150 Jahre Paragraf 218 – Zeit, ihn endlich in den Ruhestand zu schicken!

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Berlin, 29. September 1990: Protest gegen Paragraf 218 am Checkpoint Charlie
Protest gegen Paragraf 218 (1990)

Wirft man einen Blick in die Geschichte des "Abtreibungsparagrafen", so wird nicht nur die mehrfach gespaltene Moral deutlich, es zeigt sich auch, wie wenig es um "Lebensschutz" und Menschenwürde oder Demokratie und Humanität geht. Es geht um die Kontrolle weiblicher Reproduktionsfähigkeit und um die Durchsetzung von Herrschaftsansprüchen sowie um bevölkerungspolitische Interessen. Ein historischer Überblick von Gisela Notz.

Diejenigen, die dafür eintraten, dass die Frauen selbst entscheiden sollten, ob und wann sie (eigene) Kinder haben wollten, hatten es immer schwer. Auf diese Situation antworteten die sozialen Bewegungen der 1920er Jahre und die "neue Frauenbewegung" der 1970er Jahre mit ihren Protesten. Darauf will ich in diesem Artikel vor allem eingehen. Abschließend wird die Situation nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten beschrieben und die Veränderungen aufgezeigt, die leider nicht von ähnlich lautstarken Protesten begleitet waren. 

Entstehung des Paragrafen 218

Der Paragraf 218 des Strafgesetzbuches wurde nach der Gründung des Deutschen Reiches am 15. Mai 1871 in Kraft gesetzt. Er wurde auf der Basis früherer Landrechte verfasst, die zum Teil drakonische Strafen wie bis zu zehn Jahre Zuchthaus im preußischen Landrecht, teilweise aber auch Straflosigkeit in der ersten Schwangerschaftshälfte, wie im bayerischen Kriminal­kodex für Schwangerschaftsabbrüche, vorsahen. Heute noch stehen die Paragrafen 218ff. im 16. Abschnitt "Straftaten gegen das Leben" im Strafgesetzbuch für die Bundesrepublik Deutschland, zwischen Mord und Totschlag und Aussetzung und Fahrlässige Tötung. Damals hieß es, eine Schwangere, "welche ihre Frucht abtreibt oder im Leib tötet", wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Das hat sich nur wenig geändert. Den meisten Frauen der ersten sozialistischen Frauenbewegung war die himmelschreiende Ungerechtigkeit des Paragrafen 218 ebenso klar wie einigen Frauen aus bürgerlichen Frauenorganisationen. Sie wandten sich dagegen, dass das Strafrecht Frauen als Verantwortliche schwer bestraft, während die Ehegesetze sie zu rechtlosen Objekten machten, denn Ehemänner durften ihre Frauen bis 1997 straflos vergewaltigen.

Die Theorie der neuen Ethik

Der Kampf um das Recht auf Selbstbestimmung war immer mit der Kritik an der herrschenden patriarchalen Gesellschaftsordnung verbunden. Helene Stöcker (1869–1943) entwickelte Anfang des 20. Jahrhunderts die "Theorie der neuen Ethik", als Grundlage einer gleichberechtigten Beziehung zwischen Frau und Mann und der erotischen Eigenständigkeit von Frauen. Der Bund für Mutterschutz und Sexualreform, den sie 1905 gründete, verlangte schon damals den freien Zugang zu Verhütungsmitteln, frühzeitige sexuelle Aufklärung und die Streichung des Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch, damit die Frau selbst entscheiden kann, ob und wann sie ein Kind haben will. Dieser Dreiklang wurde von der Pro-Choice-Bewegung bis heute beibehalten.

