Die indische Regierung hat einen Erlass verabschiedet, nach dem die muslimische "Sofortscheidung" Talāq verboten wird. Die Regierung setzt damit ein Urteil des Obersten Gerichts von vor einem Jahr um, welches die Rechte muslimischer Frauen durch diese Scheidungspraxis verletzt sah. Wer gegen den Erlass verstößt, hat mit einer Geldstrafe oder einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren zu rechnen. Das Oberhaus des Parlaments ließ den Erlass zunächst durchfallen, während das Unterhaus ihn bestätigte. Einige muslimische Verbände kritisieren ihn als Einmischung in religiöses Recht.
Im muslimischen Ehe-Recht gibt es für den Mann einen einfachen Weg, um sich von seiner Frau scheiden zu lassen. Dazu bedarf es keines Trennungsjahres und umfangreicher juristischer Verhandlungen, sondern nur der dreifachen Aussprache einer Formel, in der die Frau verstoßen wird. Diese muslimische Art der Sofortscheidung nennt sich Talāq. Dieser kann auch per Telefon, Nachrichtendienst oder einfacher Veröffentlichung in einem der sozialen Medien erfolgen.
Das Oberste Gericht sah es bereits Ende 2017 als erwiesen an, dass durch diese vereinfachte Scheidung die Rechte der Frauen beschnitten werden. Justizminister Ravi Shankar Prasad begrüßt deshalb die aktuelle Regierungs-Entscheidung zum Verbot des Talāq und ruft die Opposition dazu auf, diese Entscheidung zu akzeptieren. Immerhin haben 22 Länder, inklusive der indischen Nachbarländer Pakistan und Bangladesh, diese Scheidungspraxis bereits verboten.
In Indien gehören etwa 13 % der Bevölkerung, ca. 170 Millionen Menschen, dem Islam an. Die Juristische Muslimische Vereinigung sieht den Talāq zwar ebenfalls als ungerecht an, verbittet sich jedoch jede gerichtliche Einmischung in religiöse Angelegenheiten. Fortschrittliche Muslim*innen kritisieren die Vereinigung für ihre Position. Muslimische Frauenrechtsgruppen machen seit Jahrzehnten Kampagnen gegen den Talāq.
Im Parlament feilscht die Opposition derzeit um eine Verringerung der Strafen und Veränderungen weiterer Modalitäten. Einige Anpassungen gab es bereits. So ist es nur der Ehefrau und Blutsverwandten möglich, einen Mann des Talāq zu beschuldigen. Vorher konnte jede Person eine Anzeige bei der Polizei dazu ausfüllen.
Zunächst gilt der Erlass nur für sechs Monate. Bis dahin muss auch das Parlament zustimmen, sonst läuft das Verbot aus. Immerhin gelten während der nächsten sechs Monate auch die bereits festgelegten Strafen. Dass diese notwendig sind, zeigt die Aussage Prasads, dass es seit dem Gerichtsbeschluss keine Änderung im Verhalten gegeben habe und 201 "Schnellscheidungen" dokumentiert wurden.
Immer noch nehmen Religionsgemeinschaften weltweit für sich in Anspruch, über den Gesetzen der Staaten zu stehen und in Fragen von Familie und Ehe die erste Instanz zu sein.
8 Kommentare
Kommentare
Roland Fakler am Permanenter Link
Wenn wir den Azteken weiterhin verbieten, ihrem Gott Quetzalcoatl Menschenopfer zu bringen, ist das nicht nur ein schwerwiegender Eingriff in religiöses Recht, sondern wir fordern damit auch den baldigen Untergang de
Eva Vogt am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Fakler, ich wage zu bezweifeln, dass sie auch nur im Ansatz wissen was sie mit ihrem Kommentar, sagen. In Indien, darf nur ein Mann diese Praxis anwenden mit verheerenden Folgen für die Frau.
Roland Fakler am Permanenter Link
Sehr geehrte Frau Vogt, ich glaube sie haben die Ironie meines Satzes nicht verstanden.
Eva Vogt am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Fakler, es tut mir leid in diesen Punkten bin ich humorlos.
Sorry, für das Missverständnis
Roland Fakler am Permanenter Link
Es gibt kein religiöses Recht. Alles Recht ist von Menschen gemacht. Oft haben aber Herrscher, wie z.B.
"Wenn sie allerdings sowieso, davon ausgehen, dass Frauen sowieso keine wirklichen Menschen sind und Rechte sind für diese Wesen dann völlig überflüssig."
Wie sie zu diesem seltsamen Schluss kommen können, bleibt mir allerdings ein Rätsel.
Eva Vogt am Permanenter Link
Uff, Herr Fakler, es liegt offensichtlich wohl daran, dass sie ein Mann sind..sonst müsste auch ihnen schon aufgefallen sein, dass wir Frauen..weder die gleichen Rechte noch die gleiche Bezahlung noch, nochin Führungs
Mit zornigen Grüssen. e.vogt
Roland Fakler am Permanenter Link
Wenn sie sich dabei besser fühlen, ihren Zorn auf mich abgeladen zu haben, nehm ich das gerne an.
Ich weiß bloß noch nicht so recht, worauf sich denn ihr Zorn gründet. Wir sind doch völlig einer Meinung.
Eva Vogt am Permanenter Link
Vielleicht sollten sie ihren letzten Satz noch einmal lesen..wie ich auf die Idee komme Frauen wären keine vollwertigen Menschen...darauf bezieht sich meine Antwort.