SARS-CoV-2-Ausbreitung in religiösen Gruppen bei Gottesdiensten

Infizieren statt Missionieren

Seit die Lungenerkrankung SARS-CoV-2 auch Deutschland erreicht hat, mehren sich die Witze darüber, dass der Erreger in Deutschland leichtes Spiel habe, da wir in diesem Land dazu neigten, uns auch mit Husten, Schnupfen, Heiserkeit und hohem Fieber zur Arbeit zu schleppen. Für religiöse Gruppen scheint das tatsächlich zuzutreffen. Gläubige nehmen lieber krank an Messen teil und riskieren andere anzustecken, als ihre religiösen Pflichten einmal auszusetzen und Gottheiten damit zu erzürnen.

Nach Informationen des Standard häufen sich bei Sekten in Südkorea und Singapur die Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 so sehr, dass die Sekten-Mitglieder gar ein Drittel der Fälle ausmachen.

In Südkorea steht vor allem die christliche Sekte Shincheonji Church of Jesus im Verdacht, der Infektion durch sorglose Massenversammlungen Vorschub zu leisten. 200.000 Gläubige der Sekte, vor der in Deutschland unter anderem die Berliner Sekten-Info und Sekten-InfoNRW warnen, sollen nun auf eine Infektion mit dem Erreger getestet werden. Grund dafür ist die Weigerung Gläubiger, Gottesdiensten im Falle einer Erkrankung fernzubleiben, sowie die verzögerte Kooperation der Sektenleitung mit den Gesundheitsbehörden. Die Behörden benötigten Mitglieder-Listen, um potentiell infizierte Gläubige isolieren zu können. Aktuell sind über 9.000 Anhänger*innen der Gruppe unter Quarantäne. Eine Million Menschen forderten in einer Petition ihren Staatschef Moon Jae In auf, die Sekte aufzulösen.

Für Gläubige Menschen gelten religiöse Rituale oft als ernstzunehmende Aufgabe. So auch den Anhänger*innen der Shincheonji-Sekte, für die die Teilnahme an Gottesdiensten, bei denen dicht an dicht gesungen und gebetet wird, Pflicht ist.

Ähnlich dürften Gläubige der Grace Assembly of God und der Life Church and Missions ihre Verpflichtungen sehen. Mitglieder dieser evangelikalen Kirchen in Singapur steckten sich bei religiösen Veranstaltungen an und stellen somit auch etwa ein Drittel der Infizierten.

Ein Aufruf der religiösen Gruppierungen, zuhause zu beten, ist nicht bekannt. Vielmehr nutzt der Gründer der Shincheonji Church of Jesus, Lee Man-hee, die Pandemie noch für seine religiöse Polemik über finstere Mächte, die es auf seine Schar Gläubiger abgesehen habe und die massive Ausbreitung seiner Sekte bremsen wolle.

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Der Kölner Dom reagierte bereits auf den Coronavirus: Ab heute bleiben die Weihwasserbecken leer, um das Ansteckungsrisiko zu verringern.