich des Mottos "Give Peace a Chance" zeigte Nugent fünf Schritte auf, wie wir zu einem friedvollen Miteinander gelangen könnten. Der erste Schritt sei, gegen Gewalt aufzustehen. In Irland beinhalte dies schon immer das Aufstehen gegen den Terror der IRA und ihrer politischen Ableger. Des Weiteren solle man immer um einen respektvollen Dialog bemüht sein. Die bisher erreichten Erfolge hätten nicht erzielt werden können, wenn man nicht schon immer respektvoll mit seinem Gegenüber umgegangen wäre. Drittens sei es wichtig, an die Menschenrechte zu appellieren. Darüber hinaus nannte Nugent die Notwendigkeit, politisch aktiv zu sein. Nur durch politisches Engagement könne man Veränderungen bewirken. Auch solle man mit allen Parteien in Verbindung treten und versuchen, säkulare Themen auf die Agenda zu bringen. Nugents letzter Punkt sei der Wunsch nach säkularen Schulen. Er kritisiert den tendenziellen Religionsunterricht in staatlichen Schulen. Es müsse Kindern ermöglicht werden, einen objektiven Unterricht genießen zu können.
Annie Laurie Gaylor
Zwar ist die Verfassung der USA komplett "gottlos" und säkular, doch bis heute ist die Verquickung von Staat und Religion Quelle für Diskriminierungen Anders- und Nichtgläubiger in den Vereinigten Staaten. Der Missachtung der konstitutionell garantierten Religionsfreiheit entgegenzutreten ist Ziel der Freedom From Religion Foundation (FFRF), die Annie Laurie Gaylor auf der Tagung vorstellte.
Die Stiftung ist 1976 von ihr und ihrer Mutter, einer Abtreibungsaktivistin, gegründet worden, nachdem beide in den USA und weltweit herumgereist waren und feststellen mussten, dass restriktive Reproduktionsgesetze noch im 20. Jahrhundert für unzählige Tode von Frauen verantwortlich waren. Von diesen anfangs zwei Mitgliedern sei sie inzwischen auf über 22.000 angewachsen. War die Stiftung einst noch komplett von Freiwilligen organisiert, so verfügt sie über nunmehr 16 Vollzeitstellen, sowie ein kleines Radio- und TV-Studio.
Ein großer Teil der Arbeit besteht in der juristischen Arbeit. Bereits ein Jahr nach der Gründung gelang es, die üblichen Segnungen bei Abschlussfeiern in Universitäten abzuschaffen. Mittlerweile seien 56 Klagen eingereicht worden, die alle mit dem Verhältnis von Staat und Religion zu tun hätten. Dass das Recht auf Seite der Säkularen sei, aber es an der Durchsetzung mangele, zeigte Gaylor an konkreten Beispielen auf, bei denen beispielsweise Schüler Schikanen und Ausgrenzungen ausgesetzt seien, weil sie sich nicht an religiösen Riten in den Schulen beteiligten. Noch immer seien solche Fälle traurige Realität. Doch das Wachstum und die Errungenschaften der FFRF machten klar: Der Säkularismus greift um sich und hat Erfolg!
Alle Redebeiträge der Internationalen Atheistischen Convention "Give Peace A Chance" werden noch 2015 als DVD Box erscheinen. Die Box wird als zweite Tonspur die Simultanübersetzung enthalten. Das Erscheinen wird auf www.ibka.org mitgeteilt.