Die Organisation Missbrauchsopfer & Betroffene im Bistum Trier (MissBit e.V.) hat versucht, mit Bischof Stephan Ackermann eine formelle Kooperationsvereinbarung zu schließen, die die individuelle Aufarbeitung für Betroffene zum Inhalt hatte. Hierzu hat Ackermann konkrete Vorschläge für eine paritätisch besetzte Kommission, bestehend aus Bistumsvertreter:innen und Mitgliedern von MissBiT, erhalten. Hauptziel war die Feststellung der begangenen Taten und hernach ein gemeinsam gefasster Vorschlag zur Höhe der Anerkennungszahlung an die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) in Bonn. Eine vollumfängliche Akteneinsicht sollte ebenfalls Bestandteil der Aufarbeitung sein. Die Vorschläge wurden dankend entgegengenommen, um sie für die internen Kreise des Bistums zu nutzen. Eine formelle Kooperationsvereinbarung hat Bischof Ackermann jedoch abgelehnt.
Bereits im direkten Gespräch mit MissBiT hat Ackermann außergerichtliche Vergleichsverhandlungen abgelehnt. Das Nein kam ohne Zögern und ließ keinen Spielraum für Interpretationen. Somit ist die Linie klar: Lieber zwingt er Betroffene in öffentliche Gerichtsverhandlungen. Er nimmt in Kauf, dass Betroffene diesen belastenden Weg gehen müssen, um wirklich Gerechtigkeit zu erfahren. Als Hauptargument wird angeführt, dass das Anerkennungsverfahren der Deutschen Bischofskonferenz keine Beweise erfordert und "betroffenenorientiert" sei.
Im jüngsten Regensburger Fall wurde trotz besonderer Schwere eine Summe von 150.000 Euro festgelegt. Die UKA bleibt damit deutlich unter den 300.000 Euro des Kölner Urteils. MissBiT bewertet das System der UKA weiterhin als eine außerhalb jeden Rechtsrahmens stehende Entschädigungslotterie.
Ackermanns Sonderweg im Fall Albertinum Gerolstein
Am offiziellen Anerkennungssystem der Deutschen Bischofskonferenz vorbei leistet Ackermann an Betroffene des Albertinums Gerolstein Zahlungen in Anerkennung des Leids. Er begründet dies mit dem Vorliegen eines geschlossenen Systems. Diese Begründung ist fadenscheinig.
Jede Pfarrgemeinde, in der Kinder, Jugendliche und Schutzbefohlene missbraucht werden, ist als geschlossenes System zu sehen. Täter, Vertuscher und die Machtinteressen der Kirche bilden dabei die Eckpfeiler.
Im Ergebnis ist Ackermann hier freimütig einen Sonderweg gegangen. Einen Sonderweg mit MissBiT zu gehen hat er abgelehnt.
Der lange Weg der Erkenntnis
Die Erfahrungen der letzten 14 Jahre Betroffenenarbeit zeigen, dass "Betroffenenorientierung", "Anerkennung des Leids" und "Kultur der Aufmerksamkeit" leere Worthülsen sind. Die Präventionsmaßnahmen werden wie eine Monstranz vor sich hergetragen, dabei hat die Aufdeckung der kriminellen Sexualstraftaten noch gar nicht richtig begonnen.
Nach wie vor wird vertuscht und mit aller Macht das System Kirche geschützt. Es wird nur zugegeben, was MissBiT oder die Presse herausgefunden haben.
Akteneinsicht – Mit dem Nasenring durch die Manege geführt
Jüngster Beleg für die weiterhin täterorientierte Grundhaltung sind die Vorgänge bei der Akteneinsicht für Betroffene.
Mehreren Betroffenen wurde bei einem Akteneinsichtstermin ihre eigene Verfahrensakte, also ihr Antrag auf Anerkennung des Leids und der damit verbundene Schriftverkehr vorgelegt. Unvorstellbar: Man kommt in einer großen Aufgeregtheit zu solch einem bedeutenden Termin und sieht lediglich seine eigene Antragsakte. Süffisant wird dann in weiterem Schriftverkehr gefragt, ob man die Personalakte des Täters gemeint habe?
Offensichtlich müssen Betroffene jetzt auch noch den Aktenplan des Bistums kennen, um die Akten einsehen zu können, die ihren Fall betreffen. Das ist zynisch und verlogen.
Konsequenz: Zivilklagen gegen Bistum Trier
Deshalb zieht MissBiT nun die Konsequenzen und wird sich darauf konzentrieren, Betroffene, die diesen Weg gehen wollen, bei ihren Zivilklagen zu unterstützen. Das wird belastend und kostspielig sein.
MissBiT gründet Hilfsfonds zur Finanzierung von Klagen
Je nach Konstellation wird eine Zivilklage bis 30.000 Euro und mehr kosten. Rechtschutzversicherungen greifen in der Regel nicht, da diese zum Zeitpunkt der Tat bestanden haben müssen. Durch unseren Hilfsfonds wollen wir die Voraussetzungen schaffen, dass Betroffene, die ohnehin durch den erlittenen Missbrauch Einbußen in ihrem Lebens- und Berufsweg hinnehmen mussten, die Möglichkeit haben, ihre Ansprüche durchzusetzen. Dazu wollen wir Spenden erbitten und versuchen, Kredite zur Vorfinanzierung der Klagen einzuwerben.
Wir rufen die Zivilgesellschaft auf, Betroffene zu unterstützen. Mit Geld, aber auch, indem Personen sich mit uns solidarisieren und uns bei den Prozessen durch ihre Anwesenheit beistehen.
Bisher gehen wir von drei Klagen aus. In einer Mitgliederbefragung haben weitere Personen bekundet, den ersten Prozess abwarten zu wollen und dann über die eigene Klage zu entscheiden. Zudem geht MissBiT davon aus, dass es weitere Klagen von Betroffenen geben wird, die nicht mit MissBiT in Verbindung stehen.
5 Kommentare
Kommentare
A.S. am Permanenter Link
Die Kirche kann sich der Unterstützung durch Politik und Richter sicher sein.
Alles Gläubige, die vor lauter Höllenangst sich nicht trauen, was gegen die Kirchen zu unternehmen.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
es ist für mich unverständlich, dass jeder zivile Kinderschänder vor Gericht kommt und nach erwiesener Schuld bestraft wird mit Gefängnis und oder Geldbuße, aber die erwiesenen
Haben wir in der BRD zweierlei Gesetze, eines für Bürger und eines für Pfaffen? Das versagen
der Justiz und der Regierung ist unerträglich.
A.S. am Permanenter Link
CDU/CSU würden nicht mehr gewählt werden, wenn den Kirchen niemand mehr glaubt.
Auch Erdogan würde kaum noch gewählt werden, wenn die Türken nicht mehr an Allah glauben würden.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Und wenn weltweit niemand mehr an einen, wie auch immer genannten "Gott" glauben
würde, wäre die Menschheit vom größten Irrtum befreit und frei für eine bessere Zukunft!
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Wieso werden wir zu Spenden aufgerufen um den Missbrauchsopfern Prozesse zu ermöglichen und die Täter werden Jahr für Jahr von unser aller Steuergelder fürstlich belohnt, ungerechter kann es dabei nicht mehr zugehen.<
Irgend wie erinnert mich das an den Islam, welcher ständig die Täter-Opfer-Rollen vertauscht und die Opfer beleidigt werden und diesen die schuld an den Ereignissen zugesprochen wird.
Es wird höchste Zeit, dass wir zu einem realen Rechtsstaat werde!!