Am Sonntag beginnt der Ramadan. Nach Frankfurt am Main und Köln wird es nun auch in München eine Beleuchtung anlässlich des muslimischen Fastenmonats geben. Doch nicht so raumgreifend, denn München wahrt ein paar säkulare Prinzipien.
Im vergangenen Jahr berichtete der hpd bereits über die Ramadan-Beleuchtung in zwei deutschen Großstädten. In diesem Jahr kommt München dazu. Jedoch soll nur am Zuckerfest am Ende des Ramadans drei Stunden lang eine Illumination ("Frohes Fest") am Alten Rathaus zu sehen sein.
Die Süddeutsche Zeitung (SZ) kritisiert, dass man in der Münchner Öffentlichkeit nicht mehr vom Ramadan mitbekommt, schließlich lebten in der bayerischen Landeshauptstadt zwischen 60.000 und 120.000 Muslime. Eine recht ungenaue Zahl mit einem Schwankungsgrad von 50 Prozent. Sie ist deshalb so vage, weil gläubige Muslime nicht so organisiert sind wie es bei katholischer und evangelischer Kirche der Fall ist, sondern in verschiedenen Moscheeverbänden, von denen nur die wenigsten als Körperschaft des öffentlichen Rechts offiziell als Religionsgemeinschaft anerkannt sind. Und die meisten Menschen, die man dem Islam zurechnet, gehören gar keinem solchen Verband an, ihnen wird die Zugehörigkeit zum muslimischen Glauben aufgrund ihrer Migrationsgeschichte einfach unterstellt. Dass es auch säkulare Muslime oder Ex-Muslime gibt, die kein Interesse am öffentlichen Zurschaustellen religiöser Feste haben, zieht man gar nicht in Betracht. Nein, man weist ihnen eine kollektive islamische Identität zu.
Laut SZ will man die "'Normalisierung von islamischen Feiertagen'" voranbringen und "antimuslimischem Rassismus"1 entgegenwirken. Das ist sicherlich gut gemeint, die Frage ist, ob man nicht das genaue Gegenteil damit bewirkt. Durch das offensive Sichtbarmachen von islamischem Brauchtum könnten auch weitere Abwehrreaktionen provoziert werden. Deutschland ist ein säkulares Land, 46 Prozent der Bevölkerung gehören keiner Religionsgemeinschaft an. Die meisten sind religiös desinteressiert und begehen Feste wie das durch das Christentum annektierte Weihnachten als religionsfreie Familienfeiern. Tut man der Integration mit der Maßnahme der Ramadan-Beleuchtung einen Gefallen oder einen Bärendienst? Werden AfD-Anhänger, die der Partei am letzten Sonntag über 20 Prozent der Wählerstimmen bescherten, sich durch diese Maßnahme nicht eher bestätigt fühlen? Ist es der richtige Weg, diesen Ressentiments mit mehr Islampräsenz zu begegnen? Oder wäre nicht eher der Säkularismus die Lösung? Also eine weltanschauliche Neutralität staatlicher Stellen in einer zunehmend pluralen, aber vor allem auch konfessionsfreien Gesellschaft?
Doch säkulare Stimmen kommen im SZ-Beitrag nicht vor, stattdessen wird bedauert, dass die Stadt München kein offizielles Fastenbrechen ausrichtet, sondern "die 'religiös-weltanschauliche Neutralität' wahren und keine Begehrlichkeiten anderer Religionsgruppen wecken wolle" und die Stadt selbst ihre Immobilien nur für kulturelle und nicht für religiöse Zwecke zur Verfügung stelle. Doch das ist genau das richtige Signal einer liberalen, weltoffenen Stadt, die das Gebot der Trennung von Staat und Religion ernst nimmt. Es wurde ein Kompromiss gefunden, der nicht als "'Light-Version'" zu beklagen ist.

1 Der hpd nutzt diesen Begriff selbst nicht, da eine Religionszugehörigkeit kein unveränderliches Merkmal eines Menschen wie etwa die Hautfarbe darstellt. Daher ist die Bezeichnung unpassend und verharmlost echten Rassismus. Besser geeignet ist aus Sicht des hpd der Begriff "Muslimfeindlichkeit".