Bundesverfassungsgericht fällt Urteil zum "Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen"

Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes begrüßt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum "Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen". Das Gericht hatte gestern entschieden, dass die generelle Nichtigkeit von Eheschließungen mit unter 16-Jährigen verfassungskonform ist, jedoch nachgebessert werden muss.

Im Ausland geschlossene Ehen von unter 16-Jährigen können auch in Zukunft ohne Einzelfallprüfung als nichtig erklärt werden – allerdings bedarf es dann genauerer Nachfolgeregelungen, die bislang im Gesetz fehlen1. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht zu der Frage, ob Teile des 2017 in Kraft getretenen "Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen" mit dem Grundgesetz vereinbar sind. 

Terre des Femmes begrüßt das Urteil. Der Minderjährigenschutz bleibt gestärkt. In seiner Mitteilung geht das Bundesverfassungsgericht weiter darauf ein, dass Deutschland in Einklang mit dem Bemühen der Vereinten Nationen agiert, Frühehen weltweit zu ächten und es "entwicklungspsychologisch hinreichend gesichert" ist, dass Kinder unter 16 Jahren die Folgen einer Eheschließung noch nicht abschätzen können.

Lediglich die Folgen einer für unwirksam erklärten Ehe seien bislang nicht ausreichend geregelt – hier muss der Gesetzgeber nun nachjustieren. Insbesondere geht es um die Fragen, wie Unterhaltsansprüche bei einer Nichtigkeit der Ehe geregelt werden und auch, was passiert, wenn die minderjährige Person mit Erreichen der Volljährigkeit an der Ehe festhalten möchte.

Was Terre des Femmes nun fordert:

  • Jede Frühehe muss jetzt genau erfasst werden. Diese Erkenntnisse müssen Eingang in bestehende Präventions- und Beratungsangebote finden.
  • Jede verheiratete Minderjährige muss durch das Jugendamt betreut und über einen längeren Zeitraum umfassend über ihre Rechte aufgeklärt werden – Letzteres ohne Beisein von Familienangehörigen oder des Ehemanns und in ihrer Muttersprache. 
  • Ausländerbehörden müssen die Pflicht haben, eine Ehe mit einer Minderjährigen an das Jugendamt zu melden. 
  • Auch junge Volljährige stellen eine vulnerable Gruppe dar, die umfassend beraten werden muss. 
  • MitarbeiterInnen in den beteiligten Behörden (Ausländerbehörden, Jugendämter, Familiengerichte) müssen über das Phänomen Früh- und Zwangsverheiratungen geschult werden, Verfahrenswege vereinheitlicht und vereinfacht sowie die Anzahl der MitarbeiterInnen in den Jugendämtern massiv aufgestockt werden.

Deutschland muss hier als Vorbild voranschreiten und ein deutliches Zeichen gegen Früh- und Zwangsverheiratungen setzen.


1"Der Gesetzgeber ist grundsätzlich befugt, die inländische Wirksamkeit im Ausland wirksam geschlossener Ehen von einem Mindestalter der Beteiligten abhängig zu machen. Ihm ist es auch nicht von vornherein verwehrt, bei Unterschreiten dieses Alters im Zeitpunkt der Eheschließung ohne Einzelfallprüfung die Nichtigkeit der Ehe anzuordnen. Allerdings bedarf es dann Regelungen über die Folgen der Unwirksamkeit, etwa über Unterhaltsansprüche, und über eine Möglichkeit, die betroffene Auslandsehe nach Erreichen der Volljährigkeit auch nach deutschem Recht als wirksame Ehe führen zu können", so das Bundesverfassungsgericht.

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