Das Nicht-Glauben hat viele Gesichter. In der hpd Themenwoche Nicht-Glauben zeigten wir einige davon. Im Namen der gesamten Redaktion bedankt sich die hpd-Chefredaktion mit einigen persönlichen Ausführungen zum Nicht-Glauben für das rege Interesse der Leserinnen und Leser an unserer Themenwoche.
Ich bin "Geburtsatheist"; ich war nie gläubig oder Mitglied irgendeiner Religionsgemeinschaft. Allein: Meine Erfahrung mit anderen Ideologien lässt mich kritisch auf Religionen schauen.
Allerdings kann von mir aus jeder glauben, was er mag; darf sich geißeln und beschneiden, sich auf jede erdenkliche Art und Weise um den Spaß am Leben bringen: Solange er das nicht von anderen Menschen – auch seinen Kindern! – fordert. Erwachsene können allen Unfug glauben, an dem sie Spaß haben, solange es niemandem schadet. Ob Gott oder Einhorn ist mir dabei herzlich gleichgültig.
Doch solange eben dies nicht Normalität ist, sondern im Gegenteil die seltsamsten Ideen auch in Politik und Gesellschaft eingreifen und sogar noch von denen zu bezahlen sind, die damit nichts am Hut haben… solange wird der Gegenwind der Aufklärung notwendig bleiben; wird der Humanistische Pressedienst notwendig sein.
Frank Nicolai
Chefredakteur des Humanistischen Pressedienstes
Der Mensch ist ein Primat mit besonderem Faible für Geschichten. Sie strukturieren unser Leben, geben Gesellschaften eine Orientierung und sind Bestandteil einer jeden Identität. Doch Geschichten können auch schädlich sein, wenn sie den Blick auf die Realität verstellen. Religionen und die mit ihnen verbundenen Heilsversprechungen sind ein gutes Beispiel dafür.
Ich selbst konnte den großen Erzählungen der Religionen nie viel abgewinnen. Je mehr ich über sie erfuhr, desto mehr wurde ich in meinem Unglauben bestärkt. So war mir die Vorstellung an einen allmächtigen Gott, der sich wie ein tyrannischer und zugleich wahnsinniger Herrscher verhält, bereits in meiner Kindheit suspekt. Die Geschichten von Superhelden waren mir im Vergleich dazu schon immer sympathischer. Niemand von ihnen forderte diktatorisch, dass man wirklich an sie glaubt.
Durch kritischen Zweifel können wir eine notwendige Distanz zu Geschichten einnehmen. Nachzudenken statt Nachzubeten ist heute wichtiger denn je. Denn die Probleme des 21. Jahrhunderts werden wir nicht mit den religiösen Märchen und Legenden vergangener Zeiten lösen können. Damit für die Spezies Homo Sapiens und andere Tiere artgerechte Umstände geschaffen werden können, braucht es eine aufgeklärte Haltung. Eine Haltung, die sich vom naiven Kinderglauben der Religionen verabschiedet. "Dass der Glaube etwas ganz anderes sei als Aberglaube, ist unter allem Aberglauben der größte", wusste schon der große Kirchenkritiker Karlheinz Deschner.
Florian Chefai
Stellvertretender Chefredakteur
Trotz - oder vielleicht gerade wegen - der katholischen Sozialisation kamen mir schon als Kind erste Zweifel am Glauben. Der Austritt aus der Kirche erfolgte mit der Religionsmündigkeit, denn die Kirche mit ihren Funktionären im Kleinen wie im Großen hatte mich recht zügig davon überzeugt, dass ich dort kein Vereinsmitglied mehr sein wollte. Für den endgültigen Abschluss mit dem Glauben brauchte ich länger. Ein Studium der Theologie und Philosophie halfen mir dabei. Nach wirklich intensiver, jahrelanger Suche nach überzeugenden Argumenten für die Existenz eines Gottes, war es ein Gebot der intellektuellen Redlichkeit zu akzeptieren, dass die Argumente, die gegen die Existenz von einem oder mehreren Göttern sprechen, doch wesentlich überzeugender sind.
