Der Künstler Alexander Karle musste sich im vergangenen Jahr vor einem Gericht verantworten, weil er Liegestütze auf einem Altar gemacht hat. Nachdem das saarländische Oberlandesgericht den Tatbestand der Störung der Religionsausübung erfüllt sieht, muss sich nun das zuständige Landgericht in Saarbrücken erneut mit dem Fall beschäftigen.
Der skurrile Prozess dreht sich um den 39-jährigen Alexander Karle, der 26 Liegestütze auf einem Altar in der katholischen Kirche St. Johann in Saarbrücken gemacht hatte, um das Verhältnis zwischen Religion und Leistungsdruck zu thematisieren. Die Kunstperformance filmte er und zeigte das Video mit dem Titel "Pressure to Perform" anschließend in einem Schaufenster in der Saarbrücker Innenstadt.
Einige Mitglieder der katholischen Kirchengemeinde fühlten sich davon provoziert und verunglimpft. Nachdem zunächst die Polizei eingeschaltet wurde, ermittelte die Staatsanwaltschaft schließlich wegen Störung der Religionsausübung und Hausfriedensbruch. Die Kunstaktion bewertete sie als "grob ungehörige, eine rohe Gesinnung aufweisende Haltung". Gegen eine geforderte Geldstrafe von 1.500 Euro legte Karle jedoch Widerspruch ein. Das Saarbrücker Amtsgericht verurteilte ihn jedoch zu einer Geldstrafe von 700 Euro. "An diesem Tag ist eine Grenze überschritten worden", begründete die Richterin das Urteil. Dem Angeklagten fehle es im Umgang mit anderen "das Gespür für das, was angemessen ist."
Alexander Karle ging daraufhin gegen das Urteil in Berufung, da er nicht davon ausgegangen sei, mit seiner Kunstaktion religiöse Gefühle zu verletzen. Das Landgericht Saarbrücken reduzierte schließlich die Geldstrafe, da keine Störung der Religionsausübung stattgefunden habe und nur Hausfriedensbruch vorlag.
Dieser Auffassung widersprach nun das saarländische Oberlandesgericht. Denn das Besteigen des Altars und die darauf ausgeführten Liegestütze seien als "beschimpfender Unfug" zu werten, womit der Tatbestand der Störung der Religionsausübung erfüllt gewesen sei. Der Künstler habe mit seiner Aktion "in besonders roher und drastischer Weise die Missachtung der religiösen Bedeutung des Altars zum Ausdruck gebracht", was nicht durch die Kunstfreiheit zu rechtfertigen sei.
Falls Alexander Karle das Urteil nicht in nächster Instanz vor dem Verfassungsgericht prüfen lässt, wird sich das Landgericht erneut mit dem Fall beschäftigen müssen, um eine Strafe festzusetzen. Dabei ist es an die rechtliche Einschätzung durch das Oberlandesgericht gebunden.
9 Kommentare
Kommentare
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Ich habe nichts gegen Liegestütze auf dem Kirchenaltar, aber ist das tatsächlich Kunst? Oder: Darf ich auch?
Thomas Reutner am Permanenter Link
Das ist genau das Problem mit der Kunstfreiheit: Irgendjemand müsste bestimmen, was Kunst ist und was nicht.
Dagegen steht die Haltung des Gerichts gegenüber dem Empfinden von Abergläubischen. Hier ist die Rede von Grenzüberschreitung und dem Angeklagten wird "fehlendes Gespür fur das, was angemessen ist", attestiert.
Ich persönlich würde eher Religion als "beschimpfendem Unfug" bezeichnen. Aber in der Kunst und in der Religion sind die Geschmäcker bekanntlich verschieden.
David am Permanenter Link
ja wenn die kirche bei allen verbrechen auch mal so genau hinschauen würde (zb die eigenen, da kann man auch fündig werden)
"in besonders roher und drastischer Weise die Missachtung der religiösen Bedeutung des Altars zum Ausdruck gebracht", meinen die das ernst, wegen so einer doofen kirche und altar
annen anne Nerede am Permanenter Link
Man darf eine religiöse Bedeutung nicht missachten?? Was ist mit Freiheit von Religion? Ich muss die widerlichen Eucharistiehandlungen achten?Nicht verspotten?
karl kraus am Permanenter Link
Wer wurde gestört oder fühlte sich so während seiner Kult-Ausübung in der Kirche selbst?
Hans Trutnau am Permanenter Link
Eine sehr gute Frage!
Roland Weber am Permanenter Link
Als Religionsfreier habe ich für derartigen Klamauk nichts übrig! Anscheinend reicht das geistige Format nicht, um die Absurditäten der Religionen bzw. des Christentums zu erkennen.
Wolfgang am Permanenter Link
Mit Absurditäten kann man am meisten Kasse machen, siehe Kirchentage und Fußballweltmeisterschaft. Denn Dummheit ist leider nicht heilbar.
Tom am Permanenter Link
Warum überlassen die Gläubigen, die sich dadurch blasphemiert fühlen, die Angelegenheit nicht ihrem Gott anstelle von ein paar Anwälten?