Säkulare Sozis auf dem alternativen Kirchentag in Dortmund

"Von Bebel bis Benedikt"

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Das "Elfte Gebot" fordert: "Du sollst Deinen Kirchentag selbst bezahlen"
"Moses" in Münster, 2014

Die säkulare Szene in NRW hat in diesem Jahr ein vielfältiges Alternativprogramm zum evangelischen Kirchentag im Juni entwickelt. So veranstaltet die Initiative "Religionsfrei im Revier" (RIR) in Zusammenarbeit mit der Giordano-Bruno-Stiftung (GBS) und dem Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) wieder einen "Ketzertag", auf dem die kritischen Töne überwiegen. Der in Dortmund ansässige Humanistische Verband NRW feiert seinen traditionellen "Humanistentag" zur Sonnenwende mit einem bunten Straßenfest und zahlreichen Werkstattgesprächen zur selbstbestimmten, durch weltliche Ethik geprägten Lebensführung. Die Säkularen Grünen diskutieren über die überfällige Abschaffung der Staatsleistungen, und auch die Säkularen Sozis sind diesmal mit dabei.

Geplant ist – quasi als Grundlagenarbeit für die säkulare Szene – ein Blick in die Geschichte des Verhältnisses zwischen der Sozialdemokratie und den Religionen/Kirchen. Die SPD war seit ihrer Gründung bis in die fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts eine dezidiert säkulare Partei, die bei den Beratungen zur Weimarer Reichsverfassung und zum Bonner Grundgesetz gegen die klerikalen Kräfte in Zentrum und später CDU eine klarere Trennung von Staat und Kirche durchsetzen wollte. Das Resultat war nur ein Kompromiss.

Mit dem Godesberger Programm 1959 öffnete sich die SPD für die Kirchen, erst für die evangelische, dann für die katholische, später für Muslime. Im Hamburger Programm von 2007 erreichte die religions- und kirchenfreundliche Programmatik ihren Höhepunkt; die säkulare Tradition wurde vernachlässigt.

Der Bonner Historiker Dr. Klaus Gebauer, Mitglied im Sprecherkollegium der Säkularen Sozis, möchte diese Entwicklung anhand der Lektüre ausgewählter Quellen rekonstruieren.

Diskutiert werden unter anderem Auszüge aus religionskritischen Bebel-Texten sowie das sozial-demokratisch geprägte preußische Gesetz zum Religionsunterricht aus der Revolutionszeit 1918.

Die religionspolitischen Reformforderungen aus dem Heidelberger Programm von 1925 werden den affirmativen Positionen aus dem Hamburger Programm von 2007 gegenübergestellt.

Schließlich soll anhand von Passagen aus offiziellen, bis heute gültigen Dokumenten der katholischen Kirche die Frage aufgeworfen werden, ob eine demokratische Gesellschaft partnerschaftlich mit einer Organisation umgehen kann, die als "Stiftung Gottes" über-staatliche Suprematie beansprucht, also wie in vergangenen Jahrhunderten die Vorherrschaft der Kirche über den Staat fortsetzen will.

"Von Bebel bis Benedikt" – Quellenlektüre zum Verhältnis zwischen SPD und Religion / Kirchen mit Dr. Klaus Gebauer, Bonn
Donnerstag, den 20.6.19, 11-14 Uhr, AWO – Klosterstraße 8-10, 44135 Dortmund