Zum 10. Jahrestag des Anschlags auf Charlie Hebdo am 7. Januar 2025 sollte der sogenannte "Gottestästerungsparagraf" 166 StGB Geschichte sein! Dies ist das Ziel einer Bundestagspetition, die ab sofort unterzeichnet werden kann. Tatsächlich hätte die Ampelkoalition die historische Chance, den ursprünglich noch aus dem deutschen Kaiserreich stammenden "Zensurparagrafen" (Kurt Tucholsky) aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.
Nach deutschem Recht hätten die überlebenden Mitglieder der Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo verurteilt werden müssen, da ihre Zeichnungen Fundamentalisten dazu animierten, Terrorakte zu begehen. Laut Paragraf 166 StGB wird nämlich mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft, "wer den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören".
Hierbei handelt es sich, so der Philosoph Michael Schmidt-Salomon, der die Bundestagspetition zur Abschaffung des Paragrafen 166 StGB im Namen der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) eingereicht hat, um eine "skandalöse Umkehrung des Täter-Opfer-Prinzips": "Denn selbstverständlich wird der öffentliche Friede nicht durch Künstlerinnen und Künstler gestört, die auf dem Boden des Grundgesetzes Religionen satirisch aufs Korn nehmen, sondern durch religiöse Fanatiker, die es nicht gelernt haben, auf Kritik in angemessener Weise zu reagieren."
Die Abschaffung des Paragrafen 166 StGB sei nicht zuletzt vor dem Hintergrund der jüngsten weltpolitischen Entwicklungen notwendig, erklärt der Stiftungssprecher: "Spätestens seit dem Terrorangriff der Hamas auf jüdische Männer, Frauen und Kinder im Oktober 2023 sollte der deutschen Politik bewusst sein, dass es an der Zeit ist, 'klare Kante' gegenüber religiösen Fanatikern zu zeigen und das Profil des demokratischen Rechtsstaates zu schärfen. Die Ampelkoalition hätte nun die historische Chance, den ursprünglich noch aus dem deutschen Kaiserreich stammenden 'Zensurparagrafen' (Kurt Tucholsky) aus dem Strafgesetzbuch zu streichen."
Bundestagspetition jetzt unterzeichnen!
Zur Unterstützung dieser Forderung haben sich zahlreiche Organisationen zur Kampagne "Free Charlie!" zusammengeschlossen. Auf der Kampagnen-Website findet man die zentralen Argumente gegen Paragraf 166 StGB sowie satirische Zeichnungen von namhaften Karikaturistinnen und Karikaturisten, welche die Kampagne ebenfalls unterstützen.
Nun ist die Zivilgesellschaft gefragt: "Helfen Sie mit, den 'Gotteslästerungsparagrafen' aus dem Strafgesetzbuch zu streichen und unterstützen Sie unsere Bundestagspetition!", lautet der Appell der "Free Charlie!"-Kampagne. "Dies ist ein wenig umständlicher als das Unterzeichnen einer Petition bei Campact, Change.org, Avaaz oder openPetition, aber das Verfahren ist durchaus zu bewältigen – und tatsächlich gelten nur diese komplizierteren Bundestagspetitionen als rechtsverbindlich. Machen Sie also bitte von Ihren demokratischen Rechten Gebrauch und stärken Sie die Freiheit der Kunst, der Meinungsäußerung und Meinungsbildung. Lassen Sie uns gemeinsam verdeutlichen, dass das Toleranzgebot für streng religiöse Menschen ebenso gelten muss wie für nicht-religiöse! Denn auch die Religionen stehen nicht über dem Gesetz."
Hier können Sie die Petition zur Abschaffung von Paragraf 166 StGB mitzeichnen.
Erstveröffentlichung auf der Website der Giordano-Bruno-Stiftung.