Anfang April 2022 verlor der ehemalige pakistanische Premierminister Imran Khan ein Misstrauensvotum wegen des Vorwurfs schlechter Regierungsführung. Sein Nachfolger Shehbaz Sharif war erst kurz im Amt, als Khan in einer Moschee in Medina von pakistanischen Pilgernden beschimpft und ihm blasphemische Äußerungen vorgeworfen wurden. Ein Vorwurf, der in Pakistan zu langen Gefängnisstrafen oder gar zum Tod führen kann.
Pakistans Anti-Blasphemie-Gesetze sehen hohe Gefängnis- und sogar die Todesstrafe vor für diejenigen, die religiöse Gefühle verletzen, indem sie zum Beispiel Prophet Mohammed beleidigen. Einfache Nachrichten, zum Beispiel in sozialen Netzwerken oder über den Messenger-Dienst WhatsApp versendet, können zum Todesurteil führen oder dafür sorgen, dass Menschen ihr Leben im Gefängnis fristen müssen. Verlockend also, den unbeliebten Nachbarn oder die Rivalin der Blasphemie zu bezichtigen. Besonders, wenn die Person im muslimischen Pakistan zum Beispiel einer christlichen oder hinduistischen Minderheit angehört oder zu den ebenfalls muslimischen Ahmadyya zählt.
Gefährlich ist nicht nur die Verurteilung für Blasphemie, welche in vielen Fällen, wie dem von Salma Tanvir, kaum nachzuvollziehen sind. Sondern auch bereits die Beschuldigungen. Erst im April dieses Jahres wurde wegen einer geträumten Blasphemie eine Lehrerin gelyncht. Im Januar kam es wegen der Entfernung eines Plakates zur Blasphemie-Beschuldigung und zum Lynchmord an einem in Pakistan lebenden Sri-Lanker. Im letzten Jahr brannte unter anderem ein wütender Mob eine Polizeistation nieder, weil ein Blasphemie-Beschuldigter von der Polizei nicht an den Mob herausgegeben wurde. Selbst, wer nicht verurteilt wird, ist vor der Lynchjustiz religiösen Fanatismus nicht sicher.
Darum fürchtet man nun auch um Leben und Gesundheit des pakistanischen Ex-Premierministers, sowie seiner Angehörigen und Mitglieder seiner Partei. Blasphemie-Vorwürfe, wie sie nach einem Zwischenfall im saudi-arabischen Ort Medina laut wurden, könnten Gewalttaten zur Folge haben. Selbst, wenn sie so konstruiert wirken, wie in diesem Fall um Shehbaz Sharif von der Pakistan Muslim League. Sharif folgte nach der Niederlage Khans beim unter anderem wegen explodierender Lebensmittelpreise in Pakistan durchgeführten Misstrauensvotum wegen schlechter Regierungsführung als Premierminister. Bei einer Reise nach Medina wurde Shehbaz Sharif von Pilgernden beleidigt. Die Pilgernden wurden teilweise von saudischen Behörden festgenommen, da sie nach Videoaufzeichnungen Begriffe wie "Verräter" und "Dieb" im Gotteshaus gerufen hatten. Da den Rufenden Verbindungen zu Khans Partei, Pakistan Tehreek-e-Insaf, nachgesagt wird, treffen ihn die Blasphemie-Vorwürfe. Laut pakistanischem Innenminister Rana Sanaullah soll niemand von der Untersuchung des Zwischenfalles in Saudi Arabien verschont werden.
Während Imran Khan und seine Anhängerschar die Vorwürfe als lächerlich abtun, sehen andere ihn bereits im Gefängnis sitzen. Khan forderte den Obersten Gerichtshof in Islamabad auf, die Vorwürfe gegen ihn fallen zu lassen. Die Anhörung des Falles soll für den 9. Mai 2022 angesetzt sein.