Wie kann das so schnell gehen mit den neuen COVID-Impfstoffen?

Impfung_Impfen_Grippe.jpg

Die Ärztin Dr. Natalie Grams hat auf Twitter einen kleinen Beitrag geschrieben, der sich mit der Zulassung und Sicherheit der COVID-Impfstoffe beschäftigt. Da er dort gerade außerordentlich häufig geteilt und diskutiert wird, veröffentlicht der hpd den Thread in voller Länge.

Wie kann das so schnell gehen mit den neuen COVID-Impfstoffen? Das fragen sich grade viele. Natürlich ist die Frage berechtigt, aber die möglichen Antworten sind gar nicht so krass unnachvollziehbar und verschwörerisch, wie manche befürchten oder herumraunen:

Zunächst mal ist es eben so, dass man die Entwicklung dieser Impfstoffe zur obersten Priorität gemacht hat und andere Projekte vielleicht zurückgestellt hat. Auch durch den Wettbewerbsdruck wurde hier einfach enorm viel Energie und Zeit reingesteckt, quasi alles kondensiert. Dafür wurden sicherlich auch Gelder priorisiert. Wenn plötzlich eine ganz andere Finanzkraft da ist, kann man natürlich die Entwicklung auch schneller vorantreiben als sonst. Mehr Personal, schnellerer Aufbau von Produktionsanlagen, Einkauf von Expertise usw.

Dazu kommt, dass es zum Beispiel zu den mRNA-Impfstoffen schon viel Vorwissen gab, ganz neue Technologien zur Impfstoffherstellung und Haltbarmachung da sind und alle zusammenarbeiten, sodass sich Synergien ergeben, die zu einem schnelleren Endergebnis und schneller Produktion führen. Außerdem werden die verschiedenen Phasen der Impfstoffprüfung (Phase I–III und davor natürlich die präklinischen Grundlagenforschungsexperimente) nicht hintereinander, sondern teilweise zeitgleich gemacht. Das heißt, es wird nichts ausgelassen, nur gleichzeitig geprüft und ausgewertet.

Wenn Daten da sind, werden sie nicht erst lange gesammelt, in irgendeinem Fachmagazin publiziert, von anderen Wissenschaftlern auseinandergenommen und diskutiert, sondern in einem Rolling-Review-Verfahren direkt und hoffentlich transparent von Zulassungsbehörden mit begutachtet. Das passiert im Moment teilweise auch international und man hat dafür viele Prozesse optimiert, verschlankt, entbürokratisiert und beschleunigt. Das bedeutet aber nicht gleich, dass Sicherheitsschritte weggelassen werden oder Tricksereien bewusst in Kauf genommen werden.

Ein weiteres Risiko, das man eingegangen ist, ist, dass man einfach schon mit der Produktion von Millionen von Impfstoffdosen angefangen und ihre Auslieferung geplant hat, bevor die Daten klar waren. Wenn die Daten schlecht sind, können Hersteller das alles in die Tonne kloppen! Man darf auch nicht vergessen, dass seltenste Nebenwirkungen oft erst nach der Zulassung gesehen werden können, einfach weil die Wahrscheinlichkeit, dass sie auftreten, erst bei einer Impfung von vielen hunderttausenden von Menschen zu Tage tritt. Das ist leider immer so. Dafür gibt es dann die Nachbeobachtungsphase, die Surveillance, in der eben sehr genau geschaut wird, wo der Verdacht einer seltensten Nebenwirkung sich bestätigt und wie damit umzugehen ist. Hierauf schauen natürlich im Moment auch international noch mehr Leute als sonst.

In gewisser Weise ist es gut, dass wir eine Pandemie haben, denn dann können viele Menschen in die Studien eingeschlossen werden, weil im Moment viele Krankheitsfälle da sind. Die muss man sonst oft über Jahre sammeln, gerade bei selten gewordenen impfpräventablen Krankheiten. Deshalb werden wir, gerade wenn bald viele Menschen gleichzeitig geimpft werden können, auch seltenste Nebenwirkungen rasch erkennen können. Ich hoffe natürlich, dass es die nicht geben wird! Ich wünsche mir wirklich, dass die neuen Impfstoffe gut funktionieren und sicher sind!

Unterstützen Sie uns bei Steady!