Im Juni 1909 brachte der 1894 gegründete Bund Deutscher Frauenvereine, ein Zusammenschluss bürgerlicher Vereine, nach heftigen internen Diskussionen, die stark durch den ablehnenden Deutsch-Evangelischen-Frauenbund beeinflusst waren – der Katholische Deutsche Frauenbund war kein Mitglied des bürgerlichen Dachverbandes – eine Petition für eine Reform des Paragrafen 218 in den Reichstag ein. Sie schlug Straffreiheit im Zusammenhang mit einer Fristenlösung vor. Erfolg hatte der Bund bei den im Reichstag vertretenen Herren nicht. Schon damals wurde der Geburtenrückgang beklagt. Die Zahl der "Militärtauglichen" nahm ab. Der Kaiser brauchte Soldaten. Zu allen Zeiten waren Sexualpolitik und Bevölkerungspolitik eng verbunden. Die Sorge um die Frauen spielte keine Rolle. Sie mussten sich gegen ihre eigenen Geschlechtsgenossinnen, gegen die konservativen Männer und die christliche Kirche durchsetzen.

Nach dem Ersten Weltkrieg

Nach dem Ende des Kaiserreichs und der Gründung der Weimarer Republik 1919 konnten Frauen in den Reichstag gewählt werden. Die Proteste gegen den Paragrafen 218, gegen Klassenjustiz und die kirchlichen Moralvorstellungen flammten erneut auf. KPD, USPD und MSPD brachten verschiedene Gesetzentwürfe zur Liberalisierung oder Streichung des Paragrafen ins Parlament ein, eine Mehrheit fand jedoch keiner. Die konservativen Parteien waren stärker als die gespaltene Linke. Diese konnte lediglich erreichen, dass die Zuchthausstrafe 1926 in eine Gefängnisstrafe umgewandelt und 1927 die medizinische Indikation eingeführt wurde, die Abbrüche erlaubte, wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr war.

Der kommunistische Arzt Friedrich Wolf veröffentliche 1929 das sozialkritische Drama "Cyankali", in dem eine Arbeiterin an einer verpfuschen Abtreibung stirbt. Als er und seine Kollegin Else Kienle wegen gewerbsmäßiger Abtreibungen verhaftet wurden, kam es in ganz Deutschland zu Demonstrationen, Protestmärschen und Kundgebungen, auf denen der Freispruch der Ärzte und die Abschaffung des "Klassenparagrafen" gefordert wurden.

Machtübernahme durch die Nationalsozialisten und der Zweite Weltkrieg

Mit Beginn des Nationalsozialismus 1933 fanden alle Aktivitäten gegen den Paragrafen 218 ein Ende. Bereits im Mai 1933 machte die NSDAP alle Reformen rückgängig, die Paragrafen wurden in ihrer alten Form von 1871 wiederhergestellt. Zusätzlich wurde nun auch die Werbung für Abtreibungsmittel bestraft. Die Nazis verschärften aber nicht nur das Abtreibungsverbot. Adolf Hitler verwies auf den Stellenwert der bürgerlichen Familie mit dem Kind als "kostbarstes Gut" des Völkischen Staates. Frauen hätten während der Zeit der Weimarer Republik ihre Aufgaben und Pflichten als Mütter vernachlässigt, um mit den Männern um politische Macht, Berufe und Geld zu konkurrieren.

1935 erlaubte der NS-Staat eugenische Schwangerschaftsabbrüche, die auch unter Zwang durchgeführt wurden. Die Fortpflanzung von nach nationalsozialistischer Ansicht "minderwertigen Volksgruppen" zu verhindern, war jetzt Staatsziel. Es ging nicht mehr einfach um Schwangerschaftsabbruch, sondern um Selektion des Nachwuchses. Ab 1943 stand, für den Fall, dass "die Lebenskraft des deutschen Volkes" fortgesetzt beeinträchtigt wird, Abtreibung unter Todesstrafe für den Täter.

Nachkriegs-Sexual- und Familienpolitik

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die NS-Strafrechtsnovelle durch Gesetze der Besatzungsmächte aufgehoben. Die Abtreibung blieb strafbar; Verhütungsmittel blieben verboten. Nach der doppelten Staatsgründung wurde in der DDR mit dem "Gesetz über den Mutter- und Kinderschutz und die Rechte der Frau" ein Indikationen-Modell zur bedingten Freigabe des Schwangerschaftsabbruchs aus medizinischen und eugenischen Gründen eingeführt. In der ebenfalls neu gegründeten Bundesrepublik wurde erst mit Wirkung vom 4. August 1953 die Todesstrafe für Fremdabtreibung aufgehoben, nachdem mit Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949 faktisch bereits jegliche Todesstrafe abgeschafft war.