Angesichts der Schwäche ihrer metaphysischen Argumente haben die Religionen für meinen Geschmack zu viel Einfluss auf Politik, Gesellschaft und die Welt ganz allgemein. Daher betrachte ich es als wichtige Aufgaben, über diesen – noch dazu oft im Verborgenen stattfindenden - Einfluss aufzuklären.
Ach und noch etwas - weil es oft von Noch-Gläubigen gefragt wird: Ich vermisse nichts. Rein gar nichts. Im Gegenteil. Ich genieße die Freiheit, meinem Leben selbst einen Sinn zu geben und nehme diese Freiheit in Verantwortung vor meiner Mitwelt und mir selbst wahr.
Daniela Wakonigg
Stellvertretende Chefredakteurin
20 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
Meine Helden.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Der hpd wird solange unverzichtbar bleiben - UNVERZICHTBAR! -, wie es schädliche Wirkungen von Geisterglauben gibt.
Ich liebe das, wenn es um emotional anrührende Geschichten geht, wenn ich sie mir auch selbst ausdenken darf. Wir lieben Geschichten. Doch muss Erziehung und Aufklärung immer dafür sorgen, dass uns der Fantasie-Charakter dieser wunderbaren Geschichten bewusst bleibt/wird. Wer anfängt, auf seine eigenen Imaginationen hereinzufallen, der steht in Gefahr für sich selbst - indem er sich in dieser Fantasiewelt verliert - oder sogar für andere - wenn er diese von der Wahrhaftigkeit seiner eigenen Fantasie überzeugen will.
Denn bereits dieser Schritt könnte dazu führen, dass sich die Überzeugten zu Verzweiflungstaten hinreißen lassen, wenn andere sie dafür auslachen. Gewalt könnte die Folge sein. Oder man beginnt, Frauen zu diskriminieren, Kinder am Genital zu verstümmeln, Tiere zu quälen, Kulturen auszurotten, Gelder zu absorbieren.
Leider gibt es viele derartiger Fantasien, die vor so vielen Jahrhunderten erdacht wurden, dass heute der Ursprung kaum noch zu eruieren ist. Doch wir haben die Wissenschaft, die mittelbar den Wahrheitsgehalt dieser Fantasien ermitteln kann. Und wir haben (wenige) Organe, die diese Korrektur der Fantasie für eine breite Öffentlichkeit zugänglich machen, die aufklären und warnen vor Fehlentwicklungen dieser Fantasien.
In Deutschland ist m.M.n. das wichtigste Organ der hpd - und dafür möchte ich als Nutzer und gelegentlicher Mitautor ganz herzlich den Betreibern danken. Das ist gerade heute ein wichtiges Engagement, das mit viel Selbstaufopferung verbunden ist...
Ludwig Möhler am Permanenter Link
"Allerdings kann von mir aus jeder glauben, was er mag..."
Hans Trutnau am Permanenter Link
Da kann man mal sehen, wie sehr man daneben gelegen haben kann.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Das ist eine sehr interessante und sehr neue Information für mich!"
Dann ist das doch schön, dass Sie endlich den hpd entdeckt haben. Lieber spät als nie. Da werden Sie noch viel mehr solcher Neuigkeiten entdecken. Der erste Schritt aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit ist der hpd und seine tapferen Autoren.
Es gibt übrigens niemanden, der zu entschieden hätte, was Menschen zu glauben haben - auch nicht die Vertreter des Gotteswahns...
Frank Nicolai am Permanenter Link
"Denn ich war bisher immer davon ausgegangen, dass der Herr Nicolai zu entscheiden hat, was Menschen zu glauben haben." Erklären Sie mir bitte, was Sie zu dieser Annahme brachte.
pavlovic am Permanenter Link
Vielen Dank dass Ihr auch an Euch selbst gedacht habt, es bringt einem die Redakteure die man gerne liest näher ;-) und überwindet die Anonymität.
Thomas am Permanenter Link
"Erwachsene können allen Unfug glauben, an dem sie Spaß haben, solange es niemandem schadet. Ob Gott oder Einhorn ist mir dabei herzlich gleichgültig."
