Die Zahl der Organspender in Deutschland ist im Jahr 2017 um knapp acht Prozent auf 797 gesunken und hat damit einen neuen Tiefpunkt erreicht. Fachleute sind besorgt und fordern Gegenmaßnahmen.
Während mehr als 10.000 Patienten derzeit auf eine lebensrettende Organtransplantation warten, ist die Zahl der Organspender laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) auf den tiefsten Stand seit 20 Jahren gesunken. Nur 797 Menschen spendeten im vergangenen Jahr ihre Organe – 60 weniger als 2016. Die Zahl der gespendeten Organe sank ebenfalls laut Angaben der internationalen Vermittlungsstelle Eurotransplant um 273 auf 2595, was möglicherweise mit dem höheren Durchschnittsalter der Spender zusammenhängt.
"Wir können also nicht davon sprechen, dass die Organspenderzahlen stabil sind. Das ist für die Patienten auf der Warteliste schlicht und ergreifend eine dramatische Situation", erklärte Axel Rahmel, medizinischer Vorstand der DSO, gegenüber der FAZ. "Wir brauchen Rahmenbedingungen, die Organspende nicht allein dem persönlichen Engagement Einzelner überlassen. Wir brauchen eine Kultur der Organspende!"
Dabei liegt die Spendenbereitschaft in Deutschland schon jetzt bei 60 Prozent, wie eine Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ergab. Dennoch haben lediglich 36 Prozent ihren Entschluss zur Organ- und Gewebespende in einem Organspendeausweis oder einer Patientenverfügung dokumentiert.
Angesichts des zunehmenden Organmangels fordern viele Ärzte und Hilfsorganisationen eine Neuregelung des Spendeverfahrens. Als Vorbild zählt Spanien, wo die sogenannte Widerspruchslösung gilt, wonach jeder Hirntote zum Organspender werden kann, wenn er oder seine Angehörigen dem zuvor nicht ausdrücklich widersprochen haben.
17 Kommentare
Kommentare
Paul am Permanenter Link
"Als Vorbild zählt Spanien, wo die sogenannte Widerspruchslösung gilt"
Wo bleibt da die Freiheit des Einzelnen sich für oder gegen die Spende zu entscheiden, alles andere ist für mich nicht akzeptabel. Muss dann dieser Negativbescheid immer und überall mitgeführt werden?
CnndrBrbr am Permanenter Link
Was für eine Freiheit denn? Was für eine Freiheit kann ein Toter haben?
Ich finde die Bulgarische Lösung am besten: Jeder ist Organspender, auch bei Widerspruch.
Paul am Permanenter Link
Die Freiheit mich als Lebender dafür zu entscheiden, ohne mein Ja gibt es keine Spende. Aus Prinzip nicht, ich entscheide über mich und nicht der Staat, die Ärzte oder sonst jemand.
Andererseits, wer sagt dann, dass man mich rechtzeitig findet, um auch noch Organe entnehmen zu können. Begehe ich Suizid und vergifte mich, werden die Organe sicherlich auch in Mitleidenschaft gezogen......??
libertador am Permanenter Link
Die Freiheit bleibt ja erhalten, nur wird ein anderer Ausgangswert festgelegt. In Österreich gilt es dazu ein Widerspruchsregister.
David am Permanenter Link
warum soll ich spenden. wenn jemand sein leben lang säuft und raucht kriegt der von mir keine neuen Organe.
Petra Pausch am Permanenter Link
Ist Ihnen schon einmal in den Kopf gekommen, dass es auch Sie treffen könnte? Dass Sie mal ein Organ benötigen könnten? Ich denke, wenn Sie um Ihr Leben bangen, werden Sie anders reden.
David am Permanenter Link
ich meine auch diejenigen die selbst dran schuld sind, die kriegen meine Organe nicht, bei den anderen ok.
Gisela Egli-Zemp am Permanenter Link
Für Spende-Organe bestehen Wartelisten. Je jünger die Patienten, desto weiter vorne. Es gibt auch noch andere Kriterien.
angelika richter am Permanenter Link
Ich halte die Widerspruchslösung für die ethisch und praktisch angemessene Lösung.
Schließlich wollen die allermeisten, wenn es hart auf hart kommt, ein Spenderorgan auch gerne annehmen. Insofern ist es durchaus angemessen, bei jedem zunächst einmal von einer Organspendenbereitschaft auszugehen.
Einen Zwang beinhaltet dieses System dennoch nicht (wir sind einander schließlich kein Ersatzteillager), auf eigene Initiative kann sich jeder dagegen entscheiden.
In Österreich, in der übrigens auch dieses Verfahren angewendet wird, wartet man z.B. auf eine Spenderniere ca. 1 Jahr, hierzulande über 6 Jahre!
Tobler am Permanenter Link
Es sollten auch noch weitere Modelle in Betracht gezogen werden, neben der Widerspruchslösung. Zu nennen wären etwa die Reziprozitätslösung und Formen der Kompensationslösung.