Die 1950er Jahre in der BRD waren Hochzeiten der konservativen Sexualpolitik- und der Familienideologie. Die Forderungen nach Selbstbestimmung, die selbstverständlich zu einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft, in der die Menschen gleichberechtigt sind (so stand es im Grundgesetz) gehören, waren nicht durchzusetzen. Einerseits wurde Abtreibung bestraft, andererseits konnten "uneheliche Kinder" nicht den gleichen Rechtsstatus beanspruchen wie eheliche und wurden diskriminiert. Kirchen und Gesetze ließen sexuelle Beziehungen außerhalb der als Träger des Staates geltenden Institutionen Ehe und Familie nicht zu, auch wenn die Realität längst andere Wege ging. Bis 1953 zählte zu den ehelichen Pflichten auch der Geschlechtsverkehr; Verweigerung konnte als Scheidungsgrund angeführt werden.

Angst vor einer unehelichen Schwangerschaft hatten vor allem Frauen, weil sie die Folgen zu tragen hatten. Sexuelle Aufklärung und Verhütung waren in den 1950er Jahren tabu und Verhütungsmittel waren schwer zu bekommen, in einigen Bundesländern waren sie bis 1969 verboten. Aus einem Bericht der 1952 gegründeten pro familia von 1960 geht hervor, dass die Vorurteile der Kirchen gegenüber Familienplanung noch nicht überwunden waren und die Haltung der Ärzte weiterhin ablehnend war. Ab 1961 kam zwar die Anti-Baby-Pille auf Rezept, wodurch die Verhütung von ungewollten Schwangerschaften (zunächst für verheiratete Frauen) wesentlich erleichtert, jedoch samt der gesundheitlichen Folgen, die damals allerdings kaum problematisiert wurden, maßgeblich den Frauen überantwortet wurde. Auch wenn der Paragraf 218 vielfach umgangen wurde, stellte er für die betroffenen Frauen eine unsägliche Härte dar. Da die Preise für eine illegale Abtreibung stark variierten, erschien Abtreibung vor allem als soziales Problem. Das hatte zur Folge, dass viele Frauen ungewollt Kinder bekommen mussten. Viele Ehen (sogenannte "Muss-Ehen") wurden hauptsächlich wegen einer bestehenden Schwangerschaft geschlossen.

Sexuelle Revolution?

Eine Massenbewegung, die im Zusammenhang mit den "neuen Frauenbewegungen" entstand, formierte sich in den 1970er Jahren in der BRD in den Kampagnen gegen den Abtreibungsparagrafen 218. Frauen aller Bevölkerungsgruppen gingen gemeinsam auf die Straße, verteilten Flugblätter, sammelten Unterschriften, entwickelten neue phantasievolle Aktionsformen, organisierten Busfahrten zur Abtreibung in das liberalere Holland. Der Slogan "Mein Bauch gehört mir!" wurde zum Markenzeichen des bundesdeutschen Feminismus. Er artikulierte die Forderung nach Selbstbestimmung über den eigenen Körper, nach der ersatzlosen Streichung des Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch, nach umfassender sexueller Aufklärung, selbstbestimmter Sexualität und freiem Zugang zu Verhütungsmitteln.

Die Forderungen nach Liberalisierung des Rechts wurden von scharfen Debatten und Protesten, besonders von fundamentalistischen Christen, aber auch von Vertretern der beiden Kirchen, begleitet.