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Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Wenn man Menschen aktiv vermittelt, es sei akzeptabel, Beliebiges zu glauben, darf man sich weder wundern, noch Kritik daran üben, daß sie das auch tun und sich entsprechend verhalten."
Kritik - wenn sie zivilisiert vorgetragen wird - darf man grundsätzlich immer üben und dies geschieht ja gerade beim hpd in jeder wünschenswerten Form. Aber was heißt "akzeptabel" in diesem Zusammenhang?
Ich glaube nicht, dass der Verweis auf die Glaubensfreiheit etwas mit Akzeptanz der Glaubensinhalte zu tun hat. Es ist nur schlicht und ergreifend so, dass man Menschen nicht vorschreiben darf, was sie zu denken oder nicht zu denken hätten. Ich will keine Gedankenpolizei oder Gesinnungsschnüffelei.
"Jede noch so harmlos erscheinende Form des Irrationalismus ist ein Symptom mangelhafter intellektueller Hygiene und potenziell gefährlich."
Ja! Doch unter der mangelhaften intellektuellen Hygiene leidet am meisten der Irrationalist selbst. Und die potenzielle Gefährlichkeit müssen wir durch rechtsstaatliche Mittel in den Griff bekommen.
Vor allem muss die ungebremste Verbreitung des Irrationalismus (besonders bei Kindern) unterbunden werden. Aber letztlich darf jeder an UFOs, das Ungeheuer von Loch Ness, die Zahnfee, Chemtrails oder einen Heiland im Himmel glauben.
"Darum sollte man sie niemandem leichtfertig durchgehen lassen und schon gar nicht mit entbehrlichen Bemerkungen dazu ermutigen."
Derartige Bemerkungen werden auf Seiten der Irrationalisten keineswegs als Ermutigung gesehen. Sie finden das oft herablassend und hochnäsig vonseiten Nichtgläubiger. Doch wäre es so, dass wir erwachsenen Menschen nicht ihre innersten Gedanken ließen, würden wir gegen das Grundgesetz verstoßen. Meinungsfreiheit funktioniert immer in zwei Richtungen - ich darf sagen und behaupten, was ich will, aber ich muss auch hinnehmen, dass andere dies genauso tun.
Deshalb können wir hier ganz entspannt bleiben. Der Glaube sollte langfristig entzaubert und die Kinder verschont werden...
Thomas am Permanenter Link
"Kritik - wenn sie zivilisiert vorgetragen wird - darf man grundsätzlich immer üben und dies geschieht ja gerade beim hpd in jeder wünschenswerten Form."
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"Aber was heißt "akzeptabel" in diesem Zusammenhang?"
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Wer sagt, Menschen "dürften" x, hält x in der Regel auch für akzeptabel (hier: willkürliches Glauben). Faktisch "darf" man Vieles in dem Sinne, daß es nicht durch irgendein Gesetz verboten wird, aber daraus läßt sich natürlich nicht folgern, daß es auch ethisch hinnehmbar ist. Darum verzichte ich konsequent auf "du-darfst-Aussagen", wenn sie sich auf (wohl legales, aber) ethisch unakzeptables Verhalten beziehen.
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"Es ist nur schlicht und ergreifend so, dass man Menschen nicht vorschreiben darf, was sie zu denken oder nicht zu denken hätten. Ich will keine Gedankenpolizei oder Gesinnungsschnüffelei."
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Schon letztens hatte ich doch ausdrücklich festgestellt, daß Denkvorschriften absurd sind, weil sie sich ohnehin nicht durchsetzen lassen. Umso wichtiger ist es, irrationale Überzeugungen anzugreifen, wann immer das möglich und zumutbar ist. Wenn Sie mich wegen dieser Haltung als "Gedankenpolizisten" bezeichnen wollen, habe ich nichts dagegen, denn was ich unter Toleranz verstehe, ist tatsächlich nur auf Geschmacksfragen anwendbar.
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"unter der mangelhaften intellektuellen Hygiene leidet am meisten der Irrationalist selbst."
