Wenn ein Mann mit einem anderen Mann schläft, soll er getötet werden. Basta. Leviticus 20, 13. Das ist keine Meinung, das ist keine Ansicht, das ist kein Diskussionspapier. Es ist der Wille der Gottheit. Es steht so in dem heiligen Buch, dessen Buchstaben die Gottheit haarfein den Autoren eingegeben hat, derweil sie offenbar unfähig ist, bestimmte sexuelle Neigungen, die sie blöd findet, zu unterbinden.
Es wird selten so eingestanden. Aber die Ideologie der katholischen (und vieler anderer) Gottisten ist in ihrer letzten Konsequenz gegen die Grundlagen der Demokratie gerichtet. Nur der Verlauf der Geschichte hat die Kirche dazu gebracht, sich mit den Ideen von Toleranz, Gleichheit und universellem Menschenrecht zu arrangieren. Aussprechen tut man das eher nicht, weder die Kirche noch die heutigen Demokratien. Denn sonst müsste diese Schieflage angegangen werden. Die katholische Kirche müsste sich dazu bekennen, dass die einzige ihr gemäße Staatsform diejenige ist, die sie im Vatikan umgesetzt hat: der Gottesstaat. Ein Staat, in dem eine durchgehend männliche Clique von Priestern über Recht und Gesetz bestimmen kann, basierend auf dem "heiligen" Buch, das ihre Vorgänger vor anderthalb Jahrtausenden zusammengeklaubt haben.
Allein Leviticus 20, 13 als ein Wort eines Gottes schreit in aufgeklärten Zeiten zum, nun ja, Himmel. Denn erstens können wir im 21. Jahrhundert nicht akzeptieren, dass Menschen für einvernehmlichen Sex bestraft werden sollen. Es ist einfach nur eine absurde, zwanghafte Idee. Zweitens ist die Todesstrafe, für was auch immer, schwer mit dem Gedanken der Menschenrechte in Einklang zu bringen – während der biblische Gott eigentlich permanent am Killen von Leuten ist, die ihm nicht in den Kram passen: Er nutzt sogar die von ihm inszenierte Durchführung der Todesstrafe an seinem angeblichen Sohn, um die von ihm angeblich geliebte Menschheit moralisch unter Druck zu setzen. Drittens ist die Idee, es gebe eine andere Welt nach dieser Welt eine Einladung, in dieser Welt unverantwortlich zu handeln; sich über die realen Bedürfnisse unter Berufung auf höhere Ziele hinwegzusetzen. Viertens, natürlich, ist die Vorstellung von "Heiligkeit" und "Gott" ebenso eine, die jeden demokratischen Prozess zerstören kann: Wer sich auf eine Gottheit und ihre unumstößlichen Anweisungen beruft, sieht die Menschen als Schafe und entzieht sich jedem Diskurs.
Dies ist die Frontlinie zwischen Gottismus und Aufklärung, und da man seit einiger Zeit meist Waffenruhe hält, gelingt es immer wieder, diese Frontstellung zu vergessen. In Italien ist jetzt trotzdem mal wieder ein wenig Kanonengegrummel zu hören: Der Vatikan hat den Versuch gewagt, in das Gesetzgebungsverfahren des Staates Italien einzugreifen. Dort steht ein Gesetz gegen Homophobie kurz vor der Verabschiedung. Der Vatikan hat das zum Anlass genommen, per verbaler Protestnote vor diesem Gesetz zu warnen, ein selten gesehener Vorgang. Was ist es, wovor der Vatikan Angst hat? Es könnten, so heißt es, private katholische Schulen nun gezwungen werden, am geplanten Anti-Homophobie-Tag teilnehmen zu müssen. Doch sitzt die Furcht wohl noch ein bisschen tiefer: Homofeindliche Handlungen sollen unter Strafe gestellt werden. Wer sich aktiv gegen Queere wendet, kann dafür ins Gefängnis wandern. Da muss man vielleicht doch ein wenig schlucken als Vertreter einer Organisation, die den Schwulenhass in ihrem heiligen Buch explizit festgeschrieben hat. Ausnahmsweise mal wird in der öffentlichen Diskussion greifbar, was gern allseits verschämt beschwiegen wird: dass eine archaische, sexistische Religion sich gegen unsere Werte stellt, die einzigen, die ein lebenswertes Miteinander ermöglichen könnten.