Wie Japan die Chance auf ein LGBT-Gesetz verspielte

Ein Zeichen für Diversität zu setzen gehört zu den erklärten Zielen der Olympischen Spiele 2021. Doch während die Vorbereitungen auf das Sportspektakel auf Hochtouren laufen, hat sich im Gastgeberland Japan die Hoffnung auf einen festgeschriebenen Schutz von sexuellen Minderheiten zerschlagen. Bereits 2019 hatte die liberaldemokratische Regierungspartei LDP angekündigt, in Kürze einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen. Verantwortlich für das endgültige Scheitern sei Medienberichten zufolge der Widerstand des konservativen Parteiflügels.

Der Generalrat, ein Gremium der LDP, habe sich vor der letzten Parlamentssitzung der Legislaturperiode am 16. Juni nicht auf einen Gesetzentwurf einigen können, so der Vorsitzende Tsutomu Sato. Beobachter befürchten nun, dass Japan damit auf absehbare Zeit die Chance für eine Gesetzesänderung verspielt hat. Langfristig seien wirtschaftliche Nachteile zu erwarten, denn ein gesetzlicher Schutz von LGBT-Personen hätte das Land attraktiver für ausländische Fachkräfte gemacht, die angesichts des hohen Durchschnittsalters der japanischen Bevölkerung dringend benötigt würden.

Im Gegensatz zur japanischen Regierungspartei legen die Veranstalter der Spiele zum Thema Diversität eine progressive Haltung an den Tag. So hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) eigens eine Abteilung für Diversität und Inklusion, die sich für die Belange zahlreicher marginalisierter Gruppen einsetzt. Deren Chefin Mikiko Yoshimura kündigte im Januar an, dass die OrganisatorInnen Menschen jeglicher Geschlechtsidentität, sexuellen Orientierung und Identität zu den Spielen willkommen heißen. Die Olympische Charta verbietet jede Form von Diskriminierung. Mit Blockierung des Gesetzes habe die Regierung ihren Vertrag mit dem IOC gebrochen, kritisiert Gon Matsunaka, Präsident des "Pride House", eines Informationszentrums zu LGTB-Themen, das große internationale Sportveranstaltungen begleitet.

Derzeit herrschen nur in kleinen Bezirken Japans lokale Verbote von sexueller Diskriminierung. Doch auch das Aus für das Gleichstellungsgesetz wird die Debatte nicht zum Verstummen bringen. Im Frühjahr hatte ein Bezirksgericht in der Stadt Sapporo das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe für verfassungswidrig erklärt, und in einer Umfrage sprachen sich zur selben Zeit 65 Prozent der Befragten dafür aus, gleichgeschlechtliche Ehen anzuerkennen. 2015 waren es erst 41 Prozent gewesen.

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