Trump wird nicht durchkommen!

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Außenansicht des Weißen Hauses (Mittelbau, Südansicht)
Außenansicht des Weißen Hauses

Nach der Einschätzung des Historikers Heinrich August Winkler ist Donald Trump auf dem Weg einen "schleichenden Staatsstreich" zu realisieren. Wird er damit durchkommen oder sind die Gegenkräfte der US-amerikanischen Gesellschaft stark genug dem Präsidenten in den Arm zu fallen?

Die amerikanische Demokratie ist einer der ältesten der Welt, mit großen Traditionen, geboren aus einem unbändigen Freiheitswillen. Eine zentrale Grundlage jeder Demokratie ist die Gewaltenteilung. Die Judikative in den USA ist eine tief verwurzelte Institution mit selbstbewussten RichterInnen und AnwältInnen. Sie verfolgt ihren Auftrag mit Überzeugung und ist nicht bereit aus opportunistischen Gründen ihre Prinzipien aufzugeben. Dies zeigte sich schon in der ersten Auseinandersetzung mit dem Präsidenten als das Berufungsgericht in San Francisco das erste Dekret über die Einreisesperre für BürgerInnen aus sieben muslimischen Ländern außer Kraft setzte und als verfassungswidrig erklärte. Inzwischen ist er zum zweiten Mal, auch mit dem überarbeiteten Dekret, vor Gericht gescheitert.

Auch die Legislative folgt ihren eigenen Gesetzen. Die Republikaner haben zwar im Repräsentantenhaus und Senat die Mehrheit inne, doch die Partei steht keineswegs geschlossen hinter Trump. Viele Abgeordnete sind ihren WählerInnen und lokalen Interessen verpflichtet und Gruppen innerhalb der Partei wie die Tea Party verfolgen ihre eigenen Ziele. In keinem Fall ist zu erwarten, dass die republikanische Fraktion Budgetrecht und das Recht auf Gesetzgebung aus der Hand gibt und sich wie im Fall der Türkei selbst entmachtet. Hinzu kommt, dass die demokratische Partei langsam aus ihrer Schockstarre erwacht und beginnt, sich mit den außerparlamentarischen Protestbewegungen zu verbünden.

Innerhalb der Exekutive hat es Trump in wenigen Wochen geschafft, Bürokratien wie die Geheimdienste gegen sich aufzubringen – und das will einiges heißen. Außerdem gibt es in den USA eine traditionsbewusste liberale Presse, die über eine langjährige Erfahrung verfügt, und schon manche "alternative Fakten" öffentlich gemacht und entlarvt hat.

Auch wenn die US-amerikanische Gesellschaft tief gespalten ist, gibt es doch auch hier erhebliche Widerstandspotentiale. In der jüngeren Geschichte agierten eine große Zahl einflussreicher Bürgerbewegungen auf lokaler und nationaler Ebene, angefangen mit der schwarzen Bürgerrechtsbewegung über die Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg bis hin zu der breit vernetzten Frauenbewegung. Mögen sich auch viele AktivistInnen zurückgezogen haben, durch Trumps Politik werden sie provoziert, wieder in den Ring zu steigen. "Schon jetzt ist erkennbar, dass Trump auf der Gegenseite einen Ruck auslöst, der nicht nur genuin politische Gruppierungen antreibt, sondern auch zahlreiche Akteure und Institutionen in Medien, Wissenschaft, Kultur, Kunst und Wirtschaft. Ein breitere Allianz ist kaum vorstellbar" (D. Rucht, Tagesspiegel vom 12.03.17).

Die größeren Widerstände gegen Trump werden vermutlich früher oder später aus seiner eigenen Politik resultieren. Die geplante Erhöhung des Militärhaushaltes um 54 Milliarden (!) Dollar, rund zehn Prozent, wird viele Jobs in anderen Bereichen kosten, in denen das Budget radikal zusammen gestrichen wird. Die Steuersenkung und die Befreiung von zahlreichen Auflagen wirkt wie eine Einladung an die Banken, all die Maßnahmen verstärkt wieder aufzunehmen, die 2008 zu der weltweiten Bankenkrise geführt haben. Die geplanten Kürzungen beim Etat des Bauministeriums stellt die Finanzierung der Sozialwohnungen von Millionen AmerikanerInnen in Frage, und die Änderung bzw. Abschaffung von Obamacare wird ebenso viele ohne Versicherung im Krankheitsfalle zurücklassen, weil sie sich diese schlicht nicht mehr leisten können. Viele Maßnahmen der Trumpschen Wirtschafts- und Haushaltspolitik wird vor allem seine treuesten AnhängerInnen treffen und deren soziale Lage erheblich verschlechtern.

Möglicherweise gelingt es ihm tatsächlich durch die Vergabe öffentlicher Aufträge mittelfristig Jobs zu schaffen, doch die Orientierung auf sterbende Industrieregionen, Öl und Atomkraft ist rückwärts gewandt und langfristig perspektivlos. Auch seine restriktive Handelspolitik und die Drohung mit Strafzöllen wird die wirtschaftliche Entwicklung eher bremsen.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Trump alles tut, um viele seiner WählerInnen vor den Kopf zu stoßen. Mal sehen, wie lange sie sich dies gefallen lassen. Auch wenn der Präsident die amerikanische Demokratie nicht ernsthaft gefährden kann, wird man doch die nächsten Jahre mit ihm rechnen müssen, und der Widerstand muss sich deutlich verstärken und verbreitern, um das Schlimmste zu verhüten. Niemand kann in die Zukunft schauen: Sollte er, was kein Mensch wünschen kann, einen Krieg vom Zaum brechen, können sich viele Koordinaten grundlegend ändern.