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Angesichts der Tatsache, daß so gut wie alle vermeidbaren Leiderzeugungen auf der Erde in direktem oder indirektem Zusammenhang mit Erscheinungsformen des Irrationalismus stehen, verdient das Leid der dafür Hauptverantwortlichen keine besondere Würdigung - schon gar nicht, wenn man bedenkt, daß die meisten und am schwersten unter der menschlichen Idiotie leidenden Wesen gar keine Menschen sind.
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"Und die potenzielle Gefährlichkeit müssen wir durch rechtsstaatliche Mittel in den Griff bekommen."
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Leider ist das nicht möglich, ohne den Irrationalismus selbst aus unserer Denkkultur zu entfernen. Das wird so lange nicht geschehen können, wie er die Immunität eines "Menschenrechtes" genießt, und so bleibt der Alltagskampf gegen ihn b.a.W. an jedem einzelnen seiner Gegner hängen.
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"Vor allem muss die ungebremste Verbreitung des Irrationalismus (besonders bei Kindern) unterbunden werden."
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Auch das wird nicht stattfinden, solange Menschen Schwachsinn glauben und (nicht nur) ihre Kinder nach Strich und Faden verblöden "dürfen".
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"Meinungsfreiheit funktioniert immer in zwei Richtungen - ich darf sagen und behaupten, was ich will, aber ich muss auch hinnehmen, dass andere dies genauso tun."
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Noch einmal für die Akten: Ich bin Befürworter einer nahezu grenzenlosen Meinungsfreiheit (wohingegen ich die Religionsfreiheit als explizites Recht auf vorsätzliche Ignoranz, Lüge und Wahnsinn ablehne), aber für mich leitet sich daraus auch die Verpflichtung ab, Widerstand zu leisten, wann immer Überzeugungen direkt oder indirekt zur Verbreitung von Leid und Tod beitragen. Ich habe hier schon oft und ausführlich erklärt, warum der Irrationalismus antimoralisch ist und nicht einmal geheuchelte "Toleranz" verdient, aber dann lese ich Bemerkungen wie die von Herrn Nicolai oder auch von Ihnen und kann nur stöhnend das Gesicht in den Händen vergraben. Mein dringender Vorschlag: einfach verkneifen!
Gondel am Permanenter Link
Ein schönes Beispiel für die Evolution der ja immer noch jungen Aufklärung.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Ich bin Befürworter einer nahezu grenzenlosen Meinungsfreiheit" - offensichtlich nicht...
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"... es ist eben widersprüchlich, irrationales Denken und Verhalten zu kritisieren, nachdem man es ausdrücklich zugebilligt hat."
Wie von mir erklärt: Meinungsfreiheit ist keine Einbahnstraße. Wir kritisieren z.B. auch, dass es in Teilen der muslimischen Kleriker keine Meinungsfreiheit gibt. Da dürfen wir nicht mit der gleichen Methodik mitmachen. Ich billige Äußerungen zu was auch immer, doch nicht ohne Kommentar.
"Irrationalismus bedeutet nämlich ABWESENHEIT von Vernunft und folglich auch von Ethik. Es liegt also in seiner Natur, JEDE BELIEBIGE FORM in Denken und Verhalten annehmen zu können."
Ja, so ist das.
"Genau das ist das Problem und der Grund, warum man ihm keinerlei Spielraum geben darf!"
Wir müssen den Irrationalismus stellen, wo immer er seine hässliche Fratze zeigt. Wir müssen ihm argumentativ begegnen, nicht durch Unterdrückung oder Totschweigen.
"Im Gegensatz dazu ist der Rahmen des Rationalen sehr eng gesteckt, denn er wird bestimmt von logischer Konsistenz, empirischer Evidenz und ethischer Orientierung."
Deswegen fühle ich mich dem Irrationalismus überlegen.
"Wer sagt, Menschen "dürften" x, hält x in der Regel auch für akzeptabel (hier: willkürliches Glauben)."
Nein! Ich sage, dass Irrationalisten etwas sagen dürfen, was ihnen in den Kram passt. Warum sollte ich das automatisch (oder in der Regel) inhaltlich für akzeptabel halten?
"Darum verzichte ich konsequent auf "du-darfst-Aussagen", wenn sie sich auf (wohl legales, aber) ethisch unakzeptables Verhalten beziehen."
