Wem gehört Deutschland?

BERLIN. (hpd) Jens Berger steuert mit seinem neuen Buch eine gelungene Untersuchung zur Vermögensdebatte bei. Berger klärt über die Verhältnisse in Deutschland auf, anstatt anzuklagen. Er geht in seinem neuesten Buch sehr objektiv und verständlich vor und spart dabei nicht an Beispielen und Vergleichen.

Doch ist dies für mich ein weiteres Buch, welches den Leser mit vielen interessanten Informationen füttert und am Ende empörter über die Verhältnisse zurücklässt. Berger schafft es mit sorgfältiger Recherche über die Arm- und Reichtumsverteilung hinaus, die ganze Bandbreite dieser Thematik in dem Buch abzubilden.

Das Buch ist gespickt mit Zahlen, Statistiken und tollen ‘wussten sie schon’- Schaukästchen, doch schafft es Berger den Leser bei Interesse zu halten durch eine sinnvolle Argumentationsstruktur. Berger geht es hierbei weder um eine Neiddebatte, noch ist das Buch populistisch oder links fokussiert. Jens Berger schreibt unaufgeregt, das Buch ist sehr sachlich und lässt die realen Zahlen und Daten für sich sprechen.

Sehr fundiert und klar strukturiert zeigt er in dem ersten Teil des Buches auf, warum und wieso die jetzige, ungleiche Situation in Deutschland so ist, wie sie ist. Leider sind die Graphiken und Abbildungen teilweise unglücklich gewählt, ohne eindeutige Aussagekraft oder einfach schlecht lesbar.

In 12 Kapiteln schreibt Berger quasi eine Art Vermögensbericht, der seinesgleichen erst noch suchen muss. Er schlägt dabei den Bogen von Unternehmen, Selbstständigen, Erben über Medien hin zu Altersvorsorge und Weiterem. Der Autor webt einen roten Faden in die letzten 25 Jahre der neoliberalen Finanzpolitik und verbindet diesen gelungen mit Vermögen, Immobilien, Steuern etc.
Berger erwähnt nur kurz Reaganomics und Thatcherismus, bevor er Deutschlands Neoliberalismus seit den 1980er Jahren ausführt. Er legt hierbei stets argumentativ den Finger in die Wunde mit gut belegter struktureller Kritik. Anhand von zahlreichen Erläuterungen versucht Berger, Licht in das Dunkel zu bringen, welches die Reichen in Deutschland statistisch umgibt.

Die Beantwortung der Titelfrage passiert ganz unspektakulär mitten im Buch. Wem gehört Deutschland? Zumindest nicht der deutschen Bevölkerung - nach Berger gehört Deutschland Blackrock. Ein amerikanisches Finanzunternehmen, welches an allen Dax-Konzernen beteiligt ist und bei jedem zweiten sogar den größten Anteilseigner stellt.

Jens Berger zeigt sehr genau auf, wie sich in den letzten 20 Jahren in Deutschland eine kleine, aber superreiche Parallelgesellschaft bilden konnte und wie diese nun ihre gemeinsamen Ziele mit großer Effizienz durchsetzen kann. Laut Berger, hat das reichste 0.1 Prozent der Bevölkerung in Deutschland so viel Geldvermögen wie die untersten 85 Prozent zusammen.

Auch spannend ist das Gesetz zur Vermögenssteuer, welches noch in Kraft ist. Die Bundesregierung verzichtet jedoch freiwillig darauf, dieses Gesetz anzuwenden und somit auch auf die Einnahmen, welche bis 1997 noch an die Bundesländer flossen.
Jens Berger braucht nicht mal das Wort Plutokratie schreiben, das kann der Leser zwischen all den Zahlen und Informationen selbst heraus lesen. Das Buch regt auf jeden Fall zum Nachdenken an, nicht nur mit interessanten Informationen über die sehr Reichen. Über deren Vermögen oder Einkommen gibt es so gut wie keine statistischen Daten, da sie einfach nicht erhoben werden.

Der zweite Teil des Buches kommt m.E. leider zu kurz bzw. zu kurzsichtig daher. Berger stellt seine Ideen von der UmFAIRteilung - mithilfe seines 16 Punkte Plans - vor und zeigt dann daran auf, wie die Vermögensschere wieder mehr geschlossen werden könnte. Dabei geht er neben Steuern auch auf Bildung, Altersvorsorge, Mindestlohn und HartzIV ein. Bergers 16 Punkte sind allerdings weder sehr zukunftsgerecht noch beinhalten sie wirklich neue Ideenansätze, vielmehr könnte man den Eindruck gewinnen, der Autor möchte zu dem Zustand von vor 25 Jahren zurück.

Nachdem im ersten Teil des Buches sehr gut auf die Konsequenzen aufmerksam gemacht wurde, fehlt mir in dem zweiten, sehr kurzen Teil des Buches vermehrt die nötige Schlussfolgerung.
Und ganz am Ende bleibt noch die Frage, ob lediglich eine fairere Vermögensverteilung wirklich zu einer gerechteren und stabilen Gesellschaft führen kann.

Das Thema des Buches müsste dringend öffentlich debattiert werden, Jens Berger steuert mit diesem sachlichen Buch einen wichtigen Beitrag dazu bei.

 


‘Wem gehört Deutschland? Die wahren Machthaber und das Märchen vom Volksvermögen.’ von Jens Berger, Westend Verlag, 224 Seiten, 17,99 Euro, 2014.