In der ausverkauften Jazzschmiede zeigte sich Philipp Möller wieder in Höchstform bei der Vorstellung seines aktuellen Bestsellers "Gottlos glücklich". Möller trat dort am 19. April auf Einladung des DA!, der Düsseldorfer Regionalgruppe der gbs auf. Dabei kam die satirische Komponente nicht zu kurz, so dass ein interessantes, abwechslungsreiches und kurzweiliges Programm geboten wurde.
Philipp Möller präsentierte ausgehend von den Buchkapiteln in lockerer Form seine Themen. Von allgemeiner Religionskritik bis hin zu seinen persönlichen Erfahrungen mit Religion. Seine Erlebnisse als Lehrer, bei Aktionen, in Diskussionen und Talkshows schilderte er akribisch und mit der nötigen Polemik. Insgesamt kriegte jeder in diesem "verflucht komplexen Thema" Religion sein Fett weg. Drei Beispiele:
Er brachte ein paar Fakten aus dem umfangreichen Fundus von Carsten Frerks Datensammlung, die ein erhellendes Licht auf die aktuelle Wahrnehmung und die Realität der Religionen, insbesondere des Christentums in Deutschland werfen. Ca. 40% der Deutschen sind nicht Mitglied einer Religionsgemeinschaft, aber 79% der Jugendlichen in Deutschland denken, auch ohne Gott und Kirche ein glückliches Leben führen zu können. Nur 1,8% der Kosten von Caritas und Diakonie werden von der Kirche getragen, der Rest finanziert sich durch Steuergelder. Die Zuhörer erstaunte sehr, dass der Einzug der Kirchensteuer schätzungsweise jährlich eine Belastung von 1,8 Milliarden (ja, richtig gelesen Milliarden, nicht Millionen) für den Staatshaushalt und die Unternehmen bedeutet. Dass wir Steuerzahler die Feierlichkeiten für die "Lutherdekade" (2008 - 2017) mit 250 Millionen Euro unterstützen, war den wenigsten Zuhörern bekannt. Dabei ginge es auch anders, wenn Religion in Deutschland Privatsache wäre (siehe Beispiel Österreich).
Möller berichtete von der erfolgreichen Buskampagne im Jahr 2009: "Es gibt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Gott", die er im ersten Kapitel seinen Buches Revue passieren lässt. Nachdem in Berlin die öffentlichen Verkehrsbetriebe eine ähnliche Werbung mit der Begründung der weltanschaulichen Neutralität abgelehnt hatten (Kirchen dürfen dort selbstverständlich werben), wurde u.a. von Philipp Möller ein eigener Bus mit entsprechender Werbebotschaft organisiert.
Im Schulbetrieb, den er aus seiner Sicht als Lehrer einer Berliner Grundschule schilderte, ist es noch immer nicht selbstverständlich, auch religionskritische Haltungen zu vertreten. Insbesondere die religiös geprägten Schülerinnen und Schüler sind nur schwer von einer toleranten Haltung zu überzeugen. Stichwort: "Ey, Lehrer, du musst erst beweisen, dass es keinen Gott gibt!". Worauf hin Möller einen gedachten Drachen ("Aloffi") in seinem Keller einführte, dessen Existenz die Schüler widerlegen sollten (und natürlich nicht können).
Abschließend zeigte Möller, auf vielfachen Wunsch als Zugabe, noch einen Film seines Diskussionsbeitrags, bei "Disput Berlin". Hier verstand er es auf einmalige Weise vor einem hochrangig mit Vertretern des Klerus besetzten Podium innerhalb von 4 Minuten und 10 Sekunden die Kernpunkte der aktuellen Kirchenkritik und Aufklärung darzustellen.
Die Veranstaltung mit Philipp Möller begeisterte die Zuhörer und führte zu einer angeregten Diskussion. Trotz des ernsten Themas gingen viele Gäste des Düsseldorfer Aufklärungsdienstes lächelnd nach Hause.
4 Kommentare
Kommentare
Klaus Bernd am Permanenter Link
"Dabei ginge es auch anders, wenn Religion in Deutschland Privatsache wäre (siehe Beispiel Österreich)." echt jetzt ? ist das ironisch satirisch gemeint ?
Hans Trutnau am Permanenter Link
Auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil:
Religion kann (und muss) mit Spott begegnet werden.
Aloffi!
Rainer am Permanenter Link
Sehr interessant ist der Video-clip: 'Disput Berlin von 2011',
insbesondere der Vergleich der Abstimmungsergebnisse. Zu Beginn 56.3%, am
Ende 58.1%.
plausibel machen? Keineswegs! (Nicht einmal die Knaller-Argumente der
Fürstin können überzeugen) Der Grund dürfte wohl sein: Menschen lassen
sich nicht von Argumenten überzeugen, sondern sie gieren nach Ego-Politur.
Davon hat die Religion reichlich, der Naturalismus wenig.
1. Diskussionen über die Frage nach der Existenz Gottes (mit oder ohne
Wahrscheinlichkeitssaussagen) sind völlig fruchtlos. Eine Entscheidung ist
ohnehin nicht möglich.
2. 80% der Vortragsinhalte waren hier Kuschel-Kritik. d.h. Kritik am
Fundamentalismus und an Missständen in den Glaubensinstitutionen, aber
nicht an der Bibel und am Glauben selbst. Hier lässt sich dann sogar
Einigkeit erzielen zwischen den Ungläubigen und den Softie-Gläubigen. Der
selbstverliebte Huber hält sich für einen Religions- und Kirchenkritiker.
3. Ein richtiger Aufreger wird dann die Frage: 'Interessiert sich ein Gott
(sollte es ihn geben) überhaupt für den Menschen?' Möller ist der einzige
Diskutant, der implizit diese Frage anspricht ('der kindische Aberglaube
der jüdischen Religion' Zitat Einstein). Imkamp - völlig unfähig zur
begrifflichen Trennung von ethnischen und religiösen Fragen - poltert los,
dass dies 'in Berlin nicht gesagt werden darf'. (Wo muss Möller hingehen,
dass er Einstein zitieren darf?)
4. Wenn der jüdische Glaube ein Aberglaube ist, dann ist dies auch der
christliche Glaube und die Bibel ist nur ein altorientalisches
Märchenbuch. Kein Hofknicks vor der Bibel! Auch nicht als Kulturleistung!
Ende der Ego-Politur für den Menschen! Strikte Trennung von Moral und
Religion! Folglich: Kritik nicht nur an den Auswüchsen der Religion,
sondern an den gedanklichen Grundlagen dieses scheinheiligen Buches. Der
Gottesglaube ist als Selbstbeweihräucherungsstrategie zu entlarven! Doch
1.000 Gründe können den Frommen hier nicht überzeugen, weil er nach
Ego-Politur giert.
Und das erklärt das Abstimmungsergebnis.
Rainer
renate huber am Permanenter Link
es wimmelt nur so von frommen büchern von theologen. da ist es besonders wichtig, dass religionskritische bücher wie "gottlos glücklich" von möller dagegenhalten.