>Du darfst glauben, was du willst< ginge dann nicht? Was ist an glauben unethisch? Sind Träume auch unethisch? Unethisch wird es, wenn jemand gegen Dritte vorgeht und sie z.B. beschneidet, homophob diskriminiert etc. Und dagegen beziehen gerade die Autoren des hpd eindeutig Position.
"... hatte ich doch ausdrücklich festgestellt, daß Denkvorschriften absurd sind, weil sie sich ohnehin nicht durchsetzen lassen."
Also kann man auch sagen: "Dann glaubt doch was ihr wollt." Ich würde mich in einer Diskussion doch lächerlich machen, wenn ich vorschreiben wollte, was der andere zu denken habe. Und auch, wenn ich dem anderen nur sagen würde, dass er nicht frei glauben darf.
"Umso wichtiger ist es, irrationale Überzeugungen anzugreifen, wann immer das möglich und zumutbar ist."
Ja!
"Angesichts der Tatsache, daß so gut wie alle vermeidbaren Leiderzeugungen auf der Erde in direktem oder indirektem Zusammenhang mit Erscheinungsformen des Irrationalismus stehen, verdient das Leid der dafür Hauptverantwortlichen keine besondere Würdigung - schon gar nicht, wenn man bedenkt, daß die meisten und am schwersten unter der menschlichen Idiotie leidenden Wesen gar keine Menschen sind."
Aber alle dritten Leidträger - Menschen, Tiere, Dinge - werden ja gerade hier explizit in Schutz genommen. Wobei das eine Ablenkung vom ursprünglichen Thema ist: Dürfen Irrationalisten glauben, was sie wollen. Das Glauben an sich erzeugt zunächst kein Leid - außer eben beim Irrationalisten selbst.
"Leider ist das nicht möglich, ohne den Irrationalismus selbst aus unserer Denkkultur zu entfernen."
Da stimme ich in Teilen zu. Wären unsere Bundestagabgeordneten nicht so religionshörig, hätten sie den §1631d BGB nie verabschiedet. Aber wenn die Beschneidung weiterhin verboten wäre, dann könnte man Beschneidungen an unmündigen Kindern verhindern, ohne den Eltern den Irrationalismus nehmen zu müssen, dass sie irgendein "Gott" mit der Genitalverstümmelung beauftragt hätte.
"Auch das [Schutz der Kinder, Anm.] wird nicht stattfinden, solange Menschen Schwachsinn glauben und (nicht nur) ihre Kinder nach Strich und Faden verblöden "dürfen"."
Das ist leider Bestandteil der elterlichen Sorge. Das Korrektiv ist die Kita und die Schule. Dort muss mit Irrationalismen aufgeräumt werden. Kein Religionsunterricht, stattdessen schonungslose Aufklärung über Religion und andere Esoterik.
"Ich bin Befürworter einer nahezu grenzenlosen Meinungsfreiheit (wohingegen ich die Religionsfreiheit als explizites Recht auf vorsätzliche Ignoranz, Lüge und Wahnsinn ablehne), aber für mich leitet sich daraus auch die Verpflichtung ab, Widerstand zu leisten, wann immer Überzeugungen direkt oder indirekt zur Verbreitung von Leid und Tod beitragen."
Ja, da sind wir Seit an Seit. Nur wahnsinnig darf bei mir schon jemand werden. Es könnte ja auch krankheitsbedingt sein. Er müsste nur daran gehindert werden, seinen Wahnsinn an Dritten auszuleben.
"Ich habe hier schon oft und ausführlich erklärt, warum der Irrationalismus antimoralisch ist und nicht einmal geheuchelte "Toleranz" verdient, aber dann lese ich Bemerkungen wie die von Herrn Nicolai oder auch von Ihnen und kann nur stöhnend das Gesicht in den Händen vergraben. Mein dringender Vorschlag: einfach verkneifen!"
Wie sollte das denn praktisch vonstatten gehen? Sagt jemand was Irrationales, dann gehe ich zu dem und sage: "Hey, das darfst du aber nicht!" Dann streckt der mir die Zunge raus: "Mach ich aber trotzdem, ätsch...!" Und dann? Klopperei auf offener Straße?
