"Welche Partei soll ich als Konfessionsfreier / Säkularer / Atheist / Humanist bei der Europawahl wählen?" – Diese Frage schickte der Humanistische Pressedienst an 21 Parteien, die zur Europawahl 2024 antreten. Lesen Sie hier die Antwort von Die Linke.
Weltweit und in der EU sind rechte, autoritäre und anti-aufklärerische Kräfte auf dem Vormarsch. Unter dem Verweis auf ein "christliches Europa" oder das "christliche Abendland", das sie vorgeblich schützen wollen, hetzen sie gegen die gleichberechtigte Teilhabe an demokratischen Rechten, machen mobil gegen religiöse und ethnische Minderheiten und stellen die Gleichberechtigung aller Geschlechter sowie die Selbstberechtigung der Frau massiv in Frage. Bei den etablierten politischen Kräften treffen sie dabei auf wenig Gegenwehr. Gerade klassisch konservative Parteien, die vor wenigen Jahrzehnten noch ganz ähnliche Positionen vertreten haben, treten mit ihnen in einen Wettbewerb der menschenfeindlichen Niedertracht.
Der hpd gibt den Parteien auch diesmal wieder selbst die Gelegenheit, sich seiner Leserschaft mit einem selbstverfassten Text vorzustellen. Darin sollten sie erläutern, inwieweit die jeweilige Partei die Interessen von Konfessionsfreien / Säkularen / Atheisten / Humanisten vertritt und deshalb von religionsfreien Menschen gewählt werden sollte. Nicht alle Parteien haben geantwortet. Der hpd veröffentlicht die eingereichten Texte im Wortlaut in der Reihenfolge des Eingangs.
Dagegen steht Die Linke fest und klar in der Tradition von Aufklärung und Humanismus. Wir wollen kein Europa der Väterländer oder ethnisch definierter Völker, sondern ein Europa der Menschen, das mit einer starken öffentlichen Infrastruktur, gleichberechtigtem Zugang zu Bildung und Kultur, der Umverteilung von oben nach unten, der Demokratisierung aller Lebensbereiche Selbst- und Mitbestimmung verwirklicht.
Ausnahmen von betrieblicher Mitbestimmung in Kirchen und Religionsgemeinschaften, wie es sie in Deutschland weiterhin gibt, wollen wir in der gesamten EU abschaffen. Wir fordern ein starkes Streikrecht, das an den Türen der Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie der von ihnen getragenen sozialen Einrichtungen – Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern etc. – nicht halt machen darf. In diesem Sinne setzen wir uns für die konsequente Umsetzung der EU-Gleichbehandlungsrichtlinie ein, die eine Privilegierung der Kirchen im Arbeitsrecht ausschließt. Wir setzen uns in Deutschland und Europa für ein politisches Streikrecht ein. Denn die Rahmenbedingungen für die Durchsetzungsfähigkeit von Gewerkschaften in Lohnfragen, der betrieblichen Mitbestimmung, bei Mindestlöhnen und gesetzlichen Höchstarbeitszeiten werden politisch entschieden. Und selbstverständlich müssen sich Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Beschäftigte des öffentlichen Dienstes dagegen zur Wehr setzen können, wenn autoritäre Kräfte an der Macht versuchen, ihr Programm des "Kulturkampfs" und der Beschneidung von Arbeitnehmer*innenrechten von oben durchzusetzen. Dieses Recht auf politischen Streik muss selbstverständlich auch für Beschäftigte in bekenntnisgebundenen Einrichtungen gelten.
Wir treten für eine konsequente Säkularisierung des öffentlichen Raums ein. Dazu gehört für uns, dass Kruzifixe, wie alle religiösen Symbole, in Amtsstuben, Schulen und Gerichten nichts zu suchen haben. Die konsequente Trennung von Kirche und Staat bleibt für uns Ziel und Richtschnur unseres Handelns. Religiöse und weltanschauliche Minderheiten müssen geschützt werden. Kinder und Jugendliche sollen in der Schule Wissen über Religion erwerben, um wechselseitige Toleranz und gegenseitiges Verständnis zu fördern. Bekenntnisorientierten Religionsunterricht, der noch dazu durch die konfessionsfreie Mehrheit der Steuerzahler*innen finanziert wird, lehnen wir hingegen ab.