Amnesty International

Folter in China gezielt eingesetzt

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Die Große Halle des Volkes auf dem Tian’anmen-Platz ist das Parlamentsgebäude der Volksrepublik China.
Die Große Halle des Volkes auf dem Tian’anmen-Platz

BERLIN. (ai) Offiziell ist Folter in der Volksrepublik China per Gesetz verboten. Das hindert die Polizei allerdings nicht daran, systematisch Verdächtige zu quälen, bis sie ein Geständnis liefern. Wie der neue Bericht "No End in Sight: Torture and Forced Confessions in China" von Amnesty International belegt, werden auch Anwälte Opfer von Misshandlungen und Folter.

"Das chinesische Rechtssystem verlässt sich zu einem großen Teil auf Geständnisse, die durch Misshandlungen und Folter erzwungen werden", sagt Verena Harpe, China-Expertin bei Amnesty International in Deutschland. "Der neue Amnesty-Bericht beweist: Gerade Anwältinnen und Anwälte, die sich für Opfer staatlicher Gewalt einsetzen, werden bedroht, belästigt - und selbst gefoltert", so Harpe weiter. "So sollen sie davon abgeschreckt werden, Fälle von Menschenrechtsaktivisten und Angehörigen unterdrückter Minderheiten zu übernehmen."

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Ein Beispiel: Anwalt Tang Jitian wurde im März 2014 mit drei Kollegen von Sicherheitskräften festgenommen, als sie Foltervorwürfen in einem Geheimgefängnis in Jiansanjiang, einer Stadt im Nordosten Chinas, nachgingen. "Ich wurde an einen eisernen Stuhl gefesselt, mir wurde ins Gesicht geschlagen, gegen die Beine getreten und mit einer vollen Plastikflasche so stark gegen den Hinterkopf geschlagen, dass ich das Bewusstsein verlor", sagte Tang Jitian Mitarbeitern von Amnesty International. Er ist einer von 37 Anwälten, mit denen Amnesty gesprochen hat. Zehn von ihnen berichteten von Folter und Misshandlungen durch die Polizei, unter anderem in Form von Schlägen, Schlafentzug und stundenlangem Gefesseltsein.

"Trotz einer Reihe rechtlicher Reformen hat es die chinesische Regierung in den vergangenen fünf Jahren nicht geschafft, Folter durch Polizisten zu verhindern und damit internationales Recht durchzusetzen", sagt China-Expertin Harpe.

"Amnesty International hat 590 Gerichtsurteile aus diesem Jahr analysiert, in denen die Angeklagten angaben, sie seien durch Folter zu Geständnissen gezwungen worden", so Harpe. In 16 Fällen ließen die Gerichte Einsprüche gegen die Geständnisse zu, nur in einem Fall endete der Prozess mit einem Freispruch. "Amnesty International fordert die chinesische Regierung dazu auf, das System aus Folter und Misshandlungen abzuschaffen", sagt Harpe. "Menschenrechtsaktivisten und Anwälte müssen ohne Angst vor willkürlichen Festnahmen und Folter arbeiten können; erzwungene Geständnisse dürfen vor Gericht nicht mehr als Beweismittel gelten."

Pressemitteilung von Amnesty International