PEARLS vor Ort

Lernen und Lehren in Rumänien

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Kinder in Cozmesti School
Kinder in Cozmesti School

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Angela Casariu
Angela Casariu

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Gabriela Conea
Gabriela Conea

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Strassengabelung vor dem Schulgebäude
Strassengabelung vor dem Schulgebäude

BERLIN. (hpd) Wer bei einer Reise nach Rumänien ausschließlich an Armut, desolate Zustände in staatlichen Kinderheimen und Folterplätze der USA denkt, malt zweifelsohne ein zu düsteres Bild dieser aufstrebenden Region in Südosteuropa.

Gerade erst wurde ein neues Kabinett unter Ministerpräsident Dacian Ciolos eingesetzt, das bis zu den nächsten Wahlen im Herbst 2016 die Regierungsgeschäfte übernehmen soll. Das vorherige trat nach Massendemonstrationen und Korruptionsvorwürfen überraschend Anfang November zurück.

Bereits im Jahr 2011 wurde ein neues Bildungsgesetz verabschiedet, welches das bisher gültige Gesetz aus dem Jahr 1998 ersetzt.

Gabriela Conea, Schulinspektorin für EU Projekte in Iasi (Rumänien), beschreibt die größten Herausforderungen und Hoffnungen der engagierten PädagogInnen in Rumänien: Die drei größten Probleme im Bereich Bildung sieht G. Conea unter anderem in der großen Kluft, die zwischen den Unterrichtsmethoden vieler LehrerInnen und den Bedürfnissen der neuen Generation von SchülerInnen klaffen. Auch das Problem des Schulabbruches wird genannt. Viele LehrerInnen entscheiden sich nach der Universität dann doch für andere, lukrativere Berufe. Im ersten Berufsjahr verdienen ausgebildete LehrerInnen nur 200 Euro pro Monat.

Frau Conea ist jedoch sehr optimistisch im Hinblick auf PEARLS, einem neuen EU Projekt, in dem auch ein rumänisches Team mitarbeitet. Sie hat bereits sehr gute Erfahrungen mit anderen Projekten der EU gemacht und sieht große Chancen in der europäischen Zusammenarbeit und Entwicklung von Strategien. Besonders der Schutz von Kindern und Jugendlichen, die gefährdet sind, die Schule vorzeitig zu verlassen, ist nötig für Schulen in ländlichen Gegenden. Durchschnittlich 12 Prozent der jungen Menschen verlassen europaweit ohne Schulabschluss vorzeitig die Schule, in Rumänien beträgt die Zahl sogar 17 Prozent. Das hier wiederum ein besonders hoher Anteil von Roma Kindern betroffen ist, scheint so gut wie sicher. Immer noch werden europaweit Mitglieder der "Roma Communities" diskriminiert und nicht gefördert.

PEARLS Projekt Konsortium at Gipsy Eye Association in Pascani, Rumänien

PEARLS Projekt Konsortium at Gipsy Eye Association in Pascani, Rumänien

Angela Casariu, Lehrerin, Gewerkschaftsaktivistin und Verantwortliche für EU Projekte in Pastani (Rumänien) äußert sich im Rahmen des 2. PEARLS Treffens ebenfalls zum erhofften Einfluß des PEARLS Projektes auf die Situation in der Cozmesti Schule in Pascani.
 

hpd: Was hat Sie bewogen, am PEARLS-Projekt teilzunehmen?

Angela Casariu: Im Hinblick auf die chronische Unterfinanzierung rumänischen Bildungswesen stellen EU Projekte eine wunderbare Möglichkeit dar, wichtige Probleme in Schulen zu lösen.

Es gibt sehr viele Kinder, die Unterstützung brauchen, gleichgültig ob sie Minderheiten angehören oder der Mehrheitsgesellschaft.

Die Prozesse, die wir mit Hilfe von EU Projekten initiieren können, helfen uns, die Bedürfnisse unserer SchülerInnen zu lösen.

Gleichzeitig ermöglichen Projekte wie PEARLS, unsere LehrerInnen noch besser auszubilden und ihnen neu entwickelte, erfolgreiche Unterrichtsmethoden zu vermitteln. Davon profitieren auch unsere – leider zahlreichen - SchülerInnen, die gefährdet sind von Schulabbruch.

Die Teilnahme an EU Bildungsprojekten bedeutet für uns auch, neue Vernetzungen zu knüpfen, voneinander und miteinander zu lernen und zu lehren und das europaweit. Die Beispiele von gelungenen Methoden und Einheiten können so in großem Maßstab ausgetauscht und übertragen werden.
 

Was brauchen SchülerInnen und LehrerInnen an erster Stelle um erfolgreich zu lernen und zu lehren?

Zunächst einmal benötigen sozial benachteiligte SchülerInnen Verständnis und Empathie für die Lebensumstände. Einige brauchen besonders viel Aufmerksamkeit und fordern unsere ganze Unterstützung, weil sie in sehr destruktiven Verhältnissen groß werden. Dies kann ihre Integration in die Gesellschaft erschweren.

Die Charakteristika des Bildungswesens, wie Ausstattung, gut ausgebildete LehrerInnen, Curriculum, sind fraglos wichtig bei der Prevention von Schulabbruch. Die wichtigsten Aspekte jedoch sind das elterliche Interesse in die Ausbildung des Kindes, der genuine Wunsch nach guter Bildung sowie Vertrauen in den Einfluss der Schule auf die Entwicklung des Kindes.

Aus diesen genannten Gründen schätze ich die Ziele des PEARLS Projektes als sehr erfolgversprechend ein, namentlich ein Netzwerk aller Akteure auf- und auszubauen, die involviert werden in Schulaktivitäten, da “variable Haltungen” (wie die Haltung der Eltern der Schule gegenüber; und zukünftiger Bildungsprojekte) wichtiger sind als “objektive Variablen” (wie Lebensumstände, Bildungsstand der Eltern, Schichtzugehörigkeit).
 

Welche Erfolge können Sie bis zu diesem Zeitpunkt verzeichnen?

Bisher scheint mir der größte Erfolg der starke Teamgeist bei diesem Projekt. Es gibt einen intensiven Austausch unter den PartnerInnen der verschiedenen Länder und ich bin ausgesprochen optimistisch, das wir erfolgreich sein werden.

Die LehrerInnen der Cozmesti Schule sind der Ansicht, dass die Teilnahme an diesem Projekt eine wunderbare Gelegenheit darstellt, ein für benachteiligte Kinder lern- und entwicklungsfreundliches Klima zu etablieren.
 

Wie ist ihre Haltung im Hinblick auf die neue Interimsregierung in Rumänien?

Wir können nur hoffen, dass nun endlich einige wichtige Bereiche angegangen werden um eine bessere Lebensqualität zu erreichen, auch und vor allem im Bereich Bildung. Unglücklicherweise sind die Probleme im Bildungswesen sehr eng gekoppelt an die Probleme der rumänischen Gesellschaft allgemein. Das sind: Die hohe Armut, hohe Arbeitslosigkeit und die vielen benachteiligten Menschen, die (noch) nicht intergriert sind.

Nichtsdestotrotz gibt es viele LehrerInnen, die sehr gute Arbeit leisten, die ihren Beruf als Profession begreifen und dieser voller Hingabe nachgehen. Diese Lehrenden haben Generationen von SchülerInnen und StudentInnen inspiriert und das Wissen darum erfüllt mit Zufriedenheit. Denn trotz der großen Verantwortung und vieler Hindernisse ist der Lehrberuf eine noble Aufgabe.
 

Das Interview führte Susan Navissi für den hpd.