Meines Erachtens ist es für eine Diskussion mit anschließender Entscheidungsfindung sehr dienlich, wenn zunächst sämtliche Alternativen auf den Tisch gelegt werden, bevor man sie bewertet. Die Reziprozitäts- oder Kompensationslösung kommen jedoch in der öffentlichen Debatte kaum vor.
libertador am Permanenter Link
Ihre Vorschläge klingen interessant. Allerdings sind beide Fragen nicht direkte Alternativen zu Widerspruch oder Einwilligung sondern wären ergänzende Maßnahmen.
"Bei der Reziprozitätslösung ist eine notwendige Voraussetzung dafür, selbst ein Organ zu empfangen, ein Eintrag als Spender."
Dafür müsste man aber eine Datenbank aufbauen, wer Spender ist. Ansonsten könnte das ja jeder einfach behaupten, dass er bislang bereits Spender gewesen wäre. Eine Eintragung im Moment der Kenntnis über den eigenen Bedarf ist problematisch, da eine Organempfänger ein eingeschränkter Spender ist.
So müsste man eine gewissen Sperrfrist einbauen, damit man sich nicht erst einträgt, wenn man selbst ein Organ braucht. Zum Beispiel: "Ein volljähriger Organempfänger muss mindestens 5 Jahre in der Spendenkartei aufgeführt gewesen sein oder seit seinem vollendetem 18 Lebensjahr."
Deswegen ist die Reziprozitätslösung vielleicht am sinnvollsten mit einer Widerspruchslösung zu verbinden, damit es nicht viele Fälle vom Menschen gibt, die eigentlich spenden würden, sich aber nicht darum gekümmert haben und nun auch nicht als Empfänger gelten.
Das Problem der Datenbank könnte aber auch eine Widerspruchslösung haben. Ich weiß grad auch nicht, wie man anders sicherstellen sollte kein Spender zu werden, wenn jemand das nicht spenden will.
Die Kompensationslösung wäre mit einer Widerspruchslösung oder Einwilligungsoption zu verbinden. Nimmt jeder automatisch an der Kompensation teil. Wem kommt die Kompesation zugute.
Wem die Kompensation zugute kommt, könnte als normale Erbfrage behandelt, die im Testament geklärt werden könnte oder hat nach gesetzlicher Erbfolge. Der Betrag würde dann zum Beispiel nach Art der erfolgreich gespendeten Organen berechnet. Freie Sätze halte ich für problematisch, da keine Verhandlungen möglich sein und die Beträge von der Versichertengemeinschaft zu zahlen wären.
Gisela Egli-Zemp am Permanenter Link
in der nächsten Generation wird man sich wundern, warum solches diskutiert wurde.
Nick R. am Permanenter Link
Mir stellt sich die Frage, ob nicht auch ein Rückgang der Vorkommnisse, die Hirntote "produzieren" für den Rückgang der Zahl der Organspender mit verantwortlich sein könnte.
Arno Gebauer am Permanenter Link
Moin,
kostenlose Organspenden bringen viel Geld in die Kassen!
Wenn die Organspenden dann abnehmen,
geht das Gejammer der Ärzte usw. los.
Die immensen Folgekosten der Organtransplantationen zahlt die
Allgemeinheit.
Dabei hat die Abnahme der Organspenden auch etwas Positives.
Die Biologie hat Verfahren entwickelt, mit denen erkrankte Organe
gesunden oder neu gezüchtet werden können.
Diese Verfahren sind wesentlich kostengünstiger.
Die Abnahme der Organspenden wird viele biologische Verfahren
vorrantreiben und Erkrankten helfen.
Viele Grüße
Arno Gebauer
Resnikschek Karin am Permanenter Link
Ich hab einen Organspendeausweis. Wir konfessionsfreie Humanisten sollten alle mitmachen - schon um an andere Menschen zu denken und weil wir keine religiösen Bedenken haben. Karin Resnikschek, Tübingen
Eberhard Duschl am Permanenter Link
Es ist ungerecht, dass sich Politik, Gesellschaft und Ärzteschaft um die Erlösung organisch Kranker engagieren und dabei das gesamte Umfeld der Organspende diskret verschweigen.
Aber es geht ohnehin nicht um Mitgefühl: Sowohl an der Organtransplantation als auch am Leiden lässt sich prächtig Profit machen.
Ottokar am Permanenter Link
1) Ich habe einen Organspenderausweis. Den trage ich in meinem Geldbeutel ständig mit mir herum. Offiziell registriert bin ich jedoch nicht.
2) Um sachlich diskutieren zu können benötigen wir Leser der hpd alle Infos. Wie haben sich zum beispiel die Zahlen der Organspender in den letzten 20 Jahren verändert? 60 Spender mehr oder weniger scheint mir bei einem Bedarf von 10.000 kein diskutabler Wert zu sein.
3) Warum müssen Organe gespendet werden? Sie könnten von den Kassen kontrolliert, genauso an die Hinterbliebenen bezahlt werden. Krankenhäuser machen Kasse, Pharmaindustrie ebenso. Warum also nicht auch die Hinterbliebenen?