Anlässlich der 500-Jahr-Feier der evangelikalen Bremer St.-Martini-Kirche waren circa 800 Menschen zu den drei zentralen Predigten und Referaten erschienen. Neben Pastor Olaf Latzel, der schon wegen Volksverhetzung vor Gericht stand, referierten der Münsteraner Professor Christian Grethlein und der umstrittene frühere ZDF-Moderator Peter Hahne.
Der Theologe Grethlein sprach zur Zukunft der Kirche.
Das wohl politischste Referat trug der ehemalige Fernsehansager Peter Hahne vor. Im Einleitungsgespräch bezeichnete er Olaf Latzel als den "tollsten Pastor und Pfarrer aller Zeiten". Dem zuletzt wegen Volksverhetzung angeklagten evangelikalen Prediger ging dieses Lob sichtlich wie Honig herunter. Schon in der Vorstellungsrunde von Latzel und Hahne bezeichnete der Ex-Nachrichtensprecher die Abtreibung als "das größte Verbrechen überhaupt". Die Positionen der evangelischen Kirche dazu seien "katastrophal".
Olaf Latzel wetterte gegen den Zeitgeist, vor allem gegen seine eigene evangelische Kirche, und pochte auf die Pflicht, die ganze Bibel als Gottes Wort in jedem Lebensbereich anzuwenden und sich dem Willen von Jesus und Gott unterzuordnen. Damit bediente er klassische evangelikale Positionen.
Die Verbindung von rechter Politik und ultrakonservativer evangelikaler Bibelinterpretation lieferte dann Peter Hahne. Der studierte Theologe holte zu einem theologischen und politischen Rundumschlag aus. Nach eindringlichen Appellen zur Bibeltreue, nach der jeder Satz der Bibel ernst genommen werden solle, plädierte er für ein "offensives Zeugnis" für Jesus von "trainierten Christen" (die Fußball-Metapher zog sich durch seine Predigt). Diese trainierten Christen sollten den "Kampf um den Sieg" führen gegen "Regenbogenreligion, Sprachpolizei und Gendergaga". Die Grundlagen dafür sieht Hahne in den Texten zwischen den Buchdeckeln der Bibel. Dabei spielte er auch auf Olaf Latzels Gehaltskürzungen durch die bremische Landeskirche an. Latzel sei damit ein Märtyrer für die wahren Lehren der Bibel.
Er sei mit seiner gesamten Gemeinde ein "Leuchtfeuer des evangelischen Glaubens". "Wohlfühlpfarrer" brauche das Land nicht, sondern solche, die für ihren Glauben einstehen, Märtyrer seien gefragt und nicht solche, die eine "verweichlichte Truppe" hervorbringen. Mit einer verweichlichten Truppe könne man nicht Putin entgegentreten. Die Schwurbler und Befreiungstheologen seien längst von der Bildfläche verschwunden.
Zum Ende seiner politischen Kampfrede zitierte Hahne den Kirchenmusiker Johann Walter: "Wach auf, wach auf du deutsches Land", 1561 getextet, passe in unsere heutige Zeit, die gezeichnet sei durch wirtschaftlichen Verfall, Lüge und Fake News. Und natürlich sehe er sich als Kämpfer für die Wahrheit zunächst als Opfer der "Herrschenden", deren verordneten Lügen man entgegentreten müsse. Einzig die Sendung "Bares für Rares" seines Freundes Horst Lichter sei in den Öffentlich-Rechtlichen noch erträglich.
Stichworte der politischen Rechten
Mit diesen noch nicht vollständigen Stichworten, die auch bei AfD und Identitären zum Alltagssprech gehören, wird geschickt die Brücke zwischen konservativem evangelischem Christentum und der politischen Rechten geschlagen. Und hier kamen zwei der gegenwärtig populärsten Prediger des rechten Christentums zusammen: Olaf Latzel ist im ganzen deutschsprachigen Raum als Evangelisationsprediger unterwegs. Kaum eine größere Veranstaltung des erzkonservativen evangelikalen Spektrums, auf der nicht Latzel zur Predigt ruft. Die Bremer Martinigemeinde ist damit zu einem Zentrum der rechtskonservativen Verkündigung geworden. Und mit den zweimaligen Auftritten von Peter Hahne in diesem Sommer ist St. Martini geadelt worden.
Hahne ist ein Wanderer zwischen rechtslastigen Medien, bei denen er Interviews gibt, Texte schreibt oder zu Talkrunden in Sendungen erscheint, und dem evangelikalen Spektrum. Bei der Jungen Freiheit, Nius, Tichys Einblick und beim evangelikalen Magazin idea ist er Stammgast. In der Bild am Sonntag hat er eine Kolumne. Zu seinen Mitgliedschaften gehört der Förderkreis der Deutschen Polizeigewerkschaft. Hahne und Latzel sind Mosaiksteine der von rechts angestrebten Wende, ihr Wirkungskreis ist das politische Spektrum zwischen CDU und AfD, mit dem Ziel, deren Zusammenarbeit zu befördern.
Wie erfolgreich diese Kooperationen sein können hat unlängst die Kampagne gegen die Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht Frauke Brosius-Gersdorf gezeigt. Radikale Rechte und fundamentalistische Christen haben erfolgreich tief in das rechte und christliche Milieu der CDU-Bundestagsfraktion Druck aufgebaut.
Die Bremische Evangelische Kirche scheint indes keine Berührungsängste zu haben: Der Auftritt von Peter Hahne und Olaf Latzel wurde auf ihrer Website angekündigt. Die Landeskirche bezahlt noch immer das Gehalt von Latzel zu 95 Prozent aus ihren Kirchensteuereinnahmen.





2 Kommentare
Kommentare
Rene Goeckel am Permanenter Link
Kein Wunder wenn man bedenkt, was die Kirchen den Staatsverträgen von 1933 zu verdanken haben.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Na die beiden passen ja gut zusammen, Christlich und Rechtsradikal, die alte Verbindung
wie sie sich auch in den USA derzeit entwickelt.
Die Menschheit und die Erde muß doch kaputt zu machen sein.