Anlässlich eines Treffens mit Vertretern der EU appellieren Seenotrettungs- und Menschenrechtsorganisationen in einem offenen Brief an den UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, sich gegen die jüngsten Pläne der EU zu "regionalen Ausschiffungsplattformen" zu stellen.
Zu den Unterzeichnern des Offenen Briefes gehören unter anderem die Ärzte ohne Grenzen, Pro Asyl und Sea-Watch.org. Der Brief richtet sich an den UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi und fordert diesen auf, sich gegen die jüngsten Pläne der EU zu "regionalen Ausschiffungsplattformen" zu positionieren.
Mit den Plänen zu "regionalen Ausschiffungsplattformen" in Drittstaaten zeichnet sich eine weitere Eskalation in der Entrechtung Schutzsuchender ab. Das Konzept sieht vor, die lebensgefährliche Flucht nach Europa weitgehend zu unterbinden und so den Zugang zu Asyl auf europäischem Boden zu versperren. Umsetzender Partner für die "regionalen Ausschiffungsplattformen" soll neben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) auch das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) sein.
Der UNHCR ist das dem Flüchtlingsschutz verschriebene Organ der Vereinten Nationen. Seine Aufgabe ist es, den Schutz von Schutzsuchenden sowohl national als auch international zu verteidigen. Das Gegenteil ist in der vorgelegten Konzeption der "Ausschiffungsplattformen" der Fall. Die EU will ihre Verpflichtung zur Aufnahme von schutzsuchenden Personen nach Nordafrika auslagern. Trotz offener Fragen bezüglich der Einhaltung menschenrechtlicher Standards hat der UNHCR in den letzten Wochen die Bereitschaft gezeigt, sich operativ an den regionalen Ausschiffungsplattformen zu beteiligen.
Im Hinblick auf das Treffen zwischen dem UNHCR und der Europäischen Union hoffen die acht unterzeichnenden Organisationen, dass der UNHCR die EU an ihre Verantwortung schutzsuchenden Personen gegenüber erinnert – eine Verantwortung, die nicht an Drittstaaten abgegeben werden kann.
Die unterzeichnenden Seenotrettungsorganisationen sind in der jüngsten Vergangenheit Opfer staatlicher Kriminalisierungsversuche geworden. Die Blockade der zivilen Seenotrettung hat dazu geführt, dass noch mehr Bootsflüchtlinge ihr Leben auf der Flucht nach Europa verloren haben. Die Organisationen rufen den UNHCR an, sich entschieden gegen die Einschränkung der Seenotrettung durch die EU und nationale Regierungen zu stellen. Es müssen sichere und legale Zugangswege nach Europa geschaffen werden. Das Asylrecht darf nicht ausgeschifft werden.
3 Kommentare
Kommentare
Klaus D. Lubjuhn am Permanenter Link
Zur NGO - KRITIK
Einwände der NGO’s:
“Das Konzept sieht vor, die lebensgefährliche Flucht nach Europa weitgehend zu unterbinden…”
Das sei doch auch im Interesse von sog. Seenotrettungs - und MR - Organisationen (=SN-und MR) - so dachte man bisher.
“Seine Aufgabe (UNHCR) ist es, den Schutz von Schutzsuchenden sowohl national als auch international zu verteidigen. Das Gegenteil ist in der vorgelegten Konzeption der "Ausschiffungsplattformen" der Fall”.
Wenn der UNHCR diese Aufgabe übernimmt - so ist den SN- und MR - Organisationen entgegenzuhalten - wird diese Konzeption doch vom UN - Commissioner for Refugees überwacht. Das ist die höchste für MR zuständige, anerkannte Ebene der UN - Aufsicht.
Auch der nächste Kritikpunkt dieser Organisationen ist merkwürdig schief :
“Die EU will ihre Verpflichtung zur Aufnahme von schutzsuchenden Personen nach Nordafrika auslagern”.
Nicht ihre Verpflichtung wird ausgelagert, der Ort, an dem sie ihre Aufnahme- Verpflichtung prüfen wollen.
Grund sind die im europäischen und im Recht der Migliedsstaaten unterschiedlichen Normen, die eine Abschiebung der Menge von nicht anerkannten Asylbewerbern sehr erschwert haben, die über das westliche Mittelmeer nach Europa gelangt sind. Das sind in der Vergangenheit immerhin mehr als 95% (!) nicht anerkannte Asylbewerber gewesen. 95%!
Marvin am Permanenter Link
Sie suchen Schutz bis sie wieder in ihre Heimat zurückkönnen, und wenn dies kostengünstig in Drittländern passiert umso besser.
Boote auf dem Meer abfangen und zurückbringen, das ist der beste Weg Menschen von der gefährlichen Überfahrt abzubringen und ihr Geld Schleppern (die sich ohnehin nur die Besserverdienern leisten können) zu geben statt in eine Zukunft im eigenen Land zu investieren, bzw. im kulturell und sprachlich ähnlichen Nachbarland.
Was ist das eigentlich für ein, von Linken gutgeheißener, neuer Imperialismus der hier betreiben wird? Armen Ländern deren Arbeiter und Eliten abzugrasen...
Asyl nur für Nachbarländer oder im Einzelfall für Menschen die sich politisch hier in Deutschland auch weiterhin für die Demokratie in ihrer Heimat einsetzen wollen und tun. Oder Deutschlands (Zivilgesellschaft) Interessen nutzen, wie Beispielsweise bei Enthüllern (Snowden, Assange etc.).
A.S. am Permanenter Link
Ich verstehe die Migrationsbewegungen als eine Mischung aus echter Flucht (Hunger, Bürgerkrieg) und "Goldrausch" (der Traum von einem besseren Leben in Europa).