Rückschläge für den Einsatz gegen Genitalverstümmelung und Kinderehen

Für das Jahr 2030 hatten die Vereinten Nationen ein Ende der weiblichen Genitalverstümmelung vorausgesehen. Kampagnen in 17 afrikanischen und nahöstlichen Ländern sollten für ein Ende der grausamen Tradition sorgen. Die Covid-19-Pandemie sowie schwere Dürren haben dem nun dramatische Rückschläge beschert. Die Zahl der Genitalverstümmelungen sowie der Verheiratungen Minderjähriger hat in den letzten Monaten wieder zugenommen.

Verhindern Krisen, besonders in Ländern, in denen weibliche Genitalverstümmelung (FGM) und Kinderehen noch nicht der Vergangenheit angehören, dass Mädchen zur Schule oder anderen wichtigen Einrichtungen gehen können, fehlt ihnen nicht nur Bildung – sie sind auch stärker gefährdet, verstümmelt und verheiratet zu werden. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF warnt vor alarmierenden Zahlen. Hatte die Covid-19-Pandemie schon dafür gesorgt, dass Schulen und weitere Einrichtungen geschlossen und Kampagnentätigkeiten gegen Genitalverstümmelung ausgesetzt waren, kommen nun noch Dürren erschwerend hinzu.

Im Februar dieses Jahres sah UNICEF bereits eine Reduktion von 33 Prozent in Bezug auf die Bemühungen, weibliche Genitalverstümmelung zu beenden. Dies allein hätte den 200 Millionen von FGM Betroffenen noch zwei Millionen weitere Mädchen hinzugefügt. Aktuelle Prognosen von Ende Juni 2022 gehen von weit mehr Betroffenen aus und sehen auch einen massiven Anstieg bei der Verheiratung Minderjähriger.

Am Horn von Afrika, in Äthiopien und Somalia, aber auch in Kenia sind zahlreiche Regionen von der schlimmsten Dürre seit 40 Jahren betroffen. Durch die Klimakatastrophe austrocknende Brunnen, sterbende Tiere und die durch den Krieg gegen die Ukraine hohen Preise für Getreide und Treibstoff werden Familien in Armut und zu verzweifelten Handlungen getrieben. Nach Angaben von UNICEF verdreifachte sich die Anzahl der Kinder, die Gefahr laufen, die Schule abbrechen zu müssen, in den letzten drei Monaten von 1,1 Millionen auf 3,3 Millionen. Besonders riskant ist das für Mädchen, da ihnen droht, genitalverstümmelt und in die Ehe gezwungen zu werden. Teilweise erst 12-Jährige werden an wesentlich ältere Männer verheiratet und somit Gewalt, Armut und den Gefahren früher Schwangerschaften ausgesetzt.

In den am stärksten von der Dürre betroffenen Gebieten Äthiopiens, der Region der südlichen Nationen, Nationalitäten und Völker, stieg die Rate von Kinderehen von Januar bis April 2022 um 119 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres. Im selben Zeitraum stieg auch die Zahl der FGM um 27 Prozent. Im zu Somalia gehörenden Somaliland stieg die Rate geschlechtsspezifischer Gewalt, zu der auch die Verheiratung von Kindern, FGM und sogenannte häusliche Gewalt zählen, um mehr als 50 Prozent.

Ähnliche Beobachtungen macht UNICEF auch in Kenia und weiteren von Covid sowie den Dürren betroffenen Regionen. Das Kinderhilfswerk geht von 1,8 Millionen Kindern und Jugendlichen aus, die dringend Hilfe wegen Mangelernährung benötigen und ruft zur Unterstützung im Kampf gegen den Hunger, aber auch gegen die Gewalt in Form von FGM und Kinderehen auf.

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