Erfahrungsgemäß öffnen sich auch Irrationalisten eher für ein (auf)klärendes Gespräch, wenn ich ihnen versichere, dass sie glauben dürfen, was immer sie wollen (wissend, dass ich das sowieso nicht verhindern kann und darf). Dann dringe ich mit meiner Aufklärung viel tiefer, als wenn das Gespräch schon an der ersten Hürde endet.
Und ich möchte gerne etwas erreichen. Das ist viel wichtiger, als den anderen mit etwas vor den Kopf zu stoßen, was ich sowieso nicht verhindern kann. Sollen die Menschen im Privaten doch glauben, was sie wollen. Wem tut das weh? Wir müssen ihnen die Privilegien, die staatlichen Gelder, die Selbstverständlichkeit in der Öffentlichkeit, die Missionierungsmöglichkeiten und ihren politischen Einfluss nehmen. Das ist viel wichtiger...
Thomas am Permanenter Link
"Ich billige Äußerungen zu was auch immer, doch nicht ohne Kommentar."
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"Wir müssen den Irrationalismus stellen, wo immer er seine hässliche Fratze zeigt. Wir müssen ihm argumentativ begegnen, nicht durch Unterdrückung oder Totschweigen."
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Ganz recht - zumal Unterdrückung und Totschweigen auch gar nicht funktionieren.
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">Du darfst glauben, was du willst< ginge dann nicht?"
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Richtig. Ich beschränke mich auf "Du darfst sagen, was du glaubst (bzw. SOLLST es sogar, damit ich weiß, woran ich bin und ggf. Widerspruch einlegen kann)".
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"Was ist an glauben unethisch?"
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Nur FÄLSCHLICHES Glauben ist unethisch, denn es ist die Voraussetzung für falsches (= leiderzeugendes) Verhalten. Die Bereitschaft zu irrationalem Denken und Handeln vergleiche ich gern mit einem fahrlässig oder vorsätzlich fehlerhaft programmierten Betriebssystem. Auf seinen Einsatz würden wir zurecht empört reagieren - insbesondere, wenn es kritische Infrastruktur steuert. Warum sollte man korruptem Denken mehr Toleranz entgegenbringen als korrupter Software?
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"Ich würde mich in einer Diskussion doch lächerlich machen, wenn ich vorschreiben wollte, was der andere zu denken habe. Und auch, wenn ich dem anderen nur sagen würde, dass er nicht frei glauben darf."
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SO würde ich das natürlich nicht formulieren. Wenn jemand Falsches glaubt, erkläre ich ihm, warum es falsch ist und daß er aus ethischen Gründen damit aufhören sollte (was ich mir natürlich sparen könnte, wenn ich ihm fälschliches Glauben zubilligte).
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"alle dritten Leidträger - Menschen, Tiere, Dinge - werden ja gerade hier explizit in Schutz genommen. Wobei das eine Ablenkung vom ursprünglichen Thema ist:"
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Durchaus nicht! Es gibt nämlich kein Glauben, das sich nicht auch auf die eine oder andere Weise in Verhalten umsetzt. Wer von falschen Annahmen über die Welt ausgeht, kann nicht erfolgreich moralisch sein, und wer nichtethischen Normatismen folgt, kann nicht einmal moralisch sein WOLLEN. Der Irrationalismus ist der Todfeind von Wissenschaft und Ethik, und weil er nach wie vor praktisch ungestört walten kann, ist die Erde ein dermaßen leiderfüllter Ort.
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"Das Glauben an sich erzeugt zunächst kein Leid - außer eben beim Irrationalisten selbst."
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Das werden die Irrationalisten bestreiten, wie sie auch bestreiten, daß sie mit ihren Wahnvorstellungen schwerstes Leid über Andere bringen. Sie haben einfach kein Bewußtsein vom antimoralischen Charakter ihres Denkens und Tuns.
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"wenn die Beschneidung weiterhin verboten wäre, dann könnte man Beschneidungen an unmündigen Kindern verhindern, ohne den Eltern den Irrationalismus nehmen zu müssen, dass sie irgendein "Gott" mit der Genitalverstümmelung beauftragt hätte."
