Ein religionsverfassungsrechtlicher Blick auf den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonskirche

Der Staat als Kirchenbauer?

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Carl Hasenpflug: Die Garnisonkirche zu Potsdam, 1827
Carl Hasenpflug: Die Garnisonkirche zu Potsdam, 1827

Am Sonntag den 29.10.2017 hat die evangelische Kirche in Potsdam eine – wohl noch symbolische – Grundsteinlegung für den geplanten Wiederaufbau der Garnisonskirche bzw. zunächst nur des 90 Meter hohen Turmes der Garnisonskirche vorgenommen. Hiergegen gab es erhebliche Proteste.

Am Projekt des Wiederaufbau der Garnisonskirche in Potsdam gibt es von Anfang an zu Recht sehr viel Kritik. Zum einen bezieht sich die Kritik auf die verheerende symbolische Wirkung, ein Hauptsymbol des preußischen Nationalismus und des Bündnisses zwischen protestantischem Preußentum und dem NS wieder zu errichten. Zum anderen bezieht sich die Kritik darauf, dass der Garnisonskirchenbau ein Teil des ebenfalls restaurativen Projektes ist, die DDR Moderne in Potsdams Architektur auszulöschen und Potsdam als Freilichtmuseum der preußischen Garnisonsstadt des 18. Jahrhunderts wieder zu errichten.

Es gibt jedoch einen dritten Kritikpunkt, der in den Debatten häufig untergeht. Das Wiederaufbauprojekt verstößt in seiner derzeitigen Form sowohl gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche als auch gegen den Grundsatz, dass alle Religionen und Weltanschauungen vom Staat gleich zu behandeln sind. Der Wiederaufbau wird daher in einer eindeutig verfassungswidrigen Art und Weise betrieben.

Der in Art 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 1 WRV niedergelegte Trennungsgrundsatz bedeutet, dass institutionelle und organisatorische Verknüpfungen von Staat und Kirche nicht zulässig sind, sofern sie nicht – wie z.B. beim Religionsunterricht – in der Verfassung selber ausnahmsweise vorgesehen sind.

Das Garnisonskirchenprojekt wird von einer kirchlichen Stiftung getragen. Diese kirchliche Stiftung soll die Religion fördern und untersteht der Aufsicht der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Eine staatliche Kontrolle dieser – wie jeder anderen kirchlichen Stiftung – gibt es nicht. Die Stiftung Garnisonskirche Potsdam ist Bauherr der Kirche. Gründungsmitglieder dieser Stiftung sind neben der evangelischen Kirche das Land Brandenburg und die Stadt Potsdam. Die Stadt Potsdam hat in die Stiftung das Grundstück, auf dem die Garnisonskirche gebaut werden soll, eingebracht. Der Wert des Grundstücks von 2.081 m² in bester Potsdamer Innenstadtlage dürfte zum Zeitpunkt der Stiftungsgründung 2008 bei ca. 1,3 Millionen Euro gelegen haben. Die Stadt Potsdam und das Land Brandenburg sind bis heute aktive Mitglieder des Kuratoriums der Stiftung, indem ansonsten neben einem Oberst der Bundeswehr fast ausschließlich Kirchenvertreter sitzen, u.a. der evangelische Militärbischof. Damit ist die Stadt Potsdam zusammen mit dem Land Brandenburg und der evangelischen Kirche Träger des Baus der Garnisonskirche. Und genau so etwas untersagt der Trennungsgrundsatz. Staatliche Organe dürfen nicht Mitglieder kirchlicher Stiftungen sein und haben keine Kirchen oder andere Gotteshäuser zu bauen!

Die Mitgliedschaft des Landes Brandenburg und der Stadt Potsdam in der Stiftung Garnisonskirche Potsdam und in deren Kuratorium ist damit verfassungswidrig. Ein Bundesland und eine Stadt, die die religionsrechtlichen Regelungen des Grundgesetztes ernst nehmen würden, müssten aus dem Kuratorium der Stiftung Garnisonskirche Potsdam sofort austreten.

Ebenfalls verfassungswidrig ist die extrem hohe finanzielle Förderung des Kirchenbaus durch die Stadt Potsdam und den Bund. Rechtlich unstrittig darf der Staat Religionen und Weltanschauungen finanziell fördern, weil diese nach herrschender Auffassung nützlich für die Gesellschaft sind. Darüber, ob dies stimmt oder nicht, braucht man im vorliegenden Fall nicht zu streiten, den auf jeden Fall darf der Staat nicht einseitig bestimmte Religionen oder Weltanschauungen fördern und ihnen unverhältnismäßig hohe Mittel zukommen lassen.

Die Stadt Potsdam hat – wie schon erwähnt – der kirchlichen Stiftung Garnisonskirche Potsdam ein Grundstück im Wert von rund 1,3 Millionen Euro geschenkt. Dies waren rund 75% des Gründungskapitals der Stiftung. Andere Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften hat die Stadt Potsdam noch nie finanziell gefördert. Im Haushalt der Stadt Potsdam war und ist dies nicht vorgesehen. Erst recht hat die Stadt Potsdam noch nie den Bau eines anderen religiös/weltanschaulichen Kultbaues gefördert. Bei rund 14% evangelischen Bürgern in der Stadt Potsdam, liegt mit dieser Schenkung eine grob unverhältnismäßige und damit verfassungswidrige Förderung der evangelischen Kirche vor.

Dies gilt ebenso für die 12 Millionen, die der Bund für den Wiederaufbau der Garnisonskirche bereitstellt. Dass der Bund in den letzten Jahrzehnten den Neubau von Kultgebäuden anderer Religionen oder Weltanschauungsgemeinschaften gefördert hätte, ist nicht bekannt. Die in gleicher Weise rechtswidrige Förderung des Wiederaufbaus der Dresdener Frauenkirche durch den Staat betraf ebenfalls die evangelische Kirche. Auch damit liegt an dieser Stelle eine grob unverhältnismäßige Bevorzugung der evangelischen Kirche gegenüber allen anderen Religionen und Weltanschauungen vor, die verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt werden kann.

Der Fall der Potsdamer Garnisonskirche zeigt daher erneut, dass wenn es um die christlichen Kirchen geht, es in Deutschland selbst im 21. Jahrhundert vielfach mit der Trennung von Staat und Kirche noch nicht weit her ist.