Bonobos decken Jodbedarf durch Wasserpflanzen

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Bonobos im LuiKotale-Wald im Salonga Nationalpark, Demokratische Republik Kongo, beim Verzehr jodhaltiger Wasserpflanzen.
Bonobos im LuiKotale-Wald im Salonga Nationalpark, Demokratische Republik Kongo, beim Verzehr jodhaltiger Wasserpflanzen.

Forschende des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig haben im Kongobecken erstmals Bonobos dabei beobachtet, wie sie in den Sümpfen nach jodreichen Wasserpflanzen suchen und diese verzehren. Jod ist ein für die Entwicklung des Gehirns und der höheren kognitiven Fähigkeiten äußerst wichtiger Nährstoff. Dem Forschungsteam zufolge erklären diese Beobachtungen möglicherweise auch, wie prähistorische Menschen in der Region ihren Jodbedarf gedeckt haben könnten.

"Die Ergebnisse unserer Studie liefern ein Modell dafür, wie sich prähistorische menschliche Populationen, die in das Kongobecken eingewandert sind, mit dem lebensnotwendigen Mineral Jod versorgt haben könnten", sagt Hauptautor Gottfried Hohmann vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie. "Wenn Bonobos einen ähnlich hohen Jodbedarf haben wie Menschen, dann gibt unsere Studie eine mögliche Antwort auf die Frage, wie vorindustrielle menschliche Migranten im Kongobecken ohne künstliche Jodzufuhr überlebt haben könnten."

Die Forschenden haben das Verhalten zweier Bonobo-Gruppen im LuiKotale-Wald im Salonga Nationalpark in der Demokratische Republik Kongo beobachtet und diese mit Daten über den Jodgehalt der von den Bonobos gefressenen Pflanzen kombiniert. Die Daten sind Bestandteil eines laufenden Forschungsprojektes des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin. Die Ergebnisse belegen, dass die von den Bonobos verzehrten Wasserpflanzen einen überraschend hohen Jodgehalt aufweisen, der im sonst jodarmen Kongobecken eigentlich nicht zu erwarten war.

In küstenfernen Gebieten liefern Wasserpflanzen Jod

"Evolutionäre Szenarien gehen davon aus, dass sich entscheidende Entwicklungsschritte der menschlichen Evolution in Küstengebieten abspielten. Alles deutet darauf hin, dass für die Gehirnentwicklung unserer homininen Vorfahren eine protein- und nährstoffreiche Ernährungsweise notwendig war", sagt Hohmann. "Die Ergebnisse unserer Studie liefern Indizien dafür, wie die an maritime Nahrungsressourcen gewöhnten homininen Populationen bei der Besiedlung kontinentaler Tropenwälder ihren Jodbedarf durch den Verzehr von Wasserpflanzen aus Sümpfen im Wald zumindest teilweise gedeckt haben könnten." Hohmann fügt hinzu: "Unsere Studie beantwortet zum ersten Mal die Frage, wie Menschenaffen Jod aus natürlichen Nahrungsquellen beziehen können. Das Thema ist durchaus nicht trivial, leben doch viele Populationen in Gebieten, die als jodarm bekannt sind. Auch andere Menschenaffen wie Schimpansen und Gorillas wurden bereits beim Verzehr von Wasserpflanzen beobachtet, und auch sie könnten aus diesen Quellen das wichtige Jod gewinnen."

Zukünftige Arbeiten des Teams sollen klären, wie hoch der Bedarf der Menschenaffen an Jod eigentlich ist und wie sich der Jodstatus der Tiere mit der Aufnahme des Minerals verändert. Die hohe Jodkonzentration und die Menge der konsumierten Wasserpflanzen spricht aber für einen relativ hohen Bedarf. Unklar ist ebenfalls, inwieweit die nahe der Feldforschungsstation LuiKotale gemessenen Jodkonzentrationen repräsentativ für das gesamte Kongobecken sind. (SJ, GH)