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Gesetze können leider nur flickschustern und ethisch Ahnungslose hie und da zu etwas unschädlicherem Verhalten erpressen. Mir ist das zu wenig, denn es geht mir um ETHISCHE Entwicklung, die dahin führt, daß sich Menschen FREIWILLIG leidvermeidend verhalten, weil sie BEGRIFFEN haben, warum das auch in ihrem eigenen Interesse ist. Ohne eine möglichst restlose Vertreibung des Irrationalismus aus den Köpfen der Menschen kann das aber nicht gelingen.
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"Das Korrektiv ist die Kita und die Schule. Dort muss mit Irrationalismen aufgeräumt werden. Kein Religionsunterricht, stattdessen schonungslose Aufklärung über Religion und andere Esoterik."
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Jawoll! Blöd nur, daß auch Kitas und Schulen von Irrationalisten betrieben werden. Das hätte man niemals zulassen dürfen.
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"Sagt jemand was Irrationales, dann gehe ich zu dem und sage: "Hey, das darfst du aber nicht!""
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Einfacher Widerspruch reicht, denn der impliziert bereits ein "nicht-Dürfen" (sonst könnte man ja einfach den Mund halten).
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"Erfahrungsgemäß öffnen sich auch Irrationalisten eher für ein (auf)klärendes Gespräch, wenn ich ihnen versichere, dass sie glauben dürfen, was immer sie wollen (wissend, dass ich das sowieso nicht verhindern kann und darf). Dann dringe ich mit meiner Aufklärung viel tiefer, als wenn das Gespräch schon an der ersten Hürde endet."
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Meine Erfahrungen sind andere. Egal, wie nett sie verpackt sind: kein Irrationalist ist bereit, schlagenden Gegenargumenten zu folgen, denn seine rationale Denkfähigkeit ist geschädigt. Wenn er auch noch allenthalben vernimmt, daß er Beliebiges glauben "darf", kann er das auch gar nicht als Fehler begreifen. FALLS "wir" überhaupt Einfluß haben, wird er sich erst lange nach unserem "Auftritt" und wohl eher unabhängig von unserem Diskussionsstil manifestieren.
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"Sollen die Menschen im Privaten doch glauben, was sie wollen. Wem tut das weh?"
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Jedem einzelnen empfindungsfähigen Opfer der Weltkultur des Irrationalismus, und das sind Abermilliarden - täglich! ALLE Menschen, die fahrlässig oder vorsätzlich falsch glauben, sitzen miteinander in EINEM Boot: meine christliche Mutter neben dem muslimischen Terroristen und der hinduistische Armenarzt neben dem irren Eso-"Heiler". Sie alle sind Teil des mit Abstand verheerendsten Problems der Menschheitsgeschichte und mitverantwortlich für seinen Fortbestand. Wenn man den Irrationalismus nicht IM KEIM erstickt, wird er immer und immer wieder vermeidbares Leid hervorrufen. Daher die Unerbittlichkeit meiner Ablehnung.
Horst Fetter am Permanenter Link
Das ist endlich ein deutlicher, glasklarer Beitrag.
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Es ist mir bis heute unbegreiflich, warum braucht ein imaginärer Gott einen Stellvertreter,
Hannelore Horn am Permanenter Link
Doch, witzige Beerdigungen gibt es durchaus. Sehen Sie sich mal die Beerdigung von Graham Chapman von Monty Python im März 2013 an.
Hannelore Horn am Permanenter Link
Pardon, die Trauerfeier für Graham Chapman war natürlich im Herbst 1989. Ich hatte mir diese heitere Beerdigung bei www.beileid.de vom 13.03.2013 angesehen.
Wolfgang am Permanenter Link
"Warum läuten heute mittag die Kirchenglocken?"
"Könnte eine Hochzeit sein!"
"Könnte aber auch eine Beerdigung sein!"
"Wo ist da der Unterschied?"
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich wusste gar nicht, dass er 1989 wiederauferstanden ist. War er in Wahrheit also doch der Heiland und der Junge in der Nachbarkrippe ein Fake? Sachen gibt's... :-)