In die Geschichte eingegangen ist Alice Schwarzers Selbstbezichtigungskampagne, die im Stern am 6. Juni 1971 auf der Titelseite veröffentlicht wurde: "Wir haben abgetrieben". "Millionen Frauen treiben ab – unter erniedrigenden und lebensgefährlichen Umständen. Ich gehöre dazu – ich habe abgetrieben... Wir fordern ersatzlose Streichung des Paragrafen 218 ... Sexuelle Aufklärung für alle und freien Zugang zu Verhütungsmitteln". Das unterschrieben 86.100 Frauen innerhalb von zwei Monaten. Polizeiaktionen folgten, aber eingeleitete Verfahren wurden eingestellt, denn Tausende von Anklagen hätten den revoltierenden Frauen in die Hände gespielt.                                                                                                                                                                                                                                                     

Nachdem die Unterschriften dem Justizminister übergeben worden waren, kamen mehrere Entwürfe zur Reform des Strafrechts in den Bundestag. Am 18. Juni 1974 trat auch in der BRD die Fristenlösung, die einen Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft straffrei lässt, in Kraft. In der DDR hatte die Volkskammer bereits am 9. März 1972 das "Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft", das eine Fristenlösung bei Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ersten drei Monate und keine Zwangsberatung vorsah, verabschiedet.

Die Fristenlösung in der BRD galt nur drei Tage, denn die CDU/CSU hatte das Bundesverfassungsgericht angerufen, das eine einstweilige Anordnung erließ, weil sie verfassungswidrig sei. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Februar 1975 bestätigte die Grundgesetzverletzung der Fristenregelung mit der Argumentation: "Das sich im Mutterleib entwickelnde Leben steht als selbständiges Rechtsgut unter dem Schutz der Verfassung (…) und hat auch Vorrang vor dem Selbstbestimmungsrecht der Frau." Am 12. Februar 1976 verabschiedete der Bundestag ein neues Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch, das sogenannte Indikationenmodell. Am 18. Mai 1976 trat die Neufassung des Paragrafen 218 StGB in Kraft.

Das Gesetz sah grundsätzlich eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe für Ärzte vor, die Abbrüche vornehmen. Beging die Schwangere selbst "die Tat", so wurde sie mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr bestraft. Bei medizinischer (Gefahr für die Mutter), kriminologischer (Vergewaltigung, Inzest), eugenischer (Behinderung des Kindes) und "Notlagenindikation" (psychische und soziale Ausnahmesituationen) konnte Frauen der Abbruch gewährt werden – oder auch nicht.

Ohne die gesetzlich vorgeschriebene Beratung der Schwangeren war schon nach dieser Regelung kein straffreier Abbruch bis zur 12. Schwangerschaftswoche möglich. ExpertInnen waren sich darüber im Klaren, dass eine verordnete Beratung die Chance verringert "bei einem Schwangerschaftskonflikt eine in Offenheit und die Würde der Frau achtende Beratung durchzuführen", so die damalige Vorsitzende von pro familia Melitta Walter.

Im Zuge der "Wiedervereinigung"

Als sich der Beitritt der DDR zur BRD anbahnte, galten in Ost und West unterschiedliche Abtreibungsgesetze. Eine erste Demonstration gegen die Ausweitung der restriktiveren westdeutschen Version auf Ostdeutschland fand bereits am 22. April 1990 vor der Volkskammer der DDR statt. Am 16. Juni 1990 demonstrierten in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn etwa 10.000 Menschen für und etwa 3.000 gegen die ersatzlose Streichung des Paragrafen 218. Es folgten heftige öffentlichen Debatten über die künftige Regelung des Schwangerschaftsabbruchs und die entsprechenden Formulierungen im Einigungsvertrag.

Die Hoffnung frauenpolitischer Organisationen und vieler Frauen, vor allem aus der DDR, die die Position vertraten, dass die weitergehende Regelung der Fristenregelung für beide Teile Deutschlands gelten müsse und die Zwangsberatung zu streichen sei, wurde nicht erfüllt. Mit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 galten für das "neue Deutschland" schließlich zwei verschiedene Regelungen. Am 28. Mai 1993 wurde mit Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine Übergangsregelung für das gesamte Bundesgebiet verabschiedet, die ab 16. Juni 1993 galt.

