Mordserie an säkularen Aktivisten in Bangladesch setzt sich fort

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Vorderansicht der Islamic University of Technology Hauptgebäude und des Studentencenters
Islamic University of Technology

Es ist wieder passiert: Erneut ist ein bekannter Atheist in Bangladesch getötet worden. Man vermutet einen islamistischen Hintergrund, bedroht wurde der engagierte Mann schon länger. Doch auch von staatlicher Seite müssen Freidenker in dem muslimischen Land mit Repressalien rechnen.

Shahzahan Bachchu, Verleger, Autor und Politiker, wurde vor drei Tagen von vier oder fünf unbekannten Angreifern auf Motorrädern erschossen. Der Vorfall ereignete sich in den Abendstunden in seinem Heimatdorf Kakaldi in der Nähe der Hauptstadt Dhaka . Der 60-Jährige soll sich verschiedenen Berichten zufolge gerade in einer Apotheke (New Delhi Television) beziehungsweise einer Teestube (New Age) aufgehalten haben. Seine Mörder sollen Bomben geworfen haben, um Panik zu verbreiten. Shahzahan war sofort tot. Sein Körper wird nun im Krankenhaus des Distrikts Munshiganj obduziert.

Laut New Age, einer englischsprachigen Tageszeitung aus Dhaka, soll ein leitender Beamter der Einheit gegen Terrorismus und transnationale Kriminalität gesagt haben, man werde der Sache unter dem Aspekt nachgehen, dass das Opfer ein säkularer Schriftsteller war. Die Polizei konnte nicht sofort sagen, ob es sich hierbei um einen Anschlag von Islamisten handele. Es wurden Ermittlungen zu allen in Frage kommenden Motiven eingeleitet. Shahzahan Bachchu soll aber schon länger im Visier muslimischer Extremisten gewesen sein und wiederholt Todesdrohungen erhalten haben. Er wechselte deshalb häufig seinen Aufenthaltsort. "Sein Name stand auf der Liste fortschrittlich denkender Persönlichkeiten, deren Hinrichtung die Extremisten planten" soll die Frau des Getöteten laut Dhaka Tribune gesagt haben. Den Schutz der Polizei habe er nicht gesucht, so Hauptkommissar Jayedul Alam gegenüber Dhaka Tribune. Die Ermittlungen blieben bisher ohne Ergebnis. Vorgestern bildeten Demonstranten eine Menschenkette vor der Distriktsverwaltung von Munshiganj, um gegen den Mord zu protestieren.

Seit 2013 fallen Freidenker in Bangladesch immer wieder Islamisten zum Opfer. Doch auch von staatlicher Seite werden säkulare Blogger, Autoren und Verleger verfolgt: Wer etwas veröffentlicht, das religiöse Gefühle verletzen könnte, macht sich laut dem bengalischen Informations- und Kommunikationstechnologie-Gesetz strafbar.

Shahzahan trat offen für säkulare Prinzipien ein. Sein "Stern-Verlag" (Originalname: Bishaka Prakashani) druckte Bücher, vor allem Lyrik, die sich mit humanistischem Gedankengut beschäftigten. Auch auf seiner Facebook-Seite setzte er sich kritisch mit Religionen auseinander. Er plante außerdem, im ganzen Land Studienzentren für Säkularismus zu eröffnen. Darüber hinaus war er ehemaliger Generalsekretär der Kommunistischen Partei von Bangladesch für den Distrikt Munshiganj.

Andrew Copson, Präsident von IHEU (International Humanist and Ethical Union), reagierte erschüttert auf die Todesnachricht: "Wir sind am Boden zerstört, dass das Schreckgespenst der Gewalt in die Freidenker-Gemeinschaft Bangladeschs zurückgekehrt ist. Jeder humanistische Autor und säkulare Aktivist und freidenkende Verleger, der in den letzten Jahren getötet wurde, war ein Verteidiger der Rechte anderer, ein Liebhaber von Menschlichkeit, Vernunft und Gerechtigkeit. Die Morde an ihnen stehen all diesen universalen Werten entgegen." Er forderte die Regierung des Landes auf, die jihadistischen Netzwerke, die für die Taten verantwortlich seien, aufzuspüren und richtete auch einen Appell an die internationale Gemeinschaft, Druck auf Bangladesch auszuüben, seine Humanisten und Menschenrechtsverteidiger zu schützen.

Auch PEN International, eine Vereinigung, die sich weltweit für Schriftsteller und freie Meinungsäußerung einsetzt, trauert um Shahzahan Bachchu. Sie verlangte von den zuständigen Behörden, den Mord sorgfältig und unverzüglich zu untersuchen und alle Verantwortlichen vor Gericht zu bringen. Reporter ohne Grenzen meldete sich ebenfalls zu Wort. Daniel Bastard, Vorsitzender der Abteilung Pazifisches Asien, forderte ein Ende der "diese Morde umgebenden Kultur der Straflosigkeit". Die Regierung solle alles tun, was möglich sei, um Täter und Anstifter dieser Verbrechen zu finden. Außerdem müssten die Behörden einen Mechanismus schaffen, um Blogger, die mit dem Tod bedroht werden, zu schützen.