Als "containern" wird das Sammeln noch verwendbarer Lebensmittel aus den Abfalltonnen von Lebensmittelmärkten bezeichnet. Obwohl strafbar, schlägt denen, die Lebensmittel vor der Entsorgung retten, große Sympathie entgegen. Jetzt hat die Verurteilung zweier Studentinnen in Oberbayern die Diskussion darüber, was mit unverkäuflichen Lebensmitteln geschehen soll, neu entfacht.
Seit 2011 der Film "Taste the Waste" aufgezeigt hat, wie viele noch essbare Lebensmittel wie Müll vernichtet werden, weil sie zu Beispiel nicht strengen optischen Ansprüchen entsprechen, weil sie überproduziert werden, um der Kundschaft stets die Auswahl voller Supermarkt-Regale zu bieten oder einfach nur der Platz für neue Ware benötigt wird, hat sich der Blick vieler auf die Verschwendung von Lebensmitteln geschärft. Containern ist damit nicht mehr nur ein Begriff für eine kleine Gruppe, die sich gegen Verschwendung und Ausbeutung auflehnt oder schlicht auf kostenlose Mahlzeiten angewiesen ist. Mehr Menschen beschlossen, sich die Tonnen des Lebensmittelhandels anzusehen.
Die Bilder von containerten Produkten sind erschreckend. So finden sich in den Tonnen eines Marktes Netze mit Früchten, in denen nur eine Frucht verschimmelt ist, Brote, die am selben Tag ablaufen, Säfte, die einem neuen Produkt weichen müssen und Dosen, deren einziges Problem eine Delle im Blech ist.
In den Folgejahren des Filmes kam es daher zu verstärkter Aufmerksamkeit durch Marktleitung und Polizei sowie Verurteilungen wegen des Diebstahles von Müll. Die Welt berichtete im Jahre 2014 von drei Studierenden, bei denen die Polizei ganz genau hingesehen hatte, weil sie mit ungeschnittenem Brot, Joghurt und weiteren Lebensmitteln im Auto unterwegs waren.
Während die Tonnen der Märkte oftmals offen in frei zugänglichen Höfen stehen, sodass containernden Menschen kein Übersteigen von Zäunen oder Öffnen verschlossener Tonnen vorzuwerfen ist, liegt der Fall bei den bayerischen Studentinnen anders. Sie hatten sich laut Bayerischem Rundfunk Zutritt zu verriegeltem Müll verschafft, sodass sie nicht nur fremdes Eigentum gestohlen haben. Sie erhielten jeweils eine Geldstrafe von 225 Euro, die jedoch nicht zu zahlen ist, wenn sie in den nächsten Jahren straffrei bleiben. Zudem müssen sie acht Stunden bei der Tafel aushelfen.
Nun stellt sich die Frage nach einer Gesetzesänderung. Während einige Märkte nicht mehr verkäufliche Waren bereits jetzt zur freien Entnahme aufstellen oder mit Foodsharing zusammenarbeiten, um zu verhindern, dass Nahrung überhaupt erst im Abfall landet, bedarf es bei anderen wohl einer neuen Gesetzgebung. Andere Länder machen es bereits vor. So müssen Supermärkte in Tschechien laut Tagesschau karitativen Einrichtungen die Lebensmittel anbieten. In Frankreich müssen größere Märkte einen Plan für unverkäufliche Lebensmittel haben. Dieser kann laut GEO allerdings auch in der Verwendung der Produkte als Tierfutter oder die Kompostierung bedeuten.
13 Kommentare
Kommentare
Kay Krause am Permanenter Link
Das Thema wäre durchaus auszuweiten, auf tausende / hunderte(ich kenne die genaue Zahl nicht?)Tonnen Obst und Gemüse, die jährlich vernichtet werden, damit sie nicht auf den Markt kommen und die Preise stabil bleiben.
Markus Schiele am Permanenter Link
Eine Gesellschaft die das Stehlen von Müll verbieten muss ist krank.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Empfehle, mit zivilem Ungehorsam zu containern.
WalterPP am Permanenter Link
Sie rufen also zu einer Straftat auf, auch wenn Sie es euphemistisch und heroisierend "zivilen Ungehorsam" nennen.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Das scheine ich in Kauf zu nehmen.
Karl Kloos am Permanenter Link
Herr Trutnau, gut gemeint ist nicht das gleiche wie gut. Das wissen Sie.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ich meinte das weder gut noch schlecht, Karl Kloos.
Und ich meinte weder Müll noch Saustall.
Wollte ich Ihnen noch zu wissen geben.
Karl Kloos am Permanenter Link
Hans, Sie weichen aus. Sie empfehlen den zivilen Ungehorsam, um zu containern. Das impliziert quasi den guten Willen oder "das Gerechte" über das Gesetz zu stellen.
Karl Kloos
Hans Trutnau am Permanenter Link
Das scheine ich in Kauf zu nehmen.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Schöne Welt haben wir da, wir importieren Lebensmittel aus Ländern in denen Menschen verhungern und werfen den Überschuss in die Tonne, dann kommen bei uns hier, Leute (Rentner, Obdachlose, ect.) und glauben den Übe
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Nicht vergessen, wir leben in einem christlichen Land, Abend-Land!
Unechter Pole am Permanenter Link
Den Kapitalismus und die "Marktwirtschaft" nur an dieser einziger Stelle zu hinterfragen bzw. auszuhebeln wäre mindestens verlogen.
Kay Krause am Permanenter Link
Unechter Pole, da kann ich Ihnen nur beipflichten! Aber der Mensch kann ja nicht 24 Stunden am Tag alles um sich herum hinterfragen oder kritisieren, was ihm nicht gefällt, was unvernünftig oder nicht rechtens ist.
Gruß aus dem echten Polen,
Kay Krause