Am 1. Oktober 1995 trat das noch geltende Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz in Kraft, das den Paragrafen 218 erneut reformierte. Das in der DDR geltende Recht auf Abtreibung wurde damit abgeschafft. Schwangerschaftsabbrüche stehen vielmehr weiterhin im Strafgesetzbuch. Abtreibungen nach medizi­nischer oder kriminologischer Indikation sind straffrei. Abtreibungen können außerdem trotz ihrer Rechtswidrigkeit straffrei bleiben, wenn die ungewollt Schwangere sich einer Pflichtberatung unterzieht und danach eine Bedenkzeit von drei Tagen bis zum Abbruch einhält. Die verpflichtende Beratung war vor allem für DDR-Frauen ein Schritt zurück, die "West-Frauen" hatten sie ja schon. Diese Beratung soll zwar "ergebnisoffen" geführt werden, aber auch dem "Schutz des ungeborenen Lebens dienen", zwei Ziele, die sich offensichtlich widersprechen und die Handschrift der selbsternannten "Lebensschützer" tragen.

Die neue Abtreibungsdebatte

"Weg mit dem Paragrafen 218" verschwand zunächst aus dem Vokabular der Frauenbewegungen. Sie haben sich mit der Drei-Monats-Fristenregelung mit Pflichtberatung arrangiert. Christliche Politiker forderten immer wieder eine "Nachbesserung" des Kompromisses von 1995. Die CSU/CDU hat die emotional aufgeladene Diskussion neu eröffnet, indem sie 2008 einen Gesetzentwurf zu Spätabtreibungen vorlegte, mit dem sie eine ins Stocken geratene Debatte wieder in Gang bringen wollte und die trotz heftiger Gegenwehr eines Bündnisses von PolitikerInnen und Beratungsverbänden zu einer Verschärfung der gesamten medizinischen Indikation führte.

Es gibt weder historisch noch aktuell Anhaltspunkte dafür, dass Bestrafungen zu weniger Schwangerschaftsabbrüchen und damit zu mehr Geburten führen. Je restriktiver die Gesetze sind, desto eher wird der Schwangerschaftsabbruch zum sozialen, gesundheitlichen und ökonomischen Problem für die Frau. Unsachgemäße Schwangerschaftsabbrüche sind weltweit die Hauptursache für den Tod schwangerer Frauen. Daraus wird deutlich, wie notwendig ein Recht auf einen sicheren Schwangerschaftsabbruch ist, um die sexuelle Gesundheit von Frauen zu gewährleisten.

International wurde das Recht auf sexuelle und reproduktive Gesundheit als Ziel im Abschlussdokument von den an der UN-Konferenz für Bevölkerung und Entwicklung 1994 in Kairo teilnehmenden Staaten festgeschrieben. Sexualität, Partnerschaft, Fortpflanzung und Familienplanung sind durch individuelle und kollektive Menschenrechte geschützt. Sie sind weitgehend von öffentlicher Kontrolle, staatlichem und moralischem Druck sowie angstmachendem Fundamentalismus freizuhalten.

Es ist schwierig, die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch oder das Austragen einer (ungewollt) eingetretenen Schwangerschaft ohne Fremdbestimmung treffen zu können, solange der Paragraf 218 im Strafgesetzbuch steht und solange die Abtreibung ein moralisches Problem ist. Frauen und Männer müssen Unterstützung zur Wahrnehmung ihrer Rechte erfahren, unabhängig von ihrer Herkunft, sozialen, ökonomischen und gesundheitlichen Situation.

Notwendige Forderungen sind auch heute noch: umfassende und leicht zugängliche Informationen, verbesserte Aufklärung über Sexualität und Verhütung und der freie Zugang zu Verhütungsmitteln. Notwendig ist der Ausbau qualifizierter, freiwilliger Schwangerenberatung und – bei ungewollter Schwangerschaft – der Zugang zu sicherem Schwangerschaftsabbruch. Zu seinem 150. Geburtstag sollte das Gesetz auch in der Bundesrepublik in seinen "wohlverdienten Ruhestand" geschickt werden. Es hat schon viel zu viel Schaden angerichtet. Schwangerschaftsabbruch muss zum Teil der Gesundheitsversorgung werden.

Heute und morgen findet ein Online-Kongress zum Thema "150 Jahre Paragraf